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Der '''Satz von Betti''' (auch ''Satz von [[James Clerk Maxwell|Maxwell]] und Betti''<ref>{{Literatur|Autor=Petre P. Teodorescu|Titel=Treatise on Classical Elasticity|TitelErg=Theory and Related Problems | Der '''Satz von Betti''' (auch ''Satz von [[James Clerk Maxwell|Maxwell]] und Betti''<ref>{{Literatur |Autor=Petre P. Teodorescu |Titel=Treatise on Classical Elasticity |TitelErg=Theory and Related Problems |Verlag=Springer |Ort=Dordrecht |Datum=2013 |ISBN=978-94-007-2615-4 |Online=https://books.google.de/books?id=nvVq1R9raogC&pg=PA19#v=onepage&f=false |Abruf=2017-03-19}}</ref>, ''Reziprozitätsatz von Betti'' oder ''Satz von der Gegenseitigkeit der Verschiebungsarbeit''<ref>{{Internetquelle |autor=Daniel Materna |url=http://www.winfem.de/DiplomarbeitMaterna.pdf |titel=Finite Elemente und Einflussfunktionen, Diplomarbeit |abruf=2016-08-25 |format=PDF}}</ref>) wurde 1872 von [[Enrico Betti]] formuliert. Er besagt, dass in zwei gleichen, [[Hookesches Gesetz|linear elastischen]] Systemen, die durch [[Kraft|Kräfte]] verformt werden, im Gleichgewicht | ||
|Verlag=Springer|Ort=Dordrecht| | {{Zitat | ||
{{Zitat|Autor=Wolfram Franke, Thorsten Kunow| | |Text=die [[Arbeit (Physik)|Arbeiten]], die die Kräfte des ersten Systems auf den Wegen des zweiten Systems leisten, gleich den Arbeiten sind, die die Kräfte des zweiten Systems auf den Wegen des ersten Systems leisten. | ||
|Sprache=de | |||
|Autor=Wolfram Franke, Thorsten Kunow | |||
|ref=<ref>{{Literatur |Autor=Wolfram Franke, Thorsten Kunow |Titel=Kleines Einmaleins der Baustatik |Verlag=Kassel university press GmbH |Ort=Kassel |Datum=2007 |ISBN=978-3-89958-306-9 |Online=https://books.google.de/books?id=J3p08asCLD8C&pg=PA128#v=onepage&f=false |Abruf=2017-03-05}}</ref>}} | |||
Die Arbeiten des einen Kräftesystems an den von einem anderen Kräftesystem hervorgerufenen Verschiebungen werden ''reziproke Arbeiten'' genannt. Der Satz gilt auch für [[Drehmoment]]e, die Arbeiten an Verdrehungen leisten, ebenso wie für [[mechanische Spannung]]en, die Arbeiten an [[Dehnung]]en verrichten, worüber auch der Beweis geführt wird<ref name="gurtin">{{Literatur|Autor=M. E. Gurtin|Titel=The Linear Theory of Elasticity|Sammelwerk=Handbuch der Physik|Band=Bd. VI2/a, Bandherausgeber C. Truesdell | Die Arbeiten des einen Kräftesystems an den von einem anderen Kräftesystem hervorgerufenen Verschiebungen werden ''reziproke Arbeiten'' genannt. Der Satz gilt auch für [[Drehmoment]]e, die Arbeiten an Verdrehungen leisten, ebenso wie für [[mechanische Spannung]]en, die Arbeiten an [[Dehnung]]en verrichten, worüber auch der Beweis geführt wird<ref name="gurtin">{{Literatur |Autor=M. E. Gurtin |Hrsg=S. Flügge |Titel=The Linear Theory of Elasticity |Sammelwerk=Handbuch der Physik |Band=Bd. VI2/a, Bandherausgeber C. Truesdell |Verlag=Springer |Datum=1972 |ISBN=3-540-05535-5 |Seiten=98 f}}</ref>. Anstatt zwei gleiche Systeme gleichzeitig zu belasten, kann auch ein System nacheinander mit zwei [[Kräftesystem]]en beaufschlagt werden. | ||
Der Satz von Betti hat in der [[Technische Mechanik|Technischen Mechanik]], speziell der [[Baustatik]], Bedeutung. Er ist auch eine Grundlage der [[Randelementmethode]].<ref>{{Internetquelle|url=http://www.winfem.de/Projekt3.pdf | Der Satz von Betti hat in der [[Technische Mechanik|Technischen Mechanik]], speziell der [[Baustatik]], Bedeutung. Dieser Satz ist eine Verallgemeinerung des 1864 publizierten Satzes von James Clerk Maxwell (1831–1879) und hatte grundlegende Bedeutung für die Herausbildung der klassischen Baustatik von 1875 bis 1900 im Allgemeinen und der Theorie der Einflußlinien im Besonderen.<ref>[[Karl-Eugen Kurrer]]: ''The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium''. Berlin: Ernst & Sohn 2018, ISBN 978-3-433-03229-9, S. 476 ff.</ref> Er ist auch eine Grundlage der [[Randelementmethode]].<ref>{{Internetquelle |autor=Thorsten Kunow |url=http://www.winfem.de/Projekt3.pdf |titel=Verbesserte Berechnung von lokalen Zielgrößen mit der Methode der finiten Elemente unter Verwendung von Grundlösungen |seiten=Kap. 2.1 |abruf=2016-08-25 |format=PDF}}</ref> | ||
== Kontinuumsmechanik == | == Kontinuumsmechanik == | ||
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gilt, siehe [[Cauchy-eulersche Bewegungsgesetze#Satz von Clapeyron|Satz von Clapeyron]]. Das Rechenzeichen „<math>\cdot</math>“ ist das [[Skalarprodukt]] von Vektoren und der Doppelpunkt „:“ bildet das [[Frobenius-Skalarprodukt]] zweier Tensoren '''A''' und '''B''' mittels der [[Spur (Mathematik)|Spur]] '''A''' : '''B''' := Sp('''A'''<sup>T</sup> · '''B'''). Die von den äußeren Kräften <math>\vec{s}</math> und <math>\vec{b}</math> an den Verschiebungen <math>\vec{u}</math> geleistete Arbeit ist also gleich der [[Formänderungsenergie| Formänderungsarbeit]] der Spannungen '''σ''' an den Verzerrungen '''ε'''. | gilt, siehe [[Cauchy-eulersche Bewegungsgesetze#Satz von Clapeyron|Satz von Clapeyron]]. Das Rechenzeichen „<math>\cdot</math>“ ist das [[Skalarprodukt]] von Vektoren und der Doppelpunkt „:“ bildet das [[Frobenius-Skalarprodukt]] zweier Tensoren '''A''' und '''B''' mittels der [[Spur (Mathematik)|Spur]] '''A''' : '''B''' := Sp('''A'''<sup>T</sup> · '''B'''). Die von den äußeren Kräften <math>\vec{s}</math> und <math>\vec{b}</math> an den Verschiebungen <math>\vec{u}</math> geleistete Arbeit ist also gleich der [[Formänderungsenergie|Formänderungsarbeit]] der Spannungen '''σ''' an den Verzerrungen '''ε'''. | ||
Die Verschiebungen hängen über <math>\boldsymbol{\varepsilon}=\tfrac12(\operatorname{grad}(\vec{u}) +\operatorname{grad}(\vec{u})^\top)</math> mit den Verzerrungen zusammen. Hier bildet grad den [[Gradient (Mathematik)|Gradient]] und das hochgestellte T steht für die [[Transponierte Matrix|Transposition]]. Aus dem Verzerrungstensor '''ε''' ergibt sich der [[Spannungstensor]] '''σ''' mittels eines ''[[Symmetrische Matrix|symmetrischen]]'' [[Elastizitätstensor]]s: | Die Verschiebungen hängen über <math>\boldsymbol{\varepsilon}=\tfrac12(\operatorname{grad}(\vec{u}) +\operatorname{grad}(\vec{u})^\top)</math> mit den Verzerrungen zusammen. Hier bildet grad den [[Gradient (Mathematik)|Gradient]] und das hochgestellte T steht für die [[Transponierte Matrix|Transposition]]. Aus dem Verzerrungstensor '''ε''' ergibt sich der [[Spannungstensor]] '''σ''' mittels eines ''[[Symmetrische Matrix|symmetrischen]]'' [[Elastizitätstensor]]s: | ||
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== Beweis == | == Beweis == | ||
Der Satz von Betti ist eine Folgerung aus dem „Satz von der geleisteten Arbeit“ ({{enS|Theorem of work expended}}<ref>{{Literatur|Autor=Ralf Sube|Titel=Wörterbuch Physik Englisch: German-English|Verlag=Routledge|Ort=London| | Der Satz von Betti ist eine Folgerung aus dem „Satz von der geleisteten Arbeit“ ({{enS|Theorem of work expended}}<ref>{{Literatur |Autor=Ralf Sube |Titel=Wörterbuch Physik Englisch: German-English |Verlag=Routledge |Ort=London |Datum=2001 |ISBN=978-0-415-17338-4 |Online=https://books.google.de/books?id=vai7wiq5HIYC&pg=PA1200#v=onepage |Abruf=2017-03-17}}</ref>) der zuvorderst hergeleitet wird. | ||
Im Volumen des Körpers sei ein Verschiebungsfeld <math>\vec{u}</math> mit zugehörigem Verzerrungsfeld <math>\boldsymbol{\varepsilon}=\tfrac12(\operatorname{grad}(\vec{u})+\operatorname{grad}(\vec{u})^\top)</math> gegeben. Davon unabhängig liege im selben Volumen ein symmetrisches [[Spannungstensor]]feld <math>\tilde{\boldsymbol{\sigma}}</math> vor, das der Gleichgewichtsbedingung <math>\operatorname{div}\tilde{\boldsymbol{\sigma}}+\vec{\tilde{b}}=\vec0</math> und auf der Oberfläche des Körpers <math>\vec{\tilde{s}}=\tilde{\boldsymbol{\sigma}}\cdot\hat n</math> genüge, worin <math>\vec{\tilde{s}}</math> der auf der Oberfläche durch Kräfte aufgebrachte Spannungsvektor und <math>\hat n</math> der auf der Oberfläche des Körpers nach außen gerichtete [[Normaleneinheitsvektor]] ist (und deshalb mit Hut geschrieben wird). Neben dem äußeren Kräftesystem <math>\{\vec{\tilde{s}},\vec{\tilde{b}}\}</math> wirken keine weiteren Kräfte auf den Körper. Die reziproke Arbeit der Oberflächenspannungen an den Verschiebungen wird mit dem Spannungstensor ausgedrückt: | Im Volumen des Körpers sei ein Verschiebungsfeld <math>\vec{u}</math> mit zugehörigem Verzerrungsfeld <math>\boldsymbol{\varepsilon}=\tfrac12(\operatorname{grad}(\vec{u})+\operatorname{grad}(\vec{u})^\top)</math> gegeben. Davon unabhängig liege im selben Volumen ein symmetrisches [[Spannungstensor]]feld <math>\tilde{\boldsymbol{\sigma}}</math> vor, das der Gleichgewichtsbedingung <math>\operatorname{div}\tilde{\boldsymbol{\sigma}}+\vec{\tilde{b}}=\vec0</math> und auf der Oberfläche des Körpers <math>\vec{\tilde{s}}=\tilde{\boldsymbol{\sigma}}\cdot\hat n</math> genüge, worin <math>\vec{\tilde{s}}</math> der auf der Oberfläche durch Kräfte aufgebrachte Spannungsvektor und <math>\hat n</math> der auf der Oberfläche des Körpers nach außen gerichtete [[Normaleneinheitsvektor]] ist (und deshalb mit Hut geschrieben wird). Neben dem äußeren Kräftesystem <math>\{\vec{\tilde{s}},\vec{\tilde{b}}\}</math> wirken keine weiteren Kräfte auf den Körper. Die reziproke Arbeit der Oberflächenspannungen an den Verschiebungen wird mit dem Spannungstensor ausgedrückt: | ||
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* Das Verschiebungsfeld <math>\vec{u}</math> ist zulässig, wenn | * Das Verschiebungsfeld <math>\vec{u}</math> ist zulässig, wenn | ||
** es im Volumen V des linear-elastischen Körpers zweimal [[Differenzierbarkeit|differenzierbar]] ist, und | ** es im Volumen V des linear-elastischen Körpers zweimal [[Differenzierbarkeit|differenzierbar]] ist, und | ||
** es wie sein Gradient <math>\operatorname{grad}\vec{u}</math> im Volumen inklusive seiner Oberfläche (im ''abgeschlossenen'' Volumen) [V] [[ | ** es wie sein Gradient <math>\operatorname{grad}\vec{u}</math> im Volumen inklusive seiner Oberfläche (im ''abgeschlossenen'' Volumen) [V] [[Stetige Funktion|stetig]] ist. | ||
* Das Spannungstensorfeld ist zulässig, wenn | * Das Spannungstensorfeld ist zulässig, wenn | ||
** es im Volumen V stetig und stetig differenzierbar ([[Glattheit|glatt]]) ist, | ** es im Volumen V stetig und stetig differenzierbar ([[Glattheit|glatt]]) ist, | ||
** es wie seine Divergenz im abgeschlossenen Volumen [V] stetig ist. | ** es wie seine Divergenz im abgeschlossenen Volumen [V] stetig ist. | ||
Im Satz von der geleisteten Arbeit sind das Spannungsfeld und das Verzerrungsfeld voneinander unabhängig und nicht | Im Satz von der geleisteten Arbeit sind das Spannungsfeld und das Verzerrungsfeld voneinander unabhängig und nicht notwendigerweise durch ein [[Materialmodell]] verbunden. Die äußeren Kräfte <math>\{\vec{\tilde s}, \vec{\tilde b}\}</math> leisten demnach an dem Verschiebungsfeld die gleiche Arbeit, wie die von den äußeren Kräften <math>\{\vec{\tilde s}, \vec{\tilde b}\}</math> induzierten Spannungen an den zum Verschiebungsfeld gehörenden Verzerrungen. | ||
Für eine zweite Gruppe äußerer Kräfte <math>\{\vec{s}, \vec{b}\}</math> mit Spannungsfeld <math>\boldsymbol{\sigma}</math> und ein zweites Verschiebungsfeld <math>\vec{\tilde u}</math> mit Verzerrungsfeld <math>\tilde{\boldsymbol{\varepsilon}}=\tfrac12(\operatorname{grad}(\vec{\tilde u})+\operatorname{grad}(\vec{\tilde u})^\top)</math> lässt sich in gleicher Weise | Für eine zweite Gruppe äußerer Kräfte <math>\{\vec{s}, \vec{b}\}</math> mit Spannungsfeld <math>\boldsymbol{\sigma}</math> und ein zweites Verschiebungsfeld <math>\vec{\tilde u}</math> mit Verzerrungsfeld <math>\tilde{\boldsymbol{\varepsilon}}=\tfrac12(\operatorname{grad}(\vec{\tilde u})+\operatorname{grad}(\vec{\tilde u})^\top)</math> lässt sich in gleicher Weise | ||
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=== Kragbalken === | === Kragbalken === | ||
[[Datei:Betti-Balken.png|[[Kragbalken]] zur Demonstration des Satzes von Betti|mini]] | [[Datei:Betti-Balken.png|[[Kragbalken]] zur Demonstration des Satzes von Betti|mini]] | ||
Wir betrachten einen horizontal gelagerten Balken, an dem die Punkte 1 und 2 beliebig definiert sind, nur nicht gerade in den Auflagern (denn das ergäbe einen trivialen Fall). Zuerst lassen wir eine vertikale Kraft P an Punkt 1 wirken und messen die vertikale Absenkung des Punktes 2, die wir <math>\Delta_{P2}</math> nennen. Als Nächstes entfernen wir die Kraft P wieder und setzen jetzt eine Kraft Q auf Punkt 2. Das erzeugt eine Absenkung an Punkt 1: <math>\Delta_{Q1}</math>. Nach Betti gilt jetzt: | Wir betrachten einen horizontal gelagerten Balken, an dem die Punkte 1 und 2 beliebig definiert sind, nur nicht gerade in den Auflagern (denn das ergäbe einen trivialen Fall). Zuerst lassen wir eine vertikale Kraft P an Punkt 1 wirken und messen die vertikale Absenkung des Punktes 2, die wir <math>\Delta_{P2}</math> nennen. Als Nächstes entfernen wir die Kraft P wieder und setzen jetzt eine Kraft Q auf Punkt 2. Das erzeugt eine Absenkung an Punkt 1: <math>\Delta_{Q1}</math>. Nach Betti gilt jetzt: | ||
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== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == | ||
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== Weblinks == | == Weblinks == | ||
*[http://www.rzbt.haw-hamburg.de/dankert/tmcu/Technische_Mechanik__computeru/TMCu__Seite_408/tmcu__seite_408.html Satz von Maxwell und Betti] | *[http://www.rzbt.haw-hamburg.de/dankert/tmcu/Technische_Mechanik__computeru/TMCu__Seite_408/tmcu__seite_408.html Satz von Maxwell und Betti] | ||
*[http://heide-im-netz.de/studium/Protokoll_Kragbalken.pdf Strukturmechanische Untersuchungen an einem Kragbalken] (pdf, 189 kB) | *[http://heide-im-netz.de/studium/Protokoll_Kragbalken.pdf Strukturmechanische Untersuchungen an einem Kragbalken] (pdf, 189 kB) | ||
* {{Internetquelle |autor=Popov |url=http://mech2.pi.tu-berlin.de/popov/mechanik3_ss03/skript/Vorlesung22.pdf |titel=Das Verfahren von Castigliano II. Die Sätze von Betti und Maxwell |hrsg=TU Berlin |format= | * {{Internetquelle |autor=Popov |url=http://mech2.pi.tu-berlin.de/popov/mechanik3_ss03/skript/Vorlesung22.pdf |titel=Das Verfahren von Castigliano II. Die Sätze von Betti und Maxwell |hrsg=TU Berlin |abruf=2016-06-19 |format=PDF; 297 kB}} | ||
<!--*[http://www.uni-kassel.de/fb14/baustatik/Download/lehrv/Einfluss.pdf Wie man in 1 Stunde ein guter Tragwerksplaner wird] (pdf, 330 kB)--> | <!--*[http://www.uni-kassel.de/fb14/baustatik/Download/lehrv/Einfluss.pdf Wie man in 1 Stunde ein guter Tragwerksplaner wird] (pdf, 330 kB)--> | ||
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Der Satz von Betti (auch Satz von Maxwell und Betti[1], Reziprozitätsatz von Betti oder Satz von der Gegenseitigkeit der Verschiebungsarbeit[2]) wurde 1872 von Enrico Betti formuliert. Er besagt, dass in zwei gleichen, linear elastischen Systemen, die durch Kräfte verformt werden, im Gleichgewicht
„die Arbeiten, die die Kräfte des ersten Systems auf den Wegen des zweiten Systems leisten, gleich den Arbeiten sind, die die Kräfte des zweiten Systems auf den Wegen des ersten Systems leisten.“
Die Arbeiten des einen Kräftesystems an den von einem anderen Kräftesystem hervorgerufenen Verschiebungen werden reziproke Arbeiten genannt. Der Satz gilt auch für Drehmomente, die Arbeiten an Verdrehungen leisten, ebenso wie für mechanische Spannungen, die Arbeiten an Dehnungen verrichten, worüber auch der Beweis geführt wird[4]. Anstatt zwei gleiche Systeme gleichzeitig zu belasten, kann auch ein System nacheinander mit zwei Kräftesystemen beaufschlagt werden.
Der Satz von Betti hat in der Technischen Mechanik, speziell der Baustatik, Bedeutung. Dieser Satz ist eine Verallgemeinerung des 1864 publizierten Satzes von James Clerk Maxwell (1831–1879) und hatte grundlegende Bedeutung für die Herausbildung der klassischen Baustatik von 1875 bis 1900 im Allgemeinen und der Theorie der Einflußlinien im Besonderen.[5] Er ist auch eine Grundlage der Randelementmethode.[6]
Gegeben sei ein linear elastischer Körper, der das Volumen V und die Oberfläche A besitzt, und der mit Oberflächenkräften
gilt, siehe Satz von Clapeyron. Das Rechenzeichen „
Die Verschiebungen hängen über
Mit dem Produkt „:“ bildet ein Tensor vierter Stufe (
Die Materialparameter
Sei nun
Die Symmetrie des Elastizitätstensors
Der Satz von Betti ist eine Folgerung aus dem „Satz von der geleisteten Arbeit“ (englisch Theorem of work expended[7]) der zuvorderst hergeleitet wird.
Im Volumen des Körpers sei ein Verschiebungsfeld
Dieses Oberflächenintegral kann bei hinreichender Glattheit der Oberfläche mit dem Divergenzsatz
in ein Volumenintegral überführt werden und die Produktregel
Ausnutzung der Gleichgewichtsbedingung
Als Voraussetzung für die Gültigkeit dieser Gleichung müssen das Verschiebungs-, Verzerrungs- und Spannungsfeld folgenden Anforderungen genügen[4]:
Im Satz von der geleisteten Arbeit sind das Spannungsfeld und das Verzerrungsfeld voneinander unabhängig und nicht notwendigerweise durch ein Materialmodell verbunden. Die äußeren Kräfte
Für eine zweite Gruppe äußerer Kräfte
herleiten. Die Integralgleichungen behalten ihre Gültigkeit, wenn
So ergibt sich aus Obigem der Satz von Betti:
Die Symmetrie des Elastizitätstensors ist dabei eine notwendige Voraussetzung, ohne die der Satz nicht gilt[4]. Anisotropie und Inhomogenität des Materials sind jedoch gestattet.
Wir betrachten einen horizontal gelagerten Balken, an dem die Punkte 1 und 2 beliebig definiert sind, nur nicht gerade in den Auflagern (denn das ergäbe einen trivialen Fall). Zuerst lassen wir eine vertikale Kraft P an Punkt 1 wirken und messen die vertikale Absenkung des Punktes 2, die wir
Zwei Körper seien über zwei Federn mit den Steifigkeiten k1 und k2 miteinander sowie mit der Wand verbunden und mit zwei Kräften F1 bzw. F2 belastet, siehe Abbildung rechts unten. Im Gleichgewicht verschieben sich die Körper dann gemäß:
Im ersten elastischen System sei
und im zweiten elastischen System sei
In Übereinstimmung mit dem Satz von Betti berechnet sich
Allgemeiner berechnen sich aus
Für übereinstimmende reziproke Arbeiten ist die Symmetrie der Matrix K notwendig.