Temperatur: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Temperatur''' ist eine [[Zustandsgröße]] von zentraler Bedeutung bei der [[makroskopisch]]en Beschreibung physikalischer und chemischer [[Zustand (Physik)|Zustände]] und [[Prozess (Technik)|Prozesse]] in [[Wissenschaft]], [[Technik]] und [[Umwelt]]. Die Temperatur ist ein objektives Maß dafür, wie warm oder kalt ein Gegenstand ist. Sie wird mit einem [[Thermometer]] gemessen. Ihre [[Internationales Einheitensystem|SI-Einheit]] ist das [[Kelvin]] mit dem [[Einheitenzeichen]] K. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die Einheit [[Grad Celsius|Grad Celsius (°C)]] ebenfalls zulässig. Die gemessene Temperatur kann sich zuweilen erheblich von der [[gefühlte Temperatur|gefühlten Temperatur]] unterscheiden.


Die '''Temperatur''' ist eine [[physikalische Größe]], die vor allem in der [[Thermodynamik]] eine wichtige Rolle spielt. Ihre [[Internationales Einheitensystem|SI-Einheit]] ist das [[Kelvin]] (K). In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die Einheit [[Grad Celsius|Grad Celsius (°C)]] ebenfalls zulässig.
Bringt man zwei [[Körper (Physik)|Körper]] mit unterschiedlichen Temperaturen in thermischen Kontakt, findet [[Wärmeübertragung]] statt. Die [[Wärme]] fließt dabei stets vom heißeren zum kälteren Körper. Dadurch nimmt die Temperaturdifferenz so lange ab, bis sich die beiden Temperaturen einander angeglichen haben. Wenn die Temperaturen gleich sind, herrscht [[Thermodynamisches Gleichgewicht#Thermisches Gleichgewicht|thermisches Gleichgewicht]], in dem kein Wärmeaustausch mehr stattfindet.


Die Temperatur kennzeichnet das [[Thermodynamisches Gleichgewicht|thermodynamische Gleichgewicht]]: Wenn zwei [[Körper (Physik)|Körper]] dieselbe Temperatur haben, findet zwischen ihnen kein [[Wärmeübertragung|Wärmeaustausch]] statt, auch wenn sie miteinander in direktem Kontakt stehen. Haben beide Körper unterschiedliche Temperaturen, fließt Wärme vom wärmeren Körper zum kälteren. Dies geschieht so lange, bis sich die Temperaturen einander angleichen. Die Gleichgewichtstemperatur liegt, abhängig von deren Masse und [[Wärmekapazität]], dann zwischen den Ausgangstemperaturen der Beiden.
Die [[mikroskopisch]]e Deutung der Temperatur ergibt sich in der [[Statistische Physik|statistischen Physik]], die davon ausgeht, dass jeder materielle Stoff aus vielen Teilchen zusammengesetzt ist (meist [[Atom]]e oder [[Molekül]]e), die sich in ständiger ungeordneter Bewegung befinden und eine Energie haben, die sich aus [[Kinetische Energie|kinetischer]], [[Potentielle Energie|potentieller]] sowie gegebenenfalls auch innerer [[Anregungsenergie]] zusammensetzt. Eine Erhöhung der Temperatur verursacht eine Erhöhung der durchschnittlichen Energie der Teilchen. Im Zustand des thermischen Gleichgewichts verteilen sich die Energiewerte der einzelnen Teilchen statistisch gemäß einer Häufigkeitsverteilung, deren Form durch die Temperatur bestimmt wird (siehe – je nach Art der Teilchen – [[Boltzmann-Statistik]], [[Fermi-Dirac-Statistik]], [[Bose-Einstein-Statistik]]). Dieses Bild ist auch anwendbar, wenn es sich nicht um ein System materieller Teilchen, sondern um [[Photonen]] handelt (siehe [[Wärmestrahlung]]).


Die Temperatur ist eng mit der ungeordneten Teilchenbewegung eines Stoffes verknüpft. In [[Ideales Gas|idealen Gasen]] wäre die Temperatur ein direktes Maß für die mittlere kinetische Energie der Teilchen (siehe [[kinetische Gastheorie]]).
Im [[Ideales Gas|idealen Gas]] ist die gesamte [[innere Energie]] allein durch die [[kinetische Energie]] aller Teilchen gegeben, wobei der Durchschnittswert pro Teilchen proportional zur [[Absolute Temperatur|Absoluten Temperatur]] ist. Die Temperatureinheit [[Kelvin]] ist durch Festlegung des Proportionalitätsfaktors definiert und damit direkt an die Energieeinheit [[Joule]] angebunden. Vor der [[Internationales Einheitensystem#Neudefinition2019|Revision des Internationalen Einheitensystems (SI)]] von 2019 war das Kelvin noch separat definiert.


Die Temperatur ist eine [[intensive Größe]]. Das bedeutet, dass sie ihren Wert beibehält, wenn man den betrachteten Körper teilt, während die [[Innere Energie]] als [[extensive Größe]] Eigenschaften einer Menge hat, die aufgeteilt werden kann.
Die Temperatur ist eine [[intensive Größe|intensive Zustandsgröße]]. Das bedeutet, dass sie ihren Wert beibehält, wenn man den betrachteten Körper teilt. Dagegen hat die [[Innere Energie]] als [[extensive Größe]] die Eigenschaften einer Menge, die aufgeteilt werden kann.


Viele physikalische Eigenschaften sind direkt von der Temperatur abhängig und können daher zur Bestimmung der Temperatur dienen. Ein Beispiel ist die thermische Ausdehnung von Stoffen. Diese wird für ideale Gase im [[Gesetz von Gay-Lussac]] beschrieben und kann daher als Referenz dienen. Fast alle physikalischen und chemischen Eigenschaften von Stoffen sind zumindest schwach temperaturabhängig, beispielsweise der [[Elektrischer Widerstand#Einflusseffekte|elektrische Widerstand]] oder die [[Dichte]]. Bei Änderungen des [[Aggregatzustand]]es bzw. anderer [[Phasenübergang|Phasenübergänge]] kommt es schon bei kleinen Temperaturunterschieden zu sprunghaften Veränderungen von Stoffeigenschaften.
== Physikalische Grundlagen ==


Die Temperatur beeinflusst die [[Reaktionsgeschwindigkeit (Chemie)|Reaktionsgeschwindigkeit]] von chemischen Prozessen (Verdoppelung etwa alle 10 °C Temperaturerhöhung ([[RGT-Regel|van-’t-Hoff’sche Regel]])) und somit auch [[Stoffwechsel]]prozesse von Lebewesen maßgeblich.
=== Überblick ===
Alle [[Gas]]e, [[Flüssigkeit]]en und festen [[Stoff (Chemie)|Stoffe]] bestehen aus sehr kleinen Teilchen, den Atomen und Molekülen. Diese befinden sich in ständiger ungeordneter Bewegung und zwischen ihnen wirken Kräfte. Mit „ungeordnet“ meint man in diesem Zusammenhang, dass z.&nbsp;B. die [[Geschwindigkeit]]svektoren der Teilchen eines Körpers, dessen [[Massenmittelpunkt]] ruht, gleichmäßig über alle Richtungen verteilt sind und sich auch in ihren [[Vektor#Länge/Betrag eines Vektors|Beträgen]] unterscheiden. Der [[Mittelwert]] der Geschwindigkeitsbeträge hängt von der Art des Stoffes, vom [[Aggregatzustand]] und vor allem von der Temperatur ab. Für gasförmige, flüssige und feste Körper gilt: ''Je höher die Temperatur des Körpers ist, desto größer ist die mittlere Geschwindigkeit seiner Teilchen.'' Allgemein gilt dies auch für alle anderen Energieformen, in denen die Teilchen in ungeordneter Weise Energie besitzen können, z.&nbsp;B. Drehbewegungen, Schwingungen (dazu zählen im [[Kristallgitter]] der festen Körper auch [[Gitterschwingung]]en der Teilchen um ihre Ruhelage). Dieser anschauliche Zusammenhang legt schon nahe, dass es eine tiefste mögliche Temperatur gibt, den [[Absoluter Nullpunkt|absoluten Nullpunkt]], an dem sich die kleinsten Teilchen nicht stärker bewegen, als es aufgrund der [[Unschärferelation]] unvermeidlich ist ([[Nullpunktsenergie]]).


Die Temperatur ist eine zentrale Kenngröße bei der Beschreibung des [[Wetter]]s und des [[Klima]]s. Gegenwärtig wird ein Anstieg der Jahresdurchschnittstemperatur der Erde beobachtet (siehe [[globale Erwärmung]]).
Eine bestimmte Temperatur, die im ganzen System einheitlich gilt, existiert nur, wenn das System im Zustand des [[Thermisches Gleichgewicht|thermischen Gleichgewichts]] ist. Systeme, die nicht im Gleichgewichtszustand sind, bestehen oft aus Teilsystemen mit jeweils eigenen Temperaturen, z.&nbsp;B. Leitungswasser und Eiswürfel in einem Glas, oder die Elektronen und Ionen in einem Nichtgleichgewichts-[[Plasma (Physik)|Plasma]], oder die Freiheitsgrade jeweils für Translation, Rotation oder Vibration in einem expandierenden Molekülstrahl. Besteht zwischen den Teilsystemen die Möglichkeit eines Energieaustauschs in Form eines thermischen Kontakts, dann strebt das Gesamtsystem durch Wärmeaustausch zwischen den Teilsystemen von selbst dem Zustand des thermischen Gleichgewichts zu.


Das Temperaturempfinden des Menschen unterscheidet sich teilweise erheblich von der physikalischen Temperatur (siehe [[gefühlte Temperatur]]).
In theoretischer Hinsicht wird die Temperatur als grundlegender Begriff durch die Eigenschaft eingeführt, dass zwei beliebige Systeme, die mit einem dritten System im thermischen Gleichgewicht stehen, dann auch untereinander im thermischen Gleichgewicht stehen. Diese Tatsache wird auch als [[Thermodynamik#Nullter Hauptsatz|Nullter Hauptsatz]] der Thermodynamik bezeichnet. Gleichheit der Temperaturen bedeutet thermisches Gleichgewicht, d.&nbsp;h., es findet, auch bei thermischem Kontakt, kein Wärmeaustausch statt. Dass eine einzige [[Zustandsgröße]] wie die Temperatur für die Entscheidung ausreicht, ob Gleichgewicht vorliegt oder nicht, kann aus dem nullten Hauptsatz hergeleitet werden.<ref name="Born1921">{{Literatur | Autor=Max Born | Titel= Kritische Bemerkungen zur traditionellen Darstellung der Thermodynamik| Sammelwerk= Physikalische Zeitschrift| Band=22 | Jahr=1921 | Seiten=218-224 }}</ref>


== Physikalische Grundlagen ==
Die Summe aller Energien der ungeordneten Bewegungen der Teilchen eines Systems und ihrer internen potentiellen und kinetischen Energien stellt eine bestimmte Menge an Energie dar, die als [[Innere Energie]] des Systems bezeichnet wird. Die innere Energie kann mittels einer [[Wärmekraftmaschine]] zum Teil in eine geordnete Bewegung übergeführt werden und dann [[Arbeit (Physik)|Arbeit]] leisten, wenn ein zweites System mit tieferer Temperatur zur Verfügung steht. Denn nur ein Teil der inneren Energie ist zur Umwandlung in Arbeit nutzbar, während der Rest als [[Abwärme]] an das zweite System abgegeben werden muss. Nach dem [[Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik|Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik]] gibt es für diese Abwärme eine untere Schranke, die nur vom Verhältnis beider Temperaturen bestimmt ist, also durch keine Wahl der Stoffe oder der genutzten Prozesse unterschritten werden kann. Dies wurde 1848 von [[Lord Kelvin]] bemerkt und seit 1924 zur Definition der ''[[Thermodynamische Temperatur|thermodynamischen Temperatur]]'' genutzt. Zum selben Ergebnis kommt man, wenn man die Zustandsgröße [[Entropie]] als Funktion der inneren Energie ausdrückt und hiervon die [[Differentialrechnung #Ableitungsfunktion|Ableitung]] bildet.
Alle festen [[Stoff (Chemie)|Stoffe]], [[Flüssigkeit]]en und [[Gas]]e bestehen aus sehr kleinen Teilchen, den Atomen und Molekülen. Diese befinden sich in ständiger ungeordneter Bewegung und zwischen ihnen wirken Kräfte. Mit „ungeordnet“ meint man in diesem Zusammenhang, dass die [[Geschwindigkeit]]svektoren der Teilchen eines Körpers sich in [[Vektor#Länge/Betrag eines Vektors|Betrag]] und Richtung unterscheiden. Die [[Vektorsumme]] der Geschwindigkeiten aller Teilchen eines ruhenden Körpers verschwindet.<ref>Da man jeden Körper in einem Bezugssystem beschreiben kann, in dem er ruht (siehe [[Schwerpunktsystem]]), gilt das Gesagte für ''alle'' Körper und ist nicht auf ruhende Körper beschränkt.</ref> Der [[Mittelwert]] der Geschwindigkeits''beträge'' ist jedoch von Null verschieden. Er hängt von der Art des Stoffes, vom [[Aggregatzustand]] und vor allem von der Temperatur ab. Für feste, flüssige und gasförmige Körper gilt: ''Je höher die Temperatur eines Körpers ist, desto größer ist der mittlere Geschwindigkeitsbetrag seiner Teilchen.'' Dieser anschauliche Zusammenhang legt nahe, dass es eine tiefste mögliche Temperatur gibt, den [[Absoluter Nullpunkt|absoluten Nullpunkt]], an dem sich die kleinsten Teilchen nicht mehr bewegen. Aufgrund der [[Unschärferelation]] ist eine völlige Bewegungslosigkeit jedoch nicht möglich ([[Nullpunktsenergie]]).
 
Fast alle physikalischen und chemischen Eigenschaften von Stoffen sind (zumindest schwach) von der Temperatur abhängig. Beispiele sind die thermische Ausdehnung von Stoffen, der [[Elektrischer Widerstand#Einflusseffekte|elektrische Widerstand]], die Löslichkeit von Stoffen in Lösungsmitteln, die [[Schallgeschwindigkeit]] oder [[Druck (Physik)|Druck]] und [[Dichte]] von Gasen. Sprunghafte Veränderungen von Stoffeigenschaften treten hingegen auch bei kleinsten Veränderungen der Temperatur ein, wenn der [[Aggregatzustand]] sich ändert oder ein anderer [[Phasenübergang]] eintritt.


Eine einheitliche Temperatur ist nur für Gleichgewichtssysteme definiert ([[thermodynamisches Gleichgewicht]]). Bei Systemen, die nicht im Gleichgewichtszustand sind, werden zur Beschreibung mehrere verschiedene Temperaturen benötigt, etwa Elektronentemperatur und Ionentemperatur in einem Nichtgleichgewichts-[[Plasma (Physik)|Plasma]] oder Temperaturen für Translation, Rotation und Vibration für einen expandierenden Molekülstrahl.
Die Temperatur beeinflusst auch die [[Reaktionsgeschwindigkeit (Chemie)|Reaktionsgeschwindigkeit]] von chemischen Prozessen, indem diese sich je 10 °C Temperaturerhöhung typischerweise etwa verdoppelt ([[RGT-Regel|van-’t-Hoff’sche Regel]]). Das gilt damit auch für die [[Stoffwechsel]]prozesse von Lebewesen.


=== Ideales Gas ===
=== Ideales Gas ===
{{Hauptartikel|Ideales Gas}}
{{Hauptartikel|Ideales Gas}}
Das ideale Gas ist eine Modellvorstellung, die gut geeignet ist, um Grundlagen der Thermodynamik und Eigenschaften der Temperatur zu illustrieren. Dem Modell zufolge sind die Teilchen des Gases punktförmig, können aber dennoch [[Stoß (Physik)#Elastischer Stoß|elastisch]] gegeneinander und gegen die Gefäßwand stoßen. Ansonsten gibt es keine Wechselwirkung zwischen den Teilchen. Das ideale Gas ist eine gute Näherung für Gase mit Atomen als kleinste Teilchen. Moleküle können rotieren oder vibrieren und können daher nicht als punktförmige Objekte vereinfacht werden.
 
Das ideale Gas ist ein Modellgas, das sich gut dafür eignet, die Grundlagen der Thermodynamik und Eigenschaften der Temperatur zu entwickeln. Dem Modell zufolge sind die Teilchen des Gases punktförmig, können aber dennoch [[Stoß (Physik)#Elastischer Stoß|elastisch]] gegeneinander und gegen die Gefäßwand stoßen. Ansonsten gibt es keine Wechselwirkung zwischen den Teilchen. Das ideale Gas gibt das Verhalten der einatomigen [[Edelgas]]e sehr gut wieder, gilt aber auch in guter Näherung für die normale Luft, obwohl mehratomige Moleküle rotieren oder vibrieren können und daher nicht immer als punktförmige Objekte ohne innere Freiheitsgrade vereinfacht werden können.


Für das ideale Gas ist die Temperatur <math>T</math> proportional zur mittleren kinetischen Energie <math>\overline{E_\mathrm{kin}}</math> der Teilchen
Für das ideale Gas ist die Temperatur <math>T</math> proportional zur mittleren kinetischen Energie <math>\overline{E_\mathrm{kin}}</math> der Teilchen
:<math>\overline{E_\mathrm{kin}} = \tfrac{3}{2} k_\mathrm{B} T</math>
:<math>\overline{E_\mathrm{kin}} = \tfrac{3}{2} k_\mathrm{B} T</math>
wobei <math>k_\mathrm{B}</math> die [[Boltzmann-Konstante]] ist. In diesem Fall ist also die makroskopische Größe Temperatur auf sehr einfache Weise mit mikroskopischen Teilcheneigenschaften verknüpft. Außerdem gilt für das ideale Gas die [[Thermische Zustandsgleichung idealer Gase|allgemeine Gasgleichung]], die die makroskopischen Größen Temperatur, [[Volumen]] <math>V</math> und [[Druck (Physik)|Druck]] <math>p</math> in Beziehung setzt
wobei <math>k_\mathrm{B}</math> die [[Boltzmann-Konstante]] ist. In diesem Fall ist also die makroskopische Größe Temperatur auf sehr einfache Weise mit mikroskopischen Teilcheneigenschaften verknüpft. Mit der Teilchenzahl <math>N</math> multipliziert, ergibt sich die Gesamtenergie des Gases. Außerdem gilt für das ideale Gas die [[Thermische Zustandsgleichung idealer Gase|thermische Zustandsgleichung]], die die makroskopischen Größen Temperatur, [[Volumen]] <math>V</math> und [[Druck (Physik)|Druck]] <math>p</math> verknüpft,
:<math>p V = N k_\mathrm{B} T</math>
:<math>p V = N k_\mathrm{B} T</math>.
wobei <math>N</math> die Teilchenzahl des Systems ist.
Diese Gleichung wurde 2019 im Internationalen Einheitensystem zur Definitionsgleichung der Temperatur gemacht, weil sie mit der gleichzeitigen zahlenmäßigen Festlegung des Wertes der Boltzmann-Konstante außer T nur messbare Größen enthält. In der Messvorschrift ist berücksichtigt, dass diese Gleichung für ein [[reales Gas]] nur näherungsweise erfüllt ist, im Grenzfall <math>p\rightarrow 0</math> aber exakt gilt.


Aus diesen beiden Gleichungen kann man folgern, dass ein absoluter Temperaturnullpunkt existiert, an dem sich die Gasteilchen nicht mehr bewegen, also die mittlere kinetische Energie null haben. Wenn man beim Verringern der Temperatur den Druck konstant hält, wird das Volumen des Gases immer kleiner und am Temperaturnullpunkt würde auch das Volumen null, das Gas würde sich also auf einen Punkt zusammenziehen. Andererseits lässt sich die allgemeine Gasgleichung ausnutzen, um über die Messung von Volumen und Druck die Temperatur zu bestimmen. Dies wird durch die [[Gasthermometer]] realisiert. Bei diesen Thermometern reicht im Gegensatz zu anderen Thermometern eine [[Zweipunkteichung]] aus, da der Zusammenhang der Größen bekannt ist und sie eignen sich daher dazu, andere Thermometer zu [[Kalibrierung|kalibrieren]].
Da die Größen <math>\overline{E_\mathrm{kin}}, \ p,\ V</math> nicht negativ werden können, kann man an diesen Gleichungen sehen, dass es einen absoluten Temperaturnullpunkt <math>T=0\, \mathrm K \ (=\; -273,15\,^\circ\mathrm C) </math> geben muss, bei dem sich die Gasteilchen nicht mehr bewegen würden, und Druck oder Volumen des Gases Null wären. Den absoluten Nullpunkt der Temperatur gibt es wirklich, obwohl diese Herleitung nicht stichhaltig ist, weil es keinen Stoff gibt, der bis <math>T=0\,\mathrm K </math> gasförmig bliebe. Immerhin aber ist Helium unter Atmosphärendruck noch bei Temperaturen von wenigen K ein fast ideales Gas.


=== Temperatur, Wärme und thermische Energie ===
=== Temperatur, Wärme und thermische Energie ===
Manchmal werden die Größen Temperatur, Wärme und [[thermische Energie]] miteinander verwechselt. Es handelt sich jedoch um verschiedene Größen. Die Temperatur und die thermische Energie beschreiben den Zustand eines Systems, wobei die Temperatur eine intensive Größe ist, die thermische Energie jedoch eine extensive Größe. So stellt bei idealen Gasen die Temperatur ein Maß für den ''Mittelwert'' der kinetischen Energie der Teilchen dar, während die thermische Energie als Teil der [[Innere Energie|inneren Energie]] die ''Summe'' aller kinetischen Energien der Teilchen bildet.


Die Wärme hingegen charakterisiert nicht den Zustand, sondern die Änderung des Systemzustandes, genauer: den Energieaustausch zwischen zwei Systemen. Wärme ist dabei der Teil der Energie, der ohne die Wirkung einer makroskopischen verallgemeinerten Kraft übertragen wird. Die abgegebene oder aufgenommene Wärme führt dabei je nach Art der Zustandsänderungen (z.&nbsp;B. [[Isobare Zustandsänderung|isobar]] oder [[Isochore Zustandsänderung|isochor]]) zu unterschiedlichen Änderungen von Temperatur und thermischer Energie. Änderungen der inneren Energie und damit der thermischen Energie und der Temperatur werden nämlich nicht alleine durch Wärme hervorgerufen, sondern auch durch [[Arbeit (Physik)|Arbeit]] (siehe [[Erster Hauptsatz der Thermodynamik]]). Das jeweilige Verhältnis von Wärme und Temperaturänderung heißt [[Wärmekapazität]]. Zudem enthält die innere Energie neben der thermischen Energie auch noch andere Anteile, so dass eine Wärmezufuhr nicht immer mit einer Erhöhung der thermischen Energie und der Temperatur verbunden ist. Beispielsweise schmilzt eine Menge Eis unter Wärmezufuhr, ohne dabei seine Temperatur von 0&nbsp;°C zu ändern. Zwar wächst die innere Energie des Wassers, nicht jedoch seine thermische Energie.
Manchmal werden die Größen Temperatur, Wärme und [[thermische Energie]] miteinander verwechselt. Es handelt sich jedoch um verschiedene Größen. Die Temperatur und die thermische Energie beschreiben den Zustand ''eines'' Systems, wobei die Temperatur eine intensive Größe ist, die thermische Energie (die verschiedene Bedeutungen haben kann) jedoch oftmals eine extensive Größe. Bei idealen Gasen ist die Temperatur ein direktes Maß für den ''Mittelwert'' der kinetischen Energie der Teilchen. Die thermische Energie in ihrer makroskopischen Bedeutung ist gleich der [[Innere Energie|inneren Energie]], also der die ''Summe'' aller kinetischen, potentiellen und Anregungs-Energien der Teilchen.
 
Wärme hingegen charakterisiert als physikalischer Begriff nicht einen einzelnen Systemzustand, sondern einen Prozess, der von einem Systemzustand zu einem anderen führt. Wärme ist die dabei erfolgte Änderung der inneren Energie abzüglich der eventuell geleisteten Arbeit (siehe [[Erster Hauptsatz der Thermodynamik]]). Geht man umgekehrt von einer bestimmten Menge abgegebener oder aufgenommener Wärme aus, dann kann der Prozess je nach der Prozessführung (z.&nbsp;B. [[Isobare Zustandsänderung|isobar]], [[Isochore Zustandsänderung|isochor]] oder [[Isotherme Zustandsänderung|isotherm]]) zu unterschiedlichen Endzuständen mit unterschiedlichen Temperaturen führen.


Wärme bewegt sich immer vom System höherer Temperatur zum System niedrigerer Temperatur, wenn eine Wärmeübertragung zwischen den Systemen möglich ist. Dies führt auch zu einem Temperaturausgleich, wobei die Wärmeübertragung endet, wenn die Systeme sich im [[Thermodynamisches Gleichgewicht|thermodynamischen Gleichgewicht]] befinden, also dieselbe Temperatur haben. Dabei hängt die Endtemperatur von den Wärmekapazitäten der beteiligten Systeme ab. Bei einer höheren Wärmekapazität führt dieselbe Änderung der Wärme zu einer geringeren Änderung der Temperatur. Das bedeutet, dass die Endtemperatur beim Mischen gleicher Mengen zweier Stoffe mit verschiedener Wärmekapazität und Anfangstemperatur näher an der Temperatur des Stoffes mit der höheren Wärmekapazität liegt. Ein anschauliches Beispiel liefert der Vergleich von Wasser und Luft. Wasser hat eine sehr viel höhere Wärmekapazität als Luft, daher kann eine Badewanne voll heißen Wassers ein Zimmer viel mehr erhitzen als dieselbe Menge Luft derselben Temperatur.
=== Temperaturausgleich ===
Stehen zwei Systeme mit unterschiedlichen Temperaturen <math>T_1,\; T_2</math> in einer Verbindung, die den Wärmeübertrag ermöglicht (''thermischer Kontakt'' oder ''diabatische Verbindung''), dann fließt Wärme vom heißeren zum kälteren System und beide Temperaturen nähern sich derselben Gleichgewichtstemperatur <math>T_G</math> an. Wenn dabei keine [[Phasenübergang|Phasenübergänge]] oder [[chemische Reaktion]]en stattfinden, liegt <math>T_G</math> zwischen den Anfangstemperaturen.  <math>T_G</math> ist dann ein gewichtetes Mittel aus <math>T_1</math> und <math>T_2</math>, wobei die [[Wärmekapazität]]en <math>C_1,\; C_2</math> der beiden Systeme (sofern diese hinreichend konstant sind) als Gewichtsfaktoren wirken. Das gleiche Endergebnis tritt auch ein, wenn zwei Flüssigkeiten oder zwei Gase miteinander vermischt werden ([[Mischungstemperatur]]), z.&nbsp;B. heißes und kaltes Wasser. Treten Phasenübergänge auf, kann die Gleichgewichtstemperatur auch gleich einer der beiden Anfangstemperaturen sein, z.&nbsp;B. 0&nbsp;°C beim Abkühlen eines warmen Getränks mit unnötig vielen Eiswürfeln von 0&nbsp;°C. Bei chemischen Reaktionen kann die Endtemperatur auch außerhalb des Bereichs <math>[T_1,\, T_2]</math> liegen, z.&nbsp;B. bei [[Kältemischung]]en darunter, bei [[Verbrennung (Chemie)|Verbrennung]] darüber.


=== Temperatur in der Relativitätstheorie ===
=== Temperatur in der Relativitätstheorie ===
Ein thermodynamisches Gleichgewicht zeichnet ein Ruhesystem aus. Thermodynamische Gleichgewichtssysteme sind also nicht invariant unter Lorentztransformationen, da sich beispielsweise aus einem gleichmäßig strömenden Gas mittels eines Windrades Energie entziehen lässt. Ein System, das in seinem Ruhesystem im thermodynamischen Gleichgewicht ist, hat dabei die Eigenschaft, dass die mittels eines Windrades zu entziehende Energie minimal ist. Im Sinne der speziellen Relativitätstheorie ist ein System im thermodynamischen Gleichgewicht außer durch die Temperatur auch durch ein Ruhesystem charakterisiert. Um dies darzustellen kann die Temperatur als zeitartiger Vierervektor dargestellt werden. In einem System sind also die drei Ortskoordinaten <math>0</math> und die Zeitkoordinate ist die übliche Temperatur. Es ist allerdings im Kontext der Zustandsgleichungen günstiger und daher auch üblicher, die inverse Temperatur, genauer <math>\beta = \tfrac{1}{k_\mathrm{B} T}</math> als zeitartigen Vierervektor darzustellen.
{{Hauptartikel|Relativistische Thermodynamik}}
Ein thermodynamisches Gleichgewicht gilt zunächst im gemeinsamen Ruhesystem beider Körper. Im Sinne der speziellen Relativitätstheorie ist ein System im thermodynamischen Gleichgewicht daher außer durch die Temperatur auch durch ein Ruhesystem charakterisiert. Thermodynamische Gleichungen sind aber nicht invariant unter Lorentztransformationen. Eine konkrete Frage wäre z.&nbsp;B., welche Temperatur von einem bewegten Beobachter gemessen wird. Die [[Rotverschiebung]] der [[Wärmestrahlung]] etwa verschiebt die Frequenzen im [[Plancksches Strahlungsgesetz|Planckschen Strahlungsgesetz]] im Verhältnis <math>\approx v/c</math> und lässt damit einen strahlenden Körper kälter erscheinen, wenn man sich mit Geschwindigkeit <math>v</math> von ihm weg bewegt. Im Prinzip tritt das gleiche Problem auch schon auf, wenn heißes Wasser durch ein zunächst kaltes Rohr strömt.
 
Die Temperatur wird als zeitartiger Vierervektor dargestellt. Im Ruhesystem sind also die drei Ortskoordinaten <math>0</math> und die Zeitkoordinate ist die übliche Temperatur. Zu einem bewegten System muss man mittels der Lorentz-Transformation umrechnen. Es ist allerdings im Kontext der Zustandsgleichungen günstiger und daher auch üblicher, die inverse Temperatur, genauer <math>\beta = \tfrac{1}{k_\mathrm{B} T}</math>, als zeitartigen Vierervektor darzustellen.
 
Zur Begründung betrachte man den 1. Hauptsatz, für reversible Prozesse in der Form<ref group="Anm.">Der Druck wird hier mit dem Symbol ''P'' bezeichnet, um Verwechslung mit dem Impuls zu vermeiden.</ref>
:<math>\mathrm d S = \frac{1}{T}\mathrm d U + \frac{1}{T} P\mathrm d V</math>,
und beachte, dass die Energie eines bewegten Systems um die kinetische Energie größer ist als seine innere Energie <math>U</math>, bei <math>v/c \ll 1</math> also näherungsweise
:<math>E = U + \frac{Mv^2}{2}</math>
wobei <math>v</math> die dreidimensionale Geschwindigkeit ist. Daher ist
:<math>\mathrm d U = \mathrm d E - v \mathrm dv</math> und
:<math>\mathrm d S = \frac{1}{T}\mathrm d E -  \frac{1}{T} v \mathrm d v + \frac{1}{T} P\mathrm d V</math>,
in 4-dimensionaler Schreibweise also gleich
:<math>\mathrm d S = - \theta_\mu \mathrm d \mathbf p^\mu +  \frac{1}{T} P\mathrm d V</math>,
wenn <math> \mathbf p_\mu  = (E/c, \vec p) </math> (mit dem räumlichen Impulsvektor <math>\vec p </math>) der Viererimpuls und <math> \mathbf \theta_\mu  = (-c/T, \vec v/T) </math> die inverse Vierertemperatur ist.


In der allgemeinen Relativitätstheorie ist die Raumzeit gekrümmt, so dass im Allgemeinen der thermodynamische Limes nicht wohldefiniert ist. Wenn die Metrik der Raumzeit zeitunabhängig, also statisch, ist, kann allerdings ein globaler Temperaturbegriff definiert werden. Im allgemeinen Fall einer zeitabhängigen Metrik, wie sie beispielsweise Grundlage der Beschreibung des expandierenden Universums ist, können Zustandsgrößen wie die Temperatur nur lokal definiert werden. Ein verbreitetes Kriterium dafür, dass ein System zumindest lokal thermisch ist, ist, dass die Phasenraumdichte die [[Boltzmann-Gleichung]] ohne Streuung erfüllt.
In der allgemeinen Relativitätstheorie ist die Raumzeit gekrümmt, so dass im Allgemeinen der thermodynamische Limes nicht wohldefiniert ist. Wenn die Metrik der Raumzeit zeitunabhängig, also statisch, ist, kann allerdings ein globaler Temperaturbegriff definiert werden. Im allgemeinen Fall einer zeitabhängigen Metrik, wie sie beispielsweise Grundlage der Beschreibung des expandierenden Universums ist, können Zustandsgrößen wie die Temperatur nur lokal definiert werden. Ein verbreitetes Kriterium dafür, dass ein System zumindest lokal thermisch ist, ist, dass die Phasenraumdichte die [[Boltzmann-Gleichung]] ohne Streuung erfüllt.


=== Temperatur in der Quantenphysik ===
=== Temperatur in der Quantenphysik ===
Die thermodynamische Behandlung von Quantensystemen erfolgt meist mit den Methoden der [[Statistische Mechanik|statistischen Mechanik]]. Gerade im Kontext [[Quantenfeldtheorie|quantenfeldtheoretischer]] Systeme spielt dabei die [[Dichtematrix]] eine bedeutende Rolle. Da allerdings die Dichtematrix des kanonischen und großkanonischen Ensembles im thermodynamischen Limes unendlich wird und dadurch ihre Bedeutung verliert, ist für die korrekte Behandlung dieser Systeme einiger Aufwand nötig. In der [[Axiomatische Quantenfeldtheorie|axiomatischen Quantenfeldtheorie]] wurde erkannt, dass [[KMS-Zustand|KMS-Zustände]], die auch Gibbs-Zustände für Systeme endlichen Volumens umfassen, auch für den thermodynamischen Limes definierbar sind und sich eignen, um thermische Erwartungswerte zu berechnen. In der Standardtheorie wird das Problem meist durch eine Renormierungsprozedur behoben.
Im Bereich der Quantenphysik kann man die Temperatur nur dann, wenn sie „genügend hoch“ ist, mit einer ungeordneten Teilchenbewegung beschreiben, in der alle möglichen Energieformen vorkommen. „Genügend hoch“ bedeutet dabei, dass die Energie <math>k_\mathrm{B} T</math> groß ist gegenüber den typischen Abständen der Energieniveaus der einzelnen Teilchen im gegebenen System. Beispielsweise muss die Temperatur weit über 1000 K sein, damit bei zweiatomigen Gasen wie N<sub>2</sub>, O<sub>2</sub> die Molekülschwingungen mit angeregt werden. Bei H<sub>2</sub>-Molekülen erfordert auch die Anregung der Rotation Temperaturen über einigen 100 K. Freiheitsgrade, die bei tieferen Temperaturen nicht an der Wärmebewegung teilnehmen, werden als ''eingefroren'' bezeichnet, siehe auch [[Freiheitsgrad#Thermodynamik und statistische Mechanik]]. Das drückt sich z.&nbsp;B. deutlich in der Temperaturabhängigkeit der [[spezifische Wärme|spezifischen Wärme]] aus.
 
Die theoretische Behandlung der Thermodynamik erfolgt in der Quantenphysik ausschließlich mit den Methoden der [[Statistische Physik|Statistischen Physik]] (siehe [[Quantenstatistik]], [[Vielteilchentheorie]]). Darin tritt die Temperatur genau wie in der klassischen statistischen Physik im Exponenten der Boltzmann-Verteilung auf und bestimmt damit die Form der Häufigkeitsverteilung, mit der die Teilchen die verschiedenen Energiezustände einnehmen.


== Temperaturempfinden und Wärmeübertragung ==
== Temperaturempfinden und Wärmeübertragung ==
Stehen zwei Körper unterschiedlicher Temperatur in Wärmekontakt, so wird nach dem [[Thermodynamik|nullten Hauptsatz der Thermodynamik]] solange [[Energie]] vom wärmeren zum kälteren Körper übertragen, bis beide im [[Thermisches Gleichgewicht|thermischen Gleichgewicht]] stehen und die gleiche Temperatur angenommen haben. Es gibt dabei drei Möglichkeiten der [[Wärmeübertragung]]:
 
Stehen zwei Körper unterschiedlicher Temperatur in Wärmekontakt, so wird nach dem [[Thermodynamik|nullten Hauptsatz der Thermodynamik]] solange [[Energie]] vom wärmeren zum kälteren Körper übertragen, bis beide die gleiche Temperatur angenommen haben und damit im [[Thermisches Gleichgewicht|thermischen Gleichgewicht]] stehen. Dabei kann es zwischen den beiden Seiten der [[Grenzfläche]] zunächst [[Temperatursprung|Temperatursprünge]] geben. Es gibt drei Möglichkeiten der [[Wärmeübertragung]]:


# [[Wärmeleitung]]
# [[Wärmeleitung]]
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# [[Wärmestrahlung]]
# [[Wärmestrahlung]]


Der Mensch kann Temperaturen nur im Bereich um 30&nbsp;°C fühlen. Genau genommen nimmt man nicht Temperaturen wahr, sondern die Größe des Wärmestroms durch die Hautoberfläche, weshalb man auch von einer [[Gefühlte Temperatur|gefühlten Temperatur]] spricht. Dieses hat für das Temperaturempfinden einige Konsequenzen:
Der Mensch kann mit der Haut nur Temperaturen im Bereich zwischen etwa 5&nbsp;°C und 40&nbsp;°C fühlen. Dabei wird genau genommen nicht die Temperatur eines berührten Gegenstands wahrgenommen, sondern die Temperatur am Ort der in der Haut liegenden [[Thermorezeption|Thermorezeptoren]], die je nach Stärke des [[Wärmestrom]]s durch die Hautoberfläche variiert ([[gefühlte Temperatur]]). Dieses hat für das Temperaturempfinden einige Konsequenzen:
* Temperaturen oberhalb der [[Oberflächentemperatur]] der Haut fühlen sich warm an, solche unterhalb empfinden wir als kalt
 
* Materialien mit hoher [[Wärmeleitfähigkeit]], wie Metalle, führen zu höheren Wärmeströmen und fühlen sich deshalb wärmer beziehungsweise kälter an, als Materialien mit niedrigerer Wärmeleitfähigkeit, wie Holz oder [[Polystyrol]]
* Temperaturen oberhalb der [[Oberflächentemperatur (Thermodynamik)|Oberflächentemperatur]] der Haut fühlen sich warm an, solche unterhalb empfinden wir als kalt
* Die gefühlte Temperatur ist bei [[Wind]] niedriger als bei Windstille. Der Effekt wird bei Temperaturen < 10&nbsp;°C durch den [[Windchill]] und bei höheren Temperaturen durch den [[Hitzeindex]] beschrieben.
* Materialien mit hoher [[Wärmeleitfähigkeit]], wie Metalle, führen zu höheren Wärmeströmen und fühlen sich deshalb wärmer beziehungsweise kälter an als Materialien mit niedrigerer Wärmeleitfähigkeit, wie Holz oder [[Polystyrol]]
* Ein leicht beheizter, gefliester Fußboden kann mit den nackten Füßen als angenehm warm, mit den Händen berührt hingegen als kühl empfunden werden. Dies ist der Fall, wenn die Temperatur der Fliesen zwischen der Temperatur von Händen und Füßen liegt.
* Die gefühlte Lufttemperatur ist bei [[Wind]] niedriger als bei Windstille (bei extrem heißem Wetter umgekehrt). Der Effekt wird bei Temperaturen < 10&nbsp;°C durch den [[Windchill]] und bei höheren Temperaturen durch den [[Hitzeindex]] beschrieben.
* Ein leicht beheizter, gefliester Fußboden kann mit den nackten Füßen als angenehm warm, mit den Händen berührt hingegen als kühl empfunden werden. Dies ist der Fall, wenn die Hauttemperatur an Händen höher ist als an den Füßen und die Temperatur des Fußbodens dazwischen liegt.
* Die Hautempfindung kann Lufttemperatur von überlagerter [[Wärmestrahlung]] nicht unterscheiden. Das Gleiche gilt im Allgemeinen für Thermometer; deshalb müssen z. B. [[Lufttemperatur]]en immer im Schatten gemessen werden
* Die Hautempfindung kann Lufttemperatur von überlagerter [[Wärmestrahlung]] nicht unterscheiden. Das Gleiche gilt im Allgemeinen für Thermometer; deshalb müssen z. B. [[Lufttemperatur]]en immer im Schatten gemessen werden
* Gleiche Temperatur wird von den beiden Händen als unterschiedlich wahrgenommen, wenn diese vorher unterschiedlichen Temperaturen ausgesetzt waren
* Lauwarmes Wasser wird von den beiden Händen als unterschiedlich wahrgenommen, wenn man sie vorher eine Zeitlang in heißes bzw. kaltes Wasser gehalten hatte.
Genau genommen gilt dieses nicht nur für das menschliche Empfinden. Auch in vielen technischen Zusammenhängen ist nicht die Temperatur entscheidend, sondern der Wärmestrom. Zum Beispiel hat die Atmosphäre der Erde in einem Bereich oberhalb 1000&nbsp;km Temperaturen von mehr als 1000&nbsp;°C; dennoch verglühen dort keine Satelliten, denn auf Grund der geringen Teilchendichte ist der Energieübertrag minimal.


Genau genommen gilt dieses nicht nur für das menschliche Empfinden, auch in vielen technischen Anwendungen ist nicht die Temperatur von Bedeutung, sondern der [[Wärmestrom]]. So hat die Atmosphäre der Erde oberhalb 1.000&nbsp;km Temperaturen von mehr als 1.000&nbsp;°C, dennoch verglühen deshalb keine Satelliten. Auf Grund der geringen Teilchendichte ist der Energieübertrag minimal.
== Definitionen der Temperatur ==


== Temperatur, thermische Energie und der Nullte Hauptsatz der Thermodynamik ==
Der Temperaturbegriff entwickelte sich erst spät, nicht nur weil eine klare konzeptuelle Trennung zwischen Temperatur als intensiver Meßgröße und Wärme als extensiver Größe fehlte, sondern auch weil es bis in die Frühe Neuzeit hinein keine Instrumente gab, mit denen man die Temperatur (den Grad von Wärme) hätte messen können.<ref>{{Literatur |Autor=[[Kirstine Meyer|Meyer, Kirstine Bjerrum]] |Titel=Die Entwickelung des Temperaturbegriffs im Laufe der Zeiten sowie dessen Zusammenhang mit den wechselnden Vorstellungen über die Natur der Wärme |Verlag=Vieweg |Ort=Braunschweig |Datum=1913}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Middleton, W. E. Knowles |Titel=A History of the Thermometer and Its Uses in Meteorology |Verlag=Johns Hopkins University Press |Ort=Baltimore |Datum=1966}}</ref>
Die formalen Eigenschaften der Temperatur werden in der [[Thermodynamik]] behandelt. Man bezeichnet die Temperatur hier als eine [[Systemeigene Größe|systemeigene]], [[Intensive Größe|intensive]] [[Zustandsgröße]]. Sie lässt sich ebenfalls über die [[Entropie (Thermodynamik)|Entropie]] S definieren, da aus den Eigenschaften dieser Zustandsgröße folgt, dass S konstant bei allen reversiblen Zustandsänderungen ohne Wärmeübertragung Q ist:
:<math>
dS=\frac{\delta Q}{T}
</math>
mit ''T'' als Zustandsfunktion. ''T'' wird dabei so gewählt, dass <math>dS</math> ein [[Differential (Mathematik)|Differential]] einer Zustandsfunktion ist. Nach dem [[Poincaré-Lemma]]  ist hierfür hinreichend und notwendig
:<math>
d\left(\frac{\delta Q}{T}\right)=0
</math>
Beim idealen Gas erfüllt die Gastemperatur <math>\Theta =T</math> diese Bedingung.


Die statistische Definition der Temperatur lautet nach [[Ludwig Boltzmann|Boltzmann]]:
Die formalen Eigenschaften der Temperatur werden in der makroskopischen klassischen [[Thermodynamik]] behandelt. Die Temperatur leitet sich von den beiden Zustandsgrößen [[Innere Energie]] <math>U</math> und [[Entropie (Thermodynamik)|Entropie]] <math>S</math> ab:
:<math>
T = \frac{1}{k_\mathrm{B}}\left(\frac{\partial\ln{\Omega}}{\partial U}\right)^{-1}
</math>


Hierbei bedeuten:
:<math>T = \frac{\mathrm d U}{\mathrm d S}</math>
* ''S'' die [[Entropie (Thermodynamik)|Entropie]]
* ''U'' die [[innere Energie]]
* <math>\Omega</math> die geglättete, gemittelte Kurve über <math>\omega</math>, das angibt auf wie viele Möglichkeiten sich die Energie ''U'' im System verteilen kann; zerlegt in kleinstmögliche Energiepakete (siehe [[Quanten]]).
* <math>k_\mathrm{B}</math> die [[Boltzmann-Konstante]]


Bei einer sehr großen Ansammlung von Teilchen und dem Vorliegen eines [[Ideales Gas|idealen Gases]] kann man die [[Maxwell-Boltzmann-Verteilung]] anwenden und in der Folge die Temperatur wie folgt definieren:
Beim idealen Gas z.&nbsp;B. erfüllt die durch die Zustandsgleichung definierte Gastemperatur <math>T=\frac{pV}{N k_\mathrm{B} }</math> diese Bedingung.
:<math>
T = \frac{2}{3}\frac{\overline{E_\mathrm{kin}}}{k_\mathrm{B}} = \frac{m \overline{v^2}}{3 k_\mathrm{B}}
</math>
Hierbei bedeuten:
* ''m'' – [[Masse (Physik)|Masse]] der Teilchen
* <math>{\overline{v^2}}</math> – mittleres Geschwindigkeitsquadrat


Die Temperatur ist damit ein Maß für den durchschnittlichen ungerichteten, also zufälligen, Bewegungsenergieanteil ([[kinetische Energie]]) einer Ansammlung von [[Teilchen (Physik)|Teilchen]]. Die Teilchen sind hierbei die [[Luft]]moleküle bzw. die Moleküle oder Atome eines [[Gas]]es, einer [[Flüssigkeit]] oder eines [[Festkörper]]s.
Die statistische Interpretation der Entropie lautet nach [[Ludwig Boltzmann|Boltzmann]]:
In der [[Statistische Mechanik|statistischen Mechanik]] steht die Temperatur mit der Energie pro [[Freiheitsgrad]] in Zusammenhang, wobei sich die Anteile der Energie auf verschiedene Komponenten verteilen:<ref>Bošnjaković, Knoche,  „Technische Thermodynamik“, 8. Auflage 1998, Steinkopf-Verlag Darmstadt, ISBN 978-3-642-63818-3; Abschnitte 9.7 und 9.8.</ref>
:<math>S =k_\mathrm{B} \ln\Omega</math>
# Kinetische Energie des Atoms/Moleküls mit drei [[Translationsfreiheitsgrad]]en im Raum
und daher die der Temperatur:
# Rotation des Moleküls um den Schwerpunkt des Moleküls (Modell des starren Rotors,  [[Rotationsfreiheitsgrad]]e)
:<math>T = \frac{1}{k_\mathrm{B}}\left(\frac{\partial\ln{\Omega}}{\partial U}\right)^{-1}</math>
# Schwingungen der Atome im Molekül, bei dem die Atome ihren Abstand periodisch ändern (Modell des harmonischen Oszillators)
# Bei sehr hohen Temperaturen leistet auch die Elektronenanregung der Atome/Moleküle einen Beitrag zur inneren Energie und damit zur Temperatur<ref>Bošnjaković, Knoche,  „Technische Thermodynamik“, 8. Auflage 1998, Steinkopf-Verlag Darmstadt, ISBN 978-3-642-63818-3; Abschnitt 9.4.2</ref>


Bei einatomigen idealen Gasen ([[Edelgase]], gasförmiges Quecksilber) gibt es als Komponente der Temperatur nur die kinetische Energie und bei Festkörpern nach dem Einstein-Modell<ref>Klaus Goeke, „Statistik und Thermodynamik“, 1. Auflage 2010, Vieweg+Teubner Verlag / Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010, ISBN 978-3-8348-0942-1; Abschnitt 5.3 „Spezifische Wärme eines Festkörpers (Einstein-Modell)“</ref> nur die 3. Komponente des Oszillators im Gitterverbund des Festkörpers.
Hierbei bedeuten:


Bei Gasen kann man diesen Zusammenhang zwischen Temperatur und Teilchengeschwindigkeit nach obiger Beziehung sogar quantitativ angeben. Eine Verdopplung der Temperatur auf der Kelvin-Skala führt bei idealen Gasen zu einer Erhöhung der quadratisch gemittelten Teilchengeschwindigkeit um den Faktor <math>\sqrt{2} \approx 1{,}414</math>. Zwei unterschiedliche Gase haben dann die gleiche Temperatur, wenn das Produkt aus der molaren Masse des jeweiligen Gases und dem Quadrat der quadratisch gemittelten Teilchengeschwindigkeit gleich groß ist.
* <math>S </math> die [[Entropie (Thermodynamik)|Entropie]]
* <math>U </math>  die [[innere Energie]]
* <math>\Omega</math> die geglättete, gemittelte Kurve über <math>\omega</math>, das angibt auf wie viele Möglichkeiten sich die Energie ''U'' im System verteilen kann; zerlegt in kleinstmögliche Energiepakete (siehe [[Quant]]).
* <math>k_\mathrm{B}</math> die [[Boltzmann-Konstante]]


Im thermischen Gleichgewicht nimmt jeder Freiheitsgrad der [[Materie (Physik)]] ([[Bewegung (Physik)|Bewegung]], [[potentielle Energie]], [[Schwingung]]en, elektronische Anregungen usw.) eine der Temperatur entsprechende Menge an [[Energie]] auf. Wie viel genau muss aus der [[Kanonisches Ensemble|kanonischen Verteilung]] berechnet werden und ist durch das Verhältnis von Energie zu Temperatur mal Boltzmannkonstante ''k''<sub>B</sub> bestimmt. Bei der kontinuierlichen (klassischen) kinetischen Energie ist dieses genau ''k''<sub>B</sub>''T''/2. Die Boltzmannkonstante ergibt einen Zusammenhang zwischen Energie und Temperatur, der 11.606,7&nbsp;Kelvin pro [[Elektronenvolt]] beträgt. Bei Raumtemperatur (300&nbsp;Kelvin) ergibt dieses 0,0258472&nbsp;eV. Die durchschnittliche kinetische Energie der Teilchen im idealen Gas beträgt ½''k''<sub>B</sub>''T'' für jeden der drei Translationsfreiheitsgrade, unabhängig von der [[Molekülmasse]] bzw. molaren Masse. Wegen ½ ''mv''<sup>2</sup> = ½ ''k''<sub>B</sub>''T'' ist ein Teilchen umso langsamer, je größer seine Masse ist, und zwar im Verhältnis der Quadratwurzel aus seiner Masse. Bei idealen Gasen gleichen sich Massenerhöhung und Geschwindigkeitserniedrigung gegenseitig aus, was zum [[Gesetz von Avogadro]] führt.
Die gleiche physikalische Größe <math>T </math> ergibt sich, wenn die wahrscheinlichste Verteilung der Teilchen eines (klassischen) Systems über die verschiedenen möglichen Energien aller möglichen Zustände eines einzelnen Teilchens bestimmt wird. Die Zustände zu einer gegebenen Energie <math>E</math> sind mit einer Wahrscheinlichkeit W besetzt, die proportional zum [[Boltzmann-Faktor]] <math>\mathrm{e}^{-\frac{E}{k_\mathrm{B}T}}</math> ist.


Die [[Thermische Energie]] ist jedoch wie die Temperatur selbst nur ein Mittelwert innerhalb eines Vielteilchensystems und ihr Zusammenhang mit der Teilchengeschwindigkeit lässt sich ebenfalls aus der Maxwell-Boltzmann-Verteilung ableiten:
Aus dieser Boltzmann-Verteilung folgen u.&nbsp;a. die [[Maxwell-Boltzmann-Verteilung]] der Molekülgeschwindigkeiten in einem Gas sowie der [[Gleichverteilungssatz]] der Energie über alle Freiheitsgrade der Teilchen.
:<math>
\overline{E_\mathrm{kin}} = \frac{1}{2} m \overline{v^2}
</math>


Das thermische Gleichgewicht hat eine wichtige Eigenschaft, die in der Thermodynamik zur Formulierung des Nullten Hauptsatzes führt.
=== Negative Temperaturen ===
 
Wenn ein System A sich mit einem System B sowie B sich mit einem System C im thermischen Gleichgewicht befinden, so befindet sich auch A mit C im thermischen Gleichgewicht. Das thermische Gleichgewicht ist damit [[Transitive Relation|transitiv]], was es möglich macht, die '''empirische Temperatur''' ''θ'' einzuführen. Diese ist so definiert, dass zwei Systeme genau dann die gleiche empirische Temperatur haben, wenn sie sich im thermischen Gleichgewicht befinden.


=== Negative Temperaturen ===
Der Temperaturbegriff lässt sich erweitern, so dass sich auch negative Temperaturen definieren lassen.<ref>Bošnjaković, Knoche,  „Technische Thermodynamik“, 8. Auflage 1998, Steinkopf-Verlag Darmstadt, ISBN 978-3-642-63818-3; Abschnitt 9.9 „Erweiterung des Temperaturbegriffs“.</ref><ref>Klaus Goeke, „Statistik und Thermodynamik“, 1. Auflage 2010, Vieweg+Teubner Verlag / Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010, ISBN 978-3-8348-0942-1; Abschnitt 2.6.9 „Positive und negative Temperaturen“.</ref>
Der Temperaturbegriff lässt sich erweitern, so dass sich auch negative Temperaturen definieren lassen.<ref>Bošnjaković, Knoche,  „Technische Thermodynamik“, 8. Auflage 1998, Steinkopf-Verlag Darmstadt, ISBN 978-3-642-63818-3; Abschnitt 9.9 „Erweiterung des Temperaturbegriffs“.</ref><ref>Klaus Goeke, „Statistik und Thermodynamik“, 1. Auflage 2010, Vieweg+Teubner Verlag / Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010, ISBN 978-3-8348-0942-1; Abschnitt 2.6.9 „Positive und negative Temperaturen“.</ref>
Die Erweiterung baut darauf auf, dass ein System, welches makroskopisch im thermischen Gleichgewicht erscheint, also eine einheitliche Temperatur hat, mikroskopisch gesehen aus Teilchen besteht, die nicht alle die gleiche Energie haben.


Tatsächlich tauschen diese Teilchen durch Stöße ständig untereinander Energie aus, so dass sich eine Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung einstellt und die Gesamtenergien der einzelnen Teilchen auf unterschiedliche Niveaus verteilt sind (Boltzmann-Statistik). Wie eingangs bereits beschrieben ist die Temperatur ein Mittelwert dieser Energien.
Ein System, das makroskopisch im thermischen Gleichgewicht erscheint, also eine einheitliche Temperatur hat, besteht mikroskopisch gesehen aus Teilchen, die nicht alle die gleiche Energie haben. Tatsächlich tauschen diese Teilchen durch Stöße ständig untereinander Energie aus, so dass sie auf Zustände mit unterschiedlichen Energien verteilt sind ([[Boltzmann-Statistik]]) und sich z.&nbsp;B. eine [[Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung]] einstellt. Wie eingangs bereits beschrieben, bemisst die Temperatur die über alle Teilchen gemittelte Energie. Diese Verteilung ist nicht gleichmäßig, sondern häuft sich (bei positiven Temperaturen) bei geringen Energien, während nur wenige Teilchen sehr viel Energie haben. Zu steigenden Energien hin zeigt sich eine exponentielle Abnahme der Häufigkeit. Erhöht man die Temperatur, so gleichen sich die unterschiedlichen Häufigkeiten immer mehr an, im hypothetischen Grenzfall der unendlichen Temperatur wären in jedem Energiezustand die gleiche Anzahl von Teilchen.


Diese Verteilung ist nicht gleichmäßig, sondern viele Teilchen haben wenig Energie und wenige Teilchen sehr viel Energie. Teilt man die Energien in gleiche Klassen ein und zählt die Teilchen mit einer bestimmten Energie, so ergibt sich eine exponentielle Abnahme der Verteilung zu steigenden Energien. Erhöht man die Temperatur, so nivelliert sich die ungleiche Verteilung der Energieklassen, im hypothetischen Grenzfall der unendlichen Temperatur wäre in jeder Klasse (auf jedem Energie-Niveau) die gleiche Anzahl von Teilchen.
Die Erweiterung des Temperaturbegriffs geht nun davon aus, dass die Energieverteilung der Teilchen so geändert wird, dass die höheren Energieklassen stärker besetzt sein können als die niedrigen (Besetzungsumkehr, Inversion). Dies würde sich in der Gleichung der Boltzmann-Statistik formal als negative Temperatur ausdrücken.


Die Erweiterung des Temperaturbegriffs geht nun davon aus, dass die Energieverteilung der Teilchen nach oben begrenzt ist und so geändert wird, dass die höheren Energieklassen stärker besetzt sind (Besetzungsumkehr, Inversion), als die niedrigen. Dies würde sich in der Gleichung der Boltzmannschen Energieverteilung als negative Temperatur zeigen.
Inzwischen ist es gelungen, entsprechende Gase mit negativer Temperatur unter Laborbedingungen herzustellen.<ref>{{Literatur
Inzwischen ist es gelungen, entsprechende Gase mit negativer Temperatur unter Laborbedingungen herzustellen.<ref>{{Literatur|Autor=S. Braun, J. P. Ronzheimer, M. Schreiber, S. S. Hodgman, T. Rom, I. Bloch, U. Schneider|Titel=Negative Absolute Temperature for Motional Degrees of Freedom|Hrsg=|Sammelwerk=[[Science]]|Band=339|Nummer=6115|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=2013-01-04|Seiten=52–55|ISBN=|ISSN=0036-8075|DOI=10.1126/science.1227831|PMID=|Online=|Abruf=}}</ref><ref>Siehe Beitrag in Spektrum der Wissenschaft 3/2013, {{ISSN|0170-2971}}, „Kälter als kalt und heißer als unendlich heiß“ von Olliver Morsch über die Ergebnisse von Bloch/Schneider vom Max-Planck Institut für Quantenoptik  in  Garching und der Ludwig-Maximilians-Universität München.</ref> Ebenso kann man die [[Besetzungsinversion]] im [[Lasermedium|aktiven Medium]] eines [[Laser]]s als Zustand negativer Temperatur auffassen.
| Autor = S. Braun, J. P. Ronzheimer, M. Schreiber, S. S. Hodgman, T. Rom, I. Bloch, U. Schneider
| Titel = Negative Absolute Temperature for Motional Degrees of Freedom
| Sammelwerk = [[Science]]
| Band = 339
| Nummer = 6115
| Datum = 2013-01-04
| Seiten = 52–55
| ISSN = 0036-8075
| DOI = 10.1126/science.1227831
}}</ref><ref>Siehe Beitrag in Spektrum der Wissenschaft 3/2013, {{ISSN|0170-2971}}, „Kälter als kalt und heißer als unendlich heiß“ von Olliver Morsch über die Ergebnisse von Bloch/Schneider vom Max-Planck Institut für Quantenoptik  in  Garching und der Ludwig-Maximilians-Universität München.</ref> Ebenso kann man die [[Besetzungsinversion]] im [[Lasermedium|aktiven Medium]] eines [[Laser]]s als Zustand negativer Temperatur auffassen.


Der Zustand negativer Temperatur ist allerdings instabil, die Energie aus einem solchen System würde bei Kontakt mit einem Körper positiver Temperatur (egal welcher) an diesen abfließen.
Der Zustand negativer Temperatur ist allerdings instabil. Die Energie aus einem solchen System würde bei Kontakt mit einem Körper beliebiger positiver Temperatur an diesen abfließen. Insofern muss man also sagen, dass ein Körper mit negativer Temperatur heißer ist als jeder Körper mit positiver Temperatur.


== Messung ==
== Messung ==
=== Messung durch thermischen Kontakt ===
=== Messung durch thermischen Kontakt ===
[[Datei:Fotothek df n-08 0000327.jpg|mini|Temperaturmessung bei der Stahlschmelze]]
[[Datei:Fotothek df n-08 0000327.jpg|mini|Temperaturmessung bei der Stahlschmelze]]
Die Temperaturmessung erfolgt hierbei mit Hilfe von [[Thermometer]]n oder [[Temperatursensor]]en. Das Herstellen eines thermischen Kontaktes erfordert ausreichende [[Wärmeleitung]], Konvektion oder ein Strahlungsgleichgewicht zwischen Messobjekt (Festkörper, Flüssigkeit, Gas) und Sensor. Die [[Messgenauigkeit]] kann z.&nbsp;B. durch nicht ausgeglichene Wärmestrahlungs-Bilanz, Luftbewegungen oder durch Wärmeableitung entlang des Sensors beeinträchtigt sein. Die Messgenauigkeit wird theoretisch durch die zufällige [[Brownsche Molekularbewegung]] begrenzt.
Die Temperaturmessung erfolgt hierbei mit Hilfe von [[Thermometer]]n oder [[Temperatursensor]]en. Das Herstellen eines thermischen Kontaktes erfordert ausreichende [[Wärmeleitung]], Konvektion oder ein Strahlungsgleichgewicht zwischen Messobjekt (Festkörper, Flüssigkeit, Gas) und Sensor. Die [[Messgenauigkeit]] kann z.&nbsp;B. durch nicht ausgeglichene Wärmestrahlungs-Bilanz, Luftbewegungen oder durch Wärmeableitung entlang des Sensors beeinträchtigt sein. Die Messgenauigkeit wird theoretisch durch die zufällige [[Brownsche Molekularbewegung]] begrenzt.


Die Temperaturerfassung durch Wärmekontakt kann in vier Methoden unterteilt werden:
Die Temperaturerfassung durch Wärmekontakt kann in vier Methoden unterteilt werden:
# mechanische Erfassung durch Ausnutzen der unterschiedlichen thermischen [[Wärmedehnung|Ausdehnungskoeffizienten]] von Materialien mittels
# mechanische Erfassung durch Ausnutzen der unterschiedlichen thermischen [[Wärmedehnung|Ausdehnungskoeffizienten]] von Materialien mittels
#* [[Gasthermometer|Gas-]] oder [[Flüssigkeitsthermometer]] (z.&nbsp;B. traditionelle [[Quecksilber]]- oder Alkoholthermometer)
#* [[Gasthermometer|Gas-]] oder [[Flüssigkeitsthermometer]] (z.&nbsp;B. traditionelle [[Quecksilber]]- oder Alkoholthermometer)
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=== Messung anhand der Wärmestrahlung ===
=== Messung anhand der Wärmestrahlung ===
[[Datei:KaffeeAutomat-Thermographie.jpg|mini|Thermografisches Bild in Falschfarbendarstellung]]
[[Datei:KaffeeAutomat-Thermographie.jpg|mini|Thermografisches Bild eines heißen Kaffeebechers (Falschfarbendarstellung)]]
Die Temperatur einer Oberfläche kann berührungslos durch Messung der [[Wärmestrahlung]] bestimmt werden, sofern der [[Emissionsgrad]] ausreichend genau bekannt ist. Die Messung erfolgt z. B. mit einem [[Pyrometer]] oder mit einer [[Thermografie]]-Kamera.


Je nach Temperatur kommen dabei verschiedene Wellenlängenbereiche in Frage (siehe hierzu [[Stefan-Boltzmann-Gesetz]] oder [[Wiensches Verschiebungsgesetz]]). Bei niedrigen Temperaturen kommen [[Bolometer]], [[Mikrobolometer]] oder gekühlte Halbleiterdetektoren in Frage, bei hohen Temperaturen werden ungekühlte [[Fotodiode]]n oder auch der visuelle Vergleich der Intensität und Farbe des Glühens angewendet ([[Pyrometer#Pyrometer-Arten|Wolframfaden-Pyrometer]], [[Glut_(Lichtausstrahlung)|Glühfarben]]).
Die Temperatur einer Oberfläche kann berührungslos durch Messung der [[Wärmestrahlung]] bestimmt werden, sofern der [[Emissionsgrad]] und die Reflexion der Umgebungsstrahlung ausreichend genau bekannt sind. Die Messung erfolgt z. B. mit einem [[Pyrometer]] oder mit einer [[Thermografie]]-Kamera.
 
Je nach Temperatur kommen dabei verschiedene Wellenlängenbereiche in Frage (siehe hierzu [[Stefan-Boltzmann-Gesetz]] oder [[Wiensches Verschiebungsgesetz]]). Bei niedrigen Temperaturen kommen [[Bolometer]], [[Mikrobolometer]] oder gekühlte Halbleiterdetektoren in Frage, bei hohen Temperaturen werden ungekühlte [[Fotodiode]]n oder auch der visuelle Vergleich der Intensität und Farbe des Glühens angewendet ([[Pyrometer#Pyrometer-Arten|Wolframfaden-Pyrometer]], [[Glut (Lichtausstrahlung)|Glühfarben]]).


Rechts ist eine [[Thermografie]] zu sehen; hierbei wird eine [[Falschfarbendarstellung]] der Strahlungsemission im Mittleren Infrarot (ca. 5…10&nbsp;µm Wellenlänge) erzeugt, die sich durch [[Kalibrierung]] in Form einer Farbskala an die Temperaturskala koppeln lässt. Links im Bild ist die Spiegelung der Strahlung des heißen Bechers zu erkennen.
Rechts ist eine [[Thermografie]] zu sehen; hierbei wird eine [[Falschfarbendarstellung]] der Strahlungsemission im Mittleren Infrarot (ca. 5…10&nbsp;µm Wellenlänge) erzeugt, die sich durch [[Kalibrierung]] in Form einer Farbskala an die Temperaturskala koppeln lässt. Links im Bild ist die Spiegelung der Strahlung des heißen Bechers zu erkennen.
Messfehler entstehen hierbei wie auch bei Pyrometern durch
Messfehler entstehen hierbei wie auch bei Pyrometern durch
* unterschiedliche bzw. unbekannte Emissionsgrade der Messobjekte
* unterschiedliche bzw. unbekannte Emissionsgrade der Messobjekte
* Reflexionen von Fremdstrahlung an glatten Oberflächen
* Reflexionen von Fremdstrahlung an glatten Oberflächen
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Bei Minimierung aller störenden Einflüsse sind Messgenauigkeiten bzw. Kontraste bis herab zu Temperaturdifferenzen von 0,01&nbsp;K möglich.
Bei Minimierung aller störenden Einflüsse sind Messgenauigkeiten bzw. Kontraste bis herab zu Temperaturdifferenzen von 0,01&nbsp;K möglich.


Die berührungslose Temperaturmessung anhand der Wärmestrahlung wird auch bei der [[Fernerkundung]] und zur Bestimmung der Oberflächentemperatur von [[Stern]]en angewendet, sofern die Eigenstrahlung der Lufthülle gering genug ist. IR-Teleskope sind deshalb nur auf hohen Bergen sinnvoll.
Die berührungslose Temperaturmessung anhand der Wärmestrahlung wird auch bei der [[Fernerkundung]] und zur Bestimmung der [[Sternoberfläche#Oberflächentemperatur|Oberflächentemperatur]] von [[Stern]]en angewendet, sofern die Eigenstrahlung der Lufthülle gering genug ist. IR-Teleskope sind deshalb nur auf hohen Bergen sinnvoll.


''Siehe hierzu auch [[Messgerät]]e, [[Messtechnik]], [[Messung]] und [[:Kategorie:Temperaturmessung|Kategorie Temperaturmessung]]''
''Siehe hierzu auch [[Messgerät]]e, [[Messtechnik]], [[Messung]] und [[:Kategorie:Temperaturmessung|Kategorie Temperaturmessung]]''
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== Temperaturskalen und ihre Einheiten ==
== Temperaturskalen und ihre Einheiten ==
=== Empirische Skalen ===
=== Empirische Skalen ===
Eine '''empirische Temperaturskala''' ist eine willkürliche Festlegung der Größenordnung der Temperatur und gestattet die Angabe der Temperatur in Bezug zu einem Vergleichswert.
Eine '''empirische Temperaturskala''' ist eine willkürliche Festlegung der Größenordnung der Temperatur und gestattet die Angabe der Temperatur in Bezug zu einem Vergleichswert.


Es gibt zwei Methoden, eine Skala zu definieren:
Es gibt zwei Methoden, eine Skala zu definieren:


Nach der ersten Methode werden zwei [[Fixpunkt (Mathematik)|Fixpunkte]] festgelegt. Diese Fixpunkte sind zweckmäßigerweise in der Natur vorkommende und durch Experimente reproduzierbare Werte. Der Abstand zwischen den Fixpunkten wird dann anhand einer temperaturabhängigen Stoff- oder Prozesseigenschaft gleichmäßig aufgeteilt: Z.&nbsp;B. wurde bei der Celsius-Skala die Volumenänderung von Quecksilber in 100 gleiche Teile geteilt, während die Fahrenheit-Skala sich auf die etwas anders verlaufende Volumenänderung von [[Ethanol|Alkohol]] bezieht.
Nach der ersten Methode werden zwei [[Fixpunkt (Mathematik)|Fixpunkte]] festgelegt. Diese Fixpunkte sind zweckmäßigerweise in der Natur vorkommende und durch Experimente reproduzierbare Werte. Der Abstand zwischen den Fixpunkten wird dann anhand einer temperaturabhängigen Stoff- oder Prozesseigenschaft gleichmäßig aufgeteilt. Eine Stoffeigenschaft ist z.&nbsp;B. der Schmelzpunkt von gefrorenem Wasser. Ein Beispiel für eine Prozesseigenschaft ist die Winkeländerung des Zeigers bei einem [[Bimetallthermometer]].
 
[[Anders Celsius]] wählte zum Beispiel für seine Skala den Siedepunkt und den [[Eispunkt|Schmelzpunkt]] von Wasser bei Normaldruck als Fixpunkte und teilte die Volumenänderung von Quecksilber zwischen diesen Punkten in 100 gleiche Teile auf (bei 0 siedete Wasser und bei 100 schmolz es; nach Anders' Tod wurde die Skala invertiert). [[Daniel Gabriel Fahrenheit|Daniel Fahrenheit]] wählte dagegen als Fixpunkte die Temperatur einer Kältemischung und die Körpertemperatur des Menschen. Dies sind beides Skalen basierend auf Stoffeigenschaften.
 
Bei der Methode nach der Prozesseigenschaft genügt ein Fixpunkt, der wie zuvor durch eine Stoffeigenschaft definiert wird, und zusätzlich eine temperaturabhängige Stoffeigenschaft. Man könnte z.&nbsp;B. eine bestimmte relative Volumenänderung von Quecksilber als „ein Grad“ definieren und dann, ausgehend vom Fixpunkt, Skalenstrich für Skalenstrich anzeichnen.


Bei der zweiten Methode genügt ein Fixpunkt, der wie zuvor durch eine Stoffeigenschaft (z.&nbsp;B. Schmelzpunkt des Eises) definiert wird. Nun muss der Abstand (Skalenstrich zu Skalenstrich) bzw. die Größe der Einheit festgelegt werden.<br />
Eine Idee für eine Skala nach der zweiten Methode stammt von [[Rudolf Plank]]. Sie orientiert sich an der Volumenänderung von Gasen bei konstantem Druck. Als Fixpunkt dient wieder der Schmelzpunkt von Wasser. Die Einheit ist der Temperaturunterschied, der einer Volumenänderung um den Faktor (1 + 1/273,15) entspricht. Eine solche logarithmische Temperaturskala erstreckt sich von minus Unendlich bis plus Unendlich. Es ist kein [[absoluter Nullpunkt]] erforderlich, der ja [[Nernst-Theorem|definitionsgemäß]] gar nicht erreicht werden kann.
Eine Methode, die sich trotz einiger Vorteile nicht etablieren konnte, orientiert sich an der Volumenänderung von Gasen bei konstantem Druck. Als Einheit wurde von [[Rudolf Plank]] der Temperaturunterschied vorgeschlagen, der einer Volumenänderung um den Faktor (1 + 1/273,15) entspricht. Eine solche logarithmische Temperaturskala erstreckt sich von minus Unendlich bis plus Unendlich. Es ist kein [[absoluter Nullpunkt]] erforderlich, dessen Bestimmung nicht exakt möglich ist.


Die bekanntesten Temperaturskalen mit ihren verschiedenen Charakteristika sind weiter unten tabellarisch dargestellt. Die heute gültige Temperaturskala ist die „International Temperature Scale of 1990“ ([[ITS-90]]).
Die bekanntesten Temperaturskalen mit ihren verschiedenen Charakteristika sind weiter unten tabellarisch dargestellt. Die heute gültige Temperaturskala ist die „International Temperature Scale of 1990“ ([[ITS-90]]). Die Festlegung der Einheiten über bestimmte spezifische Messpunkte ist im Mai 2019 aufgehoben worden, siehe Tabelle.


=== Skalen mit SI-Einheit ===
=== Skalen mit SI-Einheit ===
Die Einheit der '''thermodynamischen Temperatur''' ([[Formelzeichen]] <math>T</math>) ist das [[Kelvin]] mit dem [[Einheitenzeichen]]&nbsp;K. Das Kelvin ist eine [[Internationales Einheitensystem#SI-Basiseinheiten|SI-Basiseinheit]]. Es ist der 273,16te <!-- nicht mit dem Gefrierpunkt von Wasser verwechseln! --> Teil der thermodynamischen Temperatur des [[Tripelpunkt]]es von [[Wasser]], bei dem dessen [[Feststoff|feste]], [[Flüssigkeit|flüssige]] und [[gas]]förmige [[Phase (Materie)|Phase]] koexistieren. Der Nullpunkt der Kelvinskala liegt beim [[Absoluter Nullpunkt|absoluten Nullpunkt]]. Der Wert 273,16 ist so gewählt, weil der Tripelpunkt mit guter Näherung bei 0,01&nbsp;°C liegt und der absolute Nullpunkt bei −273,15&nbsp;°C.
Seit 1924 gilt die [[Absolute Temperatur#Thermodynamische Definition der Temperatur|Thermodynamische Definition der Temperatur]] mithilfe des [[2. Hauptsatz der Thermodynamik|2. Hauptsatzes]], die das Verhältnis zweier Temperaturen aus dem Verhältnis zweier Energien bestimmt. Die Existenz einer solchen absoluten und substanzunabhängigen Temperaturskala folgt aus dem [[Wirkungsgrad]] des [[Carnot-Prozess]]es. Denn für den Wirkungsgrad <math>\eta </math> jeder [[Wärmekraftmaschine]], die zwischen zwei Wärmereservoirs mit den Temperaturen <math>T_k</math> und <math>T_w</math> periodisch und reversibel arbeitet, gilt:
 
: <math>\eta = 1 - \frac{T_k}{T_w}</math>


Die '''Celsiustemperatur''' (Formelzeichen <math>t</math> oder auch <math>\vartheta</math>) gibt nach ihrer modernen Definition nicht mehr die ''empirische Temperatur'' der historischen Celsius-Skala an, sondern ist die thermodynamische Temperatur der
Der Nullpunkt der Skala liegt beim [[Absoluter Nullpunkt|absoluten Nullpunkt]], aber die Temperatureinheit (<math>1\; \mathrm K</math>) ist damit noch offen. Deren Größe wurde zunächst dadurch festgelegt, dass für die Temperatur eines wohldefinierten Zustands von Wasser ([[Tripelpunkt]]) ein Zahlenwert (273,16) gewählt wurde. Seit Mai 2019 ist die Temperatureinheit, jetzt wieder mit Rückgriff auf die Zustandsgleichung des idealen Gases, durch die zahlenmäßige Festlegung der [[Boltzmann-Konstante]] an die die Energieeinheit [[Joule]] angeschlossen: 1&nbsp;K'' ist diejenige Temperaturänderung, die die Energie <math>k_\mathrm{B}\,T</math> um ''{{ZahlExp|1,380649|-23}} J'' erhöht.''<ref name="SI">''Le système international d'unités [https://www.bipm.org/utils/common/pdf/si-brochure/SI-Brochure-9.pdf].'' 9e&nbsp;édition, 2019 (die sogenannte „SI-Broschüre“, französisch und englisch), S. 21 und 133.</ref>
Kelvin-Skala mit um 273,15 kleineren Zahlenwerten:
:<math>t/^\circ\mathrm C= T/\mathrm K-273{,}15</math>.
Die Einheit [[Grad Celsius]] (°C) ist eine [[Internationales Einheitensystem#Abgeleitete SI-Einheiten mit besonderem Namen|abgeleitete SI-Einheit]]. Das Grad Celsius ist identisch zum Kelvin. Temperaturdifferenzen werden in K angegeben; die Differenz zweier Celsiustemperaturen kann auch in °C angegeben werden.<ref>DIN 1301-1:2010 ''Einheiten – Einheitennamen, Einheitenzeichen''</ref><ref>DIN 1345:1993 ''Thermodynamik – Grundbegriffe''</ref> Der Zahlenwert ist in beiden Fällen gleich.


=== Skalen ohne SI-Einheit ===
Danach hat der [[Tripelpunkt]] von Wasser keine definierende Bedeutung mehr, sondern ist ein zu bestimmender Messwert.
In den [[Vereinigte Staaten|USA]] ist die Fahrenheit-Skala mit der Einheit [[Grad Fahrenheit]] (Einheitenzeichen:&nbsp;°F) immer noch sehr gebräuchlich. Die absolute Temperatur auf Fahrenheit-Basis wird mit [[Grad Rankine]] (Einheitenzeichen: °Ra) bezeichnet. Die Rankine-Skala hat den Nullpunkt wie die Kelvin-Skala beim absoluten Temperaturnullpunkt, im Gegensatz zu dieser jedoch die Skalenabstände der Fahrenheit-Skala.


{{Temperaturskalen}}
Die '''Celsiustemperatur''' (Formelzeichen <math>t</math> oder auch <math>\vartheta</math>) gibt nach ihrer modernen Definition nicht mehr die ''empirische Temperatur'' der historischen Celsius-Skala an, sondern ist die thermodynamische Temperatur der Kelvin-Skala, verschoben um 273,15&nbsp;K:
{{Temperaturumrechnung}}
{{Temperaturvergleich}}


== Temperaturbeispiele ==
:<math>\frac t{^\circ\mathrm C} = \frac T{\mathrm K} - 273{,}15</math>.


{{Hauptartikel|Größenordnung (Temperatur)}}
Die Einheit [[Grad Celsius]] (°C) ist eine [[Internationales Einheitensystem#Abgeleitete SI-Einheiten mit besonderem Namen|abgeleitete SI-Einheit]]. Für Temperaturdifferenzen ist das Grad Celsius identisch mit dem Kelvin. Temperaturdifferenzen sollen generell in K angegeben werden, wobei die Differenz zweier Celsiustemperaturen auch in °C angegeben werden kann.<ref>DIN 1301-1:2010 ''Einheiten – Einheitennamen, Einheitenzeichen''</ref><ref>DIN 1345:1993 ''Thermodynamik – Grundbegriffe''.</ref> Der Zahlenwert ist in beiden Fällen derselbe.


In der folgenden Tabelle, die nur einen groben Überblick geben soll, sind Beispiele einiger Temperaturen genannt. Spezifische Stoffwerte können Artikeln wie beispielsweise [[Siedepunkt]] und [[Schmelzpunkt]] entnommen werden.
=== Skalen ohne SI-Einheit ===


{| class="wikitable"
In den [[Vereinigte Staaten|USA]] ist die Fahrenheit-Skala mit der Einheit [[Grad Fahrenheit]] (Einheitenzeichen:&nbsp;°F) immer noch sehr gebräuchlich. Die absolute Temperatur auf Fahrenheit-Basis wird mit [[Grad Rankine]] (Einheitenzeichen: °Ra) bezeichnet. Die Rankine-Skala hat den Nullpunkt wie die Kelvin-Skala beim absoluten Temperaturnullpunkt, im Gegensatz zu dieser jedoch die Skalenabstände der Fahrenheit-Skala. Beide Skalen werden heute über eine per Definition exakte Umrechnungsformel zum Kelvin definiert.<ref>[https://www.nist.gov/pml/weights-and-measures/si-units-temperature NIST], ''SI Units Temperature,'' Fassung vom 5. Juni 2019.</ref>
|+Celsius-Temperaturen im Vergleich
 
|- class="hintergrundfarbe5" style="vertical-align:top;"
{{Temperaturskalen}}
! Temperatur in [[Grad Celsius|°C]]
<!-- {{Temperaturumrechnung}} ... zu viel des Guten --->
! Beschreibung/Beispiel
{{Temperaturvergleich}}
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Temperaturbeispiele siehe [[Größenordnung (Temperatur)]].
|align="right"| 1,4 × 10<sup>32</sup> || [[Planck-Einheiten#Definitionen|Plancktemperatur]], nach theoretischen Berechnungen die höchstmögliche Temperatur<ref>Wenn alle Teilchen eines [[Plasma (Physik)|Plasmas]] [[Lichtgeschwindigkeit]] haben, ist die maximal mögliche Temperatur erreicht, denn nach der [[Spezielle Relativitätstheorie|speziellen Relativitätstheorie]] gibt es keine höheren Geschwindigkeiten;<br>
[[Robert L. Wolke]]: ''Was Einstein seinem Frisör erzählte Naturwissenschaft im Alltag'', [[Piper Verlag]], 2. Auflage, München 2001, ISBN 3-492-04290-2, S. 138</ref>
|-
|align="right"| 150.000.000 || Temperatur des Plasmas in einem [[Kernfusionsreaktor]]
|-
|align="right"| 14.800.000 || Zentrum der [[Sonne]]
|-
|align="right"| 7.000 || [[Erdkern]]
|-
|align="right"| 5.500 || Oberfläche der [[Sonne]]
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|align="right"| 3.000 || Flamme eines [[Schweißgerät|Schweißbrenners]] ([[Ethin|Acetylen]]+Sauerstoff)
|-
|align="right"| 2.500 || [[Glühwendel]] von [[Glühlampe]]n
|-
|align="right"| 700 bis 1.250 || [[Magma]]
|-
|align="right"| 950 || Flamme eines [[Gasherd]]es
|-
|align="right"| 800 || [[Streichholz]]flamme
|-
|align="right"| über 400 || [[Pizza]]ofen ([[Holzofen]])
|-
|align="right"| ca. 230 || [[Bügeleisen]] (Einstellung: Leinen)
|-
|align="right"| '''100''' || [[Siedepunkt]] von Wasser bei [[Standardbedingungen|Normaldruck]]
|-
|align="right"| 36 bis 37 || [[Körpertemperatur]] eines gesunden Menschen
|-
|align="right"| '''0''' || [[Gefrierpunkt]] von Wasser bei [[Standardbedingungen|Normaldruck]]
|-
|align="right"| −78,5 || [[Sublimation (Phasenübergang)|Sublimation]] von [[Trockeneis]] bei [[Standardbedingungen|Normaldruck]]
|-
|align="right"| −195,8 || Siedepunkt von [[Flüssigstickstoff]] bei [[Standardbedingungen|Normaldruck]]
|-
|align="right"| −270,4 || Temperatur des Weltalls ([[Hintergrundstrahlung]])
|-
|align="right"| −273,15 || [[absoluter Nullpunkt]]
|}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Temperature|Temperatur}}
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{{Wiktionary}}
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* [https://www.cik-solutions.com/de/lexikon/ Information rund um die Temperatur]
* [https://www.cik-solutions.com/de/lexikon/ Information rund um die Temperatur]
* [http://www.its-90.com/ The International Temperature Scale of 1990 – engl.]
* [http://www.its-90.com/ The International Temperature Scale of 1990 – engl.]
== Anmerkungen ==
<references group="Anm." />


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Aktuelle Version vom 3. Februar 2022, 11:42 Uhr

Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Temperatur (Begriffsklärung) aufgeführt.
Physikalische Größe
Name Thermodynamische Temperatur
Formelzeichen T (für Angaben in Kelvin)
ϑ,t (für Angaben in Grad Celsius)
Größen- und
Einheitensystem
Einheit Dimension
SI K, °C Θ
Planck Planck-Temperatur Θ

Die Temperatur ist eine Zustandsgröße von zentraler Bedeutung bei der makroskopischen Beschreibung physikalischer und chemischer Zustände und Prozesse in Wissenschaft, Technik und Umwelt. Die Temperatur ist ein objektives Maß dafür, wie warm oder kalt ein Gegenstand ist. Sie wird mit einem Thermometer gemessen. Ihre SI-Einheit ist das Kelvin mit dem Einheitenzeichen K. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die Einheit Grad Celsius (°C) ebenfalls zulässig. Die gemessene Temperatur kann sich zuweilen erheblich von der gefühlten Temperatur unterscheiden.

Bringt man zwei Körper mit unterschiedlichen Temperaturen in thermischen Kontakt, findet Wärmeübertragung statt. Die Wärme fließt dabei stets vom heißeren zum kälteren Körper. Dadurch nimmt die Temperaturdifferenz so lange ab, bis sich die beiden Temperaturen einander angeglichen haben. Wenn die Temperaturen gleich sind, herrscht thermisches Gleichgewicht, in dem kein Wärmeaustausch mehr stattfindet.

Die mikroskopische Deutung der Temperatur ergibt sich in der statistischen Physik, die davon ausgeht, dass jeder materielle Stoff aus vielen Teilchen zusammengesetzt ist (meist Atome oder Moleküle), die sich in ständiger ungeordneter Bewegung befinden und eine Energie haben, die sich aus kinetischer, potentieller sowie gegebenenfalls auch innerer Anregungsenergie zusammensetzt. Eine Erhöhung der Temperatur verursacht eine Erhöhung der durchschnittlichen Energie der Teilchen. Im Zustand des thermischen Gleichgewichts verteilen sich die Energiewerte der einzelnen Teilchen statistisch gemäß einer Häufigkeitsverteilung, deren Form durch die Temperatur bestimmt wird (siehe – je nach Art der Teilchen – Boltzmann-Statistik, Fermi-Dirac-Statistik, Bose-Einstein-Statistik). Dieses Bild ist auch anwendbar, wenn es sich nicht um ein System materieller Teilchen, sondern um Photonen handelt (siehe Wärmestrahlung).

Im idealen Gas ist die gesamte innere Energie allein durch die kinetische Energie aller Teilchen gegeben, wobei der Durchschnittswert pro Teilchen proportional zur Absoluten Temperatur ist. Die Temperatureinheit Kelvin ist durch Festlegung des Proportionalitätsfaktors definiert und damit direkt an die Energieeinheit Joule angebunden. Vor der Revision des Internationalen Einheitensystems (SI) von 2019 war das Kelvin noch separat definiert.

Die Temperatur ist eine intensive Zustandsgröße. Das bedeutet, dass sie ihren Wert beibehält, wenn man den betrachteten Körper teilt. Dagegen hat die Innere Energie als extensive Größe die Eigenschaften einer Menge, die aufgeteilt werden kann.

Physikalische Grundlagen

Überblick

Alle Gase, Flüssigkeiten und festen Stoffe bestehen aus sehr kleinen Teilchen, den Atomen und Molekülen. Diese befinden sich in ständiger ungeordneter Bewegung und zwischen ihnen wirken Kräfte. Mit „ungeordnet“ meint man in diesem Zusammenhang, dass z. B. die Geschwindigkeitsvektoren der Teilchen eines Körpers, dessen Massenmittelpunkt ruht, gleichmäßig über alle Richtungen verteilt sind und sich auch in ihren Beträgen unterscheiden. Der Mittelwert der Geschwindigkeitsbeträge hängt von der Art des Stoffes, vom Aggregatzustand und vor allem von der Temperatur ab. Für gasförmige, flüssige und feste Körper gilt: Je höher die Temperatur des Körpers ist, desto größer ist die mittlere Geschwindigkeit seiner Teilchen. Allgemein gilt dies auch für alle anderen Energieformen, in denen die Teilchen in ungeordneter Weise Energie besitzen können, z. B. Drehbewegungen, Schwingungen (dazu zählen im Kristallgitter der festen Körper auch Gitterschwingungen der Teilchen um ihre Ruhelage). Dieser anschauliche Zusammenhang legt schon nahe, dass es eine tiefste mögliche Temperatur gibt, den absoluten Nullpunkt, an dem sich die kleinsten Teilchen nicht stärker bewegen, als es aufgrund der Unschärferelation unvermeidlich ist (Nullpunktsenergie).

Eine bestimmte Temperatur, die im ganzen System einheitlich gilt, existiert nur, wenn das System im Zustand des thermischen Gleichgewichts ist. Systeme, die nicht im Gleichgewichtszustand sind, bestehen oft aus Teilsystemen mit jeweils eigenen Temperaturen, z. B. Leitungswasser und Eiswürfel in einem Glas, oder die Elektronen und Ionen in einem Nichtgleichgewichts-Plasma, oder die Freiheitsgrade jeweils für Translation, Rotation oder Vibration in einem expandierenden Molekülstrahl. Besteht zwischen den Teilsystemen die Möglichkeit eines Energieaustauschs in Form eines thermischen Kontakts, dann strebt das Gesamtsystem durch Wärmeaustausch zwischen den Teilsystemen von selbst dem Zustand des thermischen Gleichgewichts zu.

In theoretischer Hinsicht wird die Temperatur als grundlegender Begriff durch die Eigenschaft eingeführt, dass zwei beliebige Systeme, die mit einem dritten System im thermischen Gleichgewicht stehen, dann auch untereinander im thermischen Gleichgewicht stehen. Diese Tatsache wird auch als Nullter Hauptsatz der Thermodynamik bezeichnet. Gleichheit der Temperaturen bedeutet thermisches Gleichgewicht, d. h., es findet, auch bei thermischem Kontakt, kein Wärmeaustausch statt. Dass eine einzige Zustandsgröße wie die Temperatur für die Entscheidung ausreicht, ob Gleichgewicht vorliegt oder nicht, kann aus dem nullten Hauptsatz hergeleitet werden.[1]

Die Summe aller Energien der ungeordneten Bewegungen der Teilchen eines Systems und ihrer internen potentiellen und kinetischen Energien stellt eine bestimmte Menge an Energie dar, die als Innere Energie des Systems bezeichnet wird. Die innere Energie kann mittels einer Wärmekraftmaschine zum Teil in eine geordnete Bewegung übergeführt werden und dann Arbeit leisten, wenn ein zweites System mit tieferer Temperatur zur Verfügung steht. Denn nur ein Teil der inneren Energie ist zur Umwandlung in Arbeit nutzbar, während der Rest als Abwärme an das zweite System abgegeben werden muss. Nach dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik gibt es für diese Abwärme eine untere Schranke, die nur vom Verhältnis beider Temperaturen bestimmt ist, also durch keine Wahl der Stoffe oder der genutzten Prozesse unterschritten werden kann. Dies wurde 1848 von Lord Kelvin bemerkt und seit 1924 zur Definition der thermodynamischen Temperatur genutzt. Zum selben Ergebnis kommt man, wenn man die Zustandsgröße Entropie als Funktion der inneren Energie ausdrückt und hiervon die Ableitung bildet.

Fast alle physikalischen und chemischen Eigenschaften von Stoffen sind (zumindest schwach) von der Temperatur abhängig. Beispiele sind die thermische Ausdehnung von Stoffen, der elektrische Widerstand, die Löslichkeit von Stoffen in Lösungsmitteln, die Schallgeschwindigkeit oder Druck und Dichte von Gasen. Sprunghafte Veränderungen von Stoffeigenschaften treten hingegen auch bei kleinsten Veränderungen der Temperatur ein, wenn der Aggregatzustand sich ändert oder ein anderer Phasenübergang eintritt.

Die Temperatur beeinflusst auch die Reaktionsgeschwindigkeit von chemischen Prozessen, indem diese sich je 10 °C Temperaturerhöhung typischerweise etwa verdoppelt (van-’t-Hoff’sche Regel). Das gilt damit auch für die Stoffwechselprozesse von Lebewesen.

Ideales Gas

Das ideale Gas ist ein Modellgas, das sich gut dafür eignet, die Grundlagen der Thermodynamik und Eigenschaften der Temperatur zu entwickeln. Dem Modell zufolge sind die Teilchen des Gases punktförmig, können aber dennoch elastisch gegeneinander und gegen die Gefäßwand stoßen. Ansonsten gibt es keine Wechselwirkung zwischen den Teilchen. Das ideale Gas gibt das Verhalten der einatomigen Edelgase sehr gut wieder, gilt aber auch in guter Näherung für die normale Luft, obwohl mehratomige Moleküle rotieren oder vibrieren können und daher nicht immer als punktförmige Objekte ohne innere Freiheitsgrade vereinfacht werden können.

Für das ideale Gas ist die Temperatur T proportional zur mittleren kinetischen Energie Ekin der Teilchen

Ekin=32kBT

wobei kB die Boltzmann-Konstante ist. In diesem Fall ist also die makroskopische Größe Temperatur auf sehr einfache Weise mit mikroskopischen Teilcheneigenschaften verknüpft. Mit der Teilchenzahl N multipliziert, ergibt sich die Gesamtenergie des Gases. Außerdem gilt für das ideale Gas die thermische Zustandsgleichung, die die makroskopischen Größen Temperatur, Volumen V und Druck p verknüpft,

pV=NkBT.

Diese Gleichung wurde 2019 im Internationalen Einheitensystem zur Definitionsgleichung der Temperatur gemacht, weil sie mit der gleichzeitigen zahlenmäßigen Festlegung des Wertes der Boltzmann-Konstante außer T nur messbare Größen enthält. In der Messvorschrift ist berücksichtigt, dass diese Gleichung für ein reales Gas nur näherungsweise erfüllt ist, im Grenzfall p0 aber exakt gilt.

Da die Größen Ekin, p, V nicht negativ werden können, kann man an diesen Gleichungen sehen, dass es einen absoluten Temperaturnullpunkt T=0K (=273,15C) geben muss, bei dem sich die Gasteilchen nicht mehr bewegen würden, und Druck oder Volumen des Gases Null wären. Den absoluten Nullpunkt der Temperatur gibt es wirklich, obwohl diese Herleitung nicht stichhaltig ist, weil es keinen Stoff gibt, der bis T=0K gasförmig bliebe. Immerhin aber ist Helium unter Atmosphärendruck noch bei Temperaturen von wenigen K ein fast ideales Gas.

Temperatur, Wärme und thermische Energie

Manchmal werden die Größen Temperatur, Wärme und thermische Energie miteinander verwechselt. Es handelt sich jedoch um verschiedene Größen. Die Temperatur und die thermische Energie beschreiben den Zustand eines Systems, wobei die Temperatur eine intensive Größe ist, die thermische Energie (die verschiedene Bedeutungen haben kann) jedoch oftmals eine extensive Größe. Bei idealen Gasen ist die Temperatur ein direktes Maß für den Mittelwert der kinetischen Energie der Teilchen. Die thermische Energie in ihrer makroskopischen Bedeutung ist gleich der inneren Energie, also der die Summe aller kinetischen, potentiellen und Anregungs-Energien der Teilchen.

Wärme hingegen charakterisiert als physikalischer Begriff nicht einen einzelnen Systemzustand, sondern einen Prozess, der von einem Systemzustand zu einem anderen führt. Wärme ist die dabei erfolgte Änderung der inneren Energie abzüglich der eventuell geleisteten Arbeit (siehe Erster Hauptsatz der Thermodynamik). Geht man umgekehrt von einer bestimmten Menge abgegebener oder aufgenommener Wärme aus, dann kann der Prozess je nach der Prozessführung (z. B. isobar, isochor oder isotherm) zu unterschiedlichen Endzuständen mit unterschiedlichen Temperaturen führen.

Temperaturausgleich

Stehen zwei Systeme mit unterschiedlichen Temperaturen T1,T2 in einer Verbindung, die den Wärmeübertrag ermöglicht (thermischer Kontakt oder diabatische Verbindung), dann fließt Wärme vom heißeren zum kälteren System und beide Temperaturen nähern sich derselben Gleichgewichtstemperatur TG an. Wenn dabei keine Phasenübergänge oder chemische Reaktionen stattfinden, liegt TG zwischen den Anfangstemperaturen. TG ist dann ein gewichtetes Mittel aus T1 und T2, wobei die Wärmekapazitäten C1,C2 der beiden Systeme (sofern diese hinreichend konstant sind) als Gewichtsfaktoren wirken. Das gleiche Endergebnis tritt auch ein, wenn zwei Flüssigkeiten oder zwei Gase miteinander vermischt werden (Mischungstemperatur), z. B. heißes und kaltes Wasser. Treten Phasenübergänge auf, kann die Gleichgewichtstemperatur auch gleich einer der beiden Anfangstemperaturen sein, z. B. 0 °C beim Abkühlen eines warmen Getränks mit unnötig vielen Eiswürfeln von 0 °C. Bei chemischen Reaktionen kann die Endtemperatur auch außerhalb des Bereichs [T1,T2] liegen, z. B. bei Kältemischungen darunter, bei Verbrennung darüber.

Temperatur in der Relativitätstheorie

Ein thermodynamisches Gleichgewicht gilt zunächst im gemeinsamen Ruhesystem beider Körper. Im Sinne der speziellen Relativitätstheorie ist ein System im thermodynamischen Gleichgewicht daher außer durch die Temperatur auch durch ein Ruhesystem charakterisiert. Thermodynamische Gleichungen sind aber nicht invariant unter Lorentztransformationen. Eine konkrete Frage wäre z. B., welche Temperatur von einem bewegten Beobachter gemessen wird. Die Rotverschiebung der Wärmestrahlung etwa verschiebt die Frequenzen im Planckschen Strahlungsgesetz im Verhältnis v/c und lässt damit einen strahlenden Körper kälter erscheinen, wenn man sich mit Geschwindigkeit v von ihm weg bewegt. Im Prinzip tritt das gleiche Problem auch schon auf, wenn heißes Wasser durch ein zunächst kaltes Rohr strömt.

Die Temperatur wird als zeitartiger Vierervektor dargestellt. Im Ruhesystem sind also die drei Ortskoordinaten 0 und die Zeitkoordinate ist die übliche Temperatur. Zu einem bewegten System muss man mittels der Lorentz-Transformation umrechnen. Es ist allerdings im Kontext der Zustandsgleichungen günstiger und daher auch üblicher, die inverse Temperatur, genauer β=1kBT, als zeitartigen Vierervektor darzustellen.

Zur Begründung betrachte man den 1. Hauptsatz, für reversible Prozesse in der Form[Anm. 1]

dS=1TdU+1TPdV,

und beachte, dass die Energie eines bewegten Systems um die kinetische Energie größer ist als seine innere Energie U, bei v/c1 also näherungsweise

E=U+Mv22

wobei v die dreidimensionale Geschwindigkeit ist. Daher ist

dU=dEvdv und
dS=1TdE1Tvdv+1TPdV,

in 4-dimensionaler Schreibweise also gleich

dS=θμdpμ+1TPdV,

wenn pμ=(E/c,p) (mit dem räumlichen Impulsvektor p) der Viererimpuls und θμ=(c/T,v/T) die inverse Vierertemperatur ist.

In der allgemeinen Relativitätstheorie ist die Raumzeit gekrümmt, so dass im Allgemeinen der thermodynamische Limes nicht wohldefiniert ist. Wenn die Metrik der Raumzeit zeitunabhängig, also statisch, ist, kann allerdings ein globaler Temperaturbegriff definiert werden. Im allgemeinen Fall einer zeitabhängigen Metrik, wie sie beispielsweise Grundlage der Beschreibung des expandierenden Universums ist, können Zustandsgrößen wie die Temperatur nur lokal definiert werden. Ein verbreitetes Kriterium dafür, dass ein System zumindest lokal thermisch ist, ist, dass die Phasenraumdichte die Boltzmann-Gleichung ohne Streuung erfüllt.

Temperatur in der Quantenphysik

Im Bereich der Quantenphysik kann man die Temperatur nur dann, wenn sie „genügend hoch“ ist, mit einer ungeordneten Teilchenbewegung beschreiben, in der alle möglichen Energieformen vorkommen. „Genügend hoch“ bedeutet dabei, dass die Energie kBT groß ist gegenüber den typischen Abständen der Energieniveaus der einzelnen Teilchen im gegebenen System. Beispielsweise muss die Temperatur weit über 1000 K sein, damit bei zweiatomigen Gasen wie N2, O2 die Molekülschwingungen mit angeregt werden. Bei H2-Molekülen erfordert auch die Anregung der Rotation Temperaturen über einigen 100 K. Freiheitsgrade, die bei tieferen Temperaturen nicht an der Wärmebewegung teilnehmen, werden als eingefroren bezeichnet, siehe auch Freiheitsgrad#Thermodynamik und statistische Mechanik. Das drückt sich z. B. deutlich in der Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärme aus.

Die theoretische Behandlung der Thermodynamik erfolgt in der Quantenphysik ausschließlich mit den Methoden der Statistischen Physik (siehe Quantenstatistik, Vielteilchentheorie). Darin tritt die Temperatur genau wie in der klassischen statistischen Physik im Exponenten der Boltzmann-Verteilung auf und bestimmt damit die Form der Häufigkeitsverteilung, mit der die Teilchen die verschiedenen Energiezustände einnehmen.

Temperaturempfinden und Wärmeübertragung

Stehen zwei Körper unterschiedlicher Temperatur in Wärmekontakt, so wird nach dem nullten Hauptsatz der Thermodynamik solange Energie vom wärmeren zum kälteren Körper übertragen, bis beide die gleiche Temperatur angenommen haben und damit im thermischen Gleichgewicht stehen. Dabei kann es zwischen den beiden Seiten der Grenzfläche zunächst Temperatursprünge geben. Es gibt drei Möglichkeiten der Wärmeübertragung:

  1. Wärmeleitung
  2. Konvektion
  3. Wärmestrahlung

Der Mensch kann mit der Haut nur Temperaturen im Bereich zwischen etwa 5 °C und 40 °C fühlen. Dabei wird genau genommen nicht die Temperatur eines berührten Gegenstands wahrgenommen, sondern die Temperatur am Ort der in der Haut liegenden Thermorezeptoren, die je nach Stärke des Wärmestroms durch die Hautoberfläche variiert (gefühlte Temperatur). Dieses hat für das Temperaturempfinden einige Konsequenzen:

  • Temperaturen oberhalb der Oberflächentemperatur der Haut fühlen sich warm an, solche unterhalb empfinden wir als kalt
  • Materialien mit hoher Wärmeleitfähigkeit, wie Metalle, führen zu höheren Wärmeströmen und fühlen sich deshalb wärmer beziehungsweise kälter an als Materialien mit niedrigerer Wärmeleitfähigkeit, wie Holz oder Polystyrol
  • Die gefühlte Lufttemperatur ist bei Wind niedriger als bei Windstille (bei extrem heißem Wetter umgekehrt). Der Effekt wird bei Temperaturen < 10 °C durch den Windchill und bei höheren Temperaturen durch den Hitzeindex beschrieben.
  • Ein leicht beheizter, gefliester Fußboden kann mit den nackten Füßen als angenehm warm, mit den Händen berührt hingegen als kühl empfunden werden. Dies ist der Fall, wenn die Hauttemperatur an Händen höher ist als an den Füßen und die Temperatur des Fußbodens dazwischen liegt.
  • Die Hautempfindung kann Lufttemperatur von überlagerter Wärmestrahlung nicht unterscheiden. Das Gleiche gilt im Allgemeinen für Thermometer; deshalb müssen z. B. Lufttemperaturen immer im Schatten gemessen werden
  • Lauwarmes Wasser wird von den beiden Händen als unterschiedlich wahrgenommen, wenn man sie vorher eine Zeitlang in heißes bzw. kaltes Wasser gehalten hatte.

Genau genommen gilt dieses nicht nur für das menschliche Empfinden. Auch in vielen technischen Zusammenhängen ist nicht die Temperatur entscheidend, sondern der Wärmestrom. Zum Beispiel hat die Atmosphäre der Erde in einem Bereich oberhalb 1000 km Temperaturen von mehr als 1000 °C; dennoch verglühen dort keine Satelliten, denn auf Grund der geringen Teilchendichte ist der Energieübertrag minimal.

Definitionen der Temperatur

Der Temperaturbegriff entwickelte sich erst spät, nicht nur weil eine klare konzeptuelle Trennung zwischen Temperatur als intensiver Meßgröße und Wärme als extensiver Größe fehlte, sondern auch weil es bis in die Frühe Neuzeit hinein keine Instrumente gab, mit denen man die Temperatur (den Grad von Wärme) hätte messen können.[2][3]

Die formalen Eigenschaften der Temperatur werden in der makroskopischen klassischen Thermodynamik behandelt. Die Temperatur leitet sich von den beiden Zustandsgrößen Innere Energie U und Entropie S ab:

T=dUdS

Beim idealen Gas z. B. erfüllt die durch die Zustandsgleichung definierte Gastemperatur T=pVNkB diese Bedingung.

Die statistische Interpretation der Entropie lautet nach Boltzmann:

S=kBlnΩ

und daher die der Temperatur:

T=1kB(lnΩU)1

Hierbei bedeuten:

  • S die Entropie
  • U die innere Energie
  • Ω die geglättete, gemittelte Kurve über ω, das angibt auf wie viele Möglichkeiten sich die Energie U im System verteilen kann; zerlegt in kleinstmögliche Energiepakete (siehe Quant).
  • kB die Boltzmann-Konstante

Die gleiche physikalische Größe T ergibt sich, wenn die wahrscheinlichste Verteilung der Teilchen eines (klassischen) Systems über die verschiedenen möglichen Energien aller möglichen Zustände eines einzelnen Teilchens bestimmt wird. Die Zustände zu einer gegebenen Energie E sind mit einer Wahrscheinlichkeit W besetzt, die proportional zum Boltzmann-Faktor eEkBT ist.

Aus dieser Boltzmann-Verteilung folgen u. a. die Maxwell-Boltzmann-Verteilung der Molekülgeschwindigkeiten in einem Gas sowie der Gleichverteilungssatz der Energie über alle Freiheitsgrade der Teilchen.

Negative Temperaturen

Der Temperaturbegriff lässt sich erweitern, so dass sich auch negative Temperaturen definieren lassen.[4][5]

Ein System, das makroskopisch im thermischen Gleichgewicht erscheint, also eine einheitliche Temperatur hat, besteht mikroskopisch gesehen aus Teilchen, die nicht alle die gleiche Energie haben. Tatsächlich tauschen diese Teilchen durch Stöße ständig untereinander Energie aus, so dass sie auf Zustände mit unterschiedlichen Energien verteilt sind (Boltzmann-Statistik) und sich z. B. eine Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung einstellt. Wie eingangs bereits beschrieben, bemisst die Temperatur die über alle Teilchen gemittelte Energie. Diese Verteilung ist nicht gleichmäßig, sondern häuft sich (bei positiven Temperaturen) bei geringen Energien, während nur wenige Teilchen sehr viel Energie haben. Zu steigenden Energien hin zeigt sich eine exponentielle Abnahme der Häufigkeit. Erhöht man die Temperatur, so gleichen sich die unterschiedlichen Häufigkeiten immer mehr an, im hypothetischen Grenzfall der unendlichen Temperatur wären in jedem Energiezustand die gleiche Anzahl von Teilchen.

Die Erweiterung des Temperaturbegriffs geht nun davon aus, dass die Energieverteilung der Teilchen so geändert wird, dass die höheren Energieklassen stärker besetzt sein können als die niedrigen (Besetzungsumkehr, Inversion). Dies würde sich in der Gleichung der Boltzmann-Statistik formal als negative Temperatur ausdrücken.

Inzwischen ist es gelungen, entsprechende Gase mit negativer Temperatur unter Laborbedingungen herzustellen.[6][7] Ebenso kann man die Besetzungsinversion im aktiven Medium eines Lasers als Zustand negativer Temperatur auffassen.

Der Zustand negativer Temperatur ist allerdings instabil. Die Energie aus einem solchen System würde bei Kontakt mit einem Körper beliebiger positiver Temperatur an diesen abfließen. Insofern muss man also sagen, dass ein Körper mit negativer Temperatur heißer ist als jeder Körper mit positiver Temperatur.

Messung

Messung durch thermischen Kontakt

Temperaturmessung bei der Stahlschmelze

Die Temperaturmessung erfolgt hierbei mit Hilfe von Thermometern oder Temperatursensoren. Das Herstellen eines thermischen Kontaktes erfordert ausreichende Wärmeleitung, Konvektion oder ein Strahlungsgleichgewicht zwischen Messobjekt (Festkörper, Flüssigkeit, Gas) und Sensor. Die Messgenauigkeit kann z. B. durch nicht ausgeglichene Wärmestrahlungs-Bilanz, Luftbewegungen oder durch Wärmeableitung entlang des Sensors beeinträchtigt sein. Die Messgenauigkeit wird theoretisch durch die zufällige Brownsche Molekularbewegung begrenzt.

Die Temperaturerfassung durch Wärmekontakt kann in vier Methoden unterteilt werden:

  1. mechanische Erfassung durch Ausnutzen der unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Materialien mittels
    • Gas- oder Flüssigkeitsthermometer (z. B. traditionelle Quecksilber- oder Alkoholthermometer)
    • Bimetallthermometer
  2. Messen elektrischer Größen
    • Nutzung des temperaturabhängigen elektrischen Widerstandes von Leitern und Halbleitern: Kaltleiter (PTC) und Heißleiter (NTC), siehe auch Widerstandsthermometer
    • Thermoelemente liefern Spannungen, die von Temperaturdifferenzen abhängen.
    • Spezielle Halbleiterschaltungen nutzen die Bandlücke, um eine zur absoluten Temperatur proportionale Spannung zu erzeugen, siehe Bandabstandsreferenz.
  3. Zeit- bzw. Frequenzmessung
    • Die temperaturabhängige Differenzfrequenz verschieden geschnittener Schwingquarze ist langzeitstabil und mit hoher Auflösung zu messen.
    • Die temperaturabhängige Abklingrate der Fluoreszenz eines Leuchtstoffes kann über eine optische Faser gemessen werden.
    • Die faseroptische Temperaturmessung nutzt den Raman-Effekt in Lichtwellenleitern zur ortsaufgelösten Messung der absoluten Temperatur über die gesamte Länge der Faser.
  4. indirekte Messung über temperaturabhängige Zustandsänderungen von Materialien
    • Seger-Kegel (Formkörper, die ihre Festigkeit und dadurch ihre Kontur bei einer bestimmten Temperatur ändern)
    • Temperaturmessfarben (auch thermochromatische Farben; Farbumschlag bei einer bestimmten Temperatur)
    • Beobachten des Erweichens, Schmelzens, Glühens oder der Anlauffarben

Messung anhand der Wärmestrahlung

Thermografisches Bild eines heißen Kaffeebechers (Falschfarbendarstellung)

Die Temperatur einer Oberfläche kann berührungslos durch Messung der Wärmestrahlung bestimmt werden, sofern der Emissionsgrad und die Reflexion der Umgebungsstrahlung ausreichend genau bekannt sind. Die Messung erfolgt z. B. mit einem Pyrometer oder mit einer Thermografie-Kamera.

Je nach Temperatur kommen dabei verschiedene Wellenlängenbereiche in Frage (siehe hierzu Stefan-Boltzmann-Gesetz oder Wiensches Verschiebungsgesetz). Bei niedrigen Temperaturen kommen Bolometer, Mikrobolometer oder gekühlte Halbleiterdetektoren in Frage, bei hohen Temperaturen werden ungekühlte Fotodioden oder auch der visuelle Vergleich der Intensität und Farbe des Glühens angewendet (Wolframfaden-Pyrometer, Glühfarben).

Rechts ist eine Thermografie zu sehen; hierbei wird eine Falschfarbendarstellung der Strahlungsemission im Mittleren Infrarot (ca. 5…10 µm Wellenlänge) erzeugt, die sich durch Kalibrierung in Form einer Farbskala an die Temperaturskala koppeln lässt. Links im Bild ist die Spiegelung der Strahlung des heißen Bechers zu erkennen.

Messfehler entstehen hierbei wie auch bei Pyrometern durch

  • unterschiedliche bzw. unbekannte Emissionsgrade der Messobjekte
  • Reflexionen von Fremdstrahlung an glatten Oberflächen
  • Eigenstrahlung der Luft zwischen Objekt und Sensor

Bei Minimierung aller störenden Einflüsse sind Messgenauigkeiten bzw. Kontraste bis herab zu Temperaturdifferenzen von 0,01 K möglich.

Die berührungslose Temperaturmessung anhand der Wärmestrahlung wird auch bei der Fernerkundung und zur Bestimmung der Oberflächentemperatur von Sternen angewendet, sofern die Eigenstrahlung der Lufthülle gering genug ist. IR-Teleskope sind deshalb nur auf hohen Bergen sinnvoll.

Siehe hierzu auch Messgeräte, Messtechnik, Messung und Kategorie Temperaturmessung

Temperaturskalen und ihre Einheiten

Empirische Skalen

Eine empirische Temperaturskala ist eine willkürliche Festlegung der Größenordnung der Temperatur und gestattet die Angabe der Temperatur in Bezug zu einem Vergleichswert.

Es gibt zwei Methoden, eine Skala zu definieren:

Nach der ersten Methode werden zwei Fixpunkte festgelegt. Diese Fixpunkte sind zweckmäßigerweise in der Natur vorkommende und durch Experimente reproduzierbare Werte. Der Abstand zwischen den Fixpunkten wird dann anhand einer temperaturabhängigen Stoff- oder Prozesseigenschaft gleichmäßig aufgeteilt. Eine Stoffeigenschaft ist z. B. der Schmelzpunkt von gefrorenem Wasser. Ein Beispiel für eine Prozesseigenschaft ist die Winkeländerung des Zeigers bei einem Bimetallthermometer.

Anders Celsius wählte zum Beispiel für seine Skala den Siedepunkt und den Schmelzpunkt von Wasser bei Normaldruck als Fixpunkte und teilte die Volumenänderung von Quecksilber zwischen diesen Punkten in 100 gleiche Teile auf (bei 0 siedete Wasser und bei 100 schmolz es; nach Anders' Tod wurde die Skala invertiert). Daniel Fahrenheit wählte dagegen als Fixpunkte die Temperatur einer Kältemischung und die Körpertemperatur des Menschen. Dies sind beides Skalen basierend auf Stoffeigenschaften.

Bei der Methode nach der Prozesseigenschaft genügt ein Fixpunkt, der wie zuvor durch eine Stoffeigenschaft definiert wird, und zusätzlich eine temperaturabhängige Stoffeigenschaft. Man könnte z. B. eine bestimmte relative Volumenänderung von Quecksilber als „ein Grad“ definieren und dann, ausgehend vom Fixpunkt, Skalenstrich für Skalenstrich anzeichnen.

Eine Idee für eine Skala nach der zweiten Methode stammt von Rudolf Plank. Sie orientiert sich an der Volumenänderung von Gasen bei konstantem Druck. Als Fixpunkt dient wieder der Schmelzpunkt von Wasser. Die Einheit ist der Temperaturunterschied, der einer Volumenänderung um den Faktor (1 + 1/273,15) entspricht. Eine solche logarithmische Temperaturskala erstreckt sich von minus Unendlich bis plus Unendlich. Es ist kein absoluter Nullpunkt erforderlich, der ja definitionsgemäß gar nicht erreicht werden kann.

Die bekanntesten Temperaturskalen mit ihren verschiedenen Charakteristika sind weiter unten tabellarisch dargestellt. Die heute gültige Temperaturskala ist die „International Temperature Scale of 1990“ (ITS-90). Die Festlegung der Einheiten über bestimmte spezifische Messpunkte ist im Mai 2019 aufgehoben worden, siehe Tabelle.

Skalen mit SI-Einheit

Seit 1924 gilt die Thermodynamische Definition der Temperatur mithilfe des 2. Hauptsatzes, die das Verhältnis zweier Temperaturen aus dem Verhältnis zweier Energien bestimmt. Die Existenz einer solchen absoluten und substanzunabhängigen Temperaturskala folgt aus dem Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses. Denn für den Wirkungsgrad η jeder Wärmekraftmaschine, die zwischen zwei Wärmereservoirs mit den Temperaturen Tk und Tw periodisch und reversibel arbeitet, gilt:

η=1TkTw

Der Nullpunkt der Skala liegt beim absoluten Nullpunkt, aber die Temperatureinheit (1K) ist damit noch offen. Deren Größe wurde zunächst dadurch festgelegt, dass für die Temperatur eines wohldefinierten Zustands von Wasser (Tripelpunkt) ein Zahlenwert (273,16) gewählt wurde. Seit Mai 2019 ist die Temperatureinheit, jetzt wieder mit Rückgriff auf die Zustandsgleichung des idealen Gases, durch die zahlenmäßige Festlegung der Boltzmann-Konstante an die die Energieeinheit Joule angeschlossen: 1 K ist diejenige Temperaturänderung, die die Energie kBT um 1.380649e-23 J erhöht.[8]

Danach hat der Tripelpunkt von Wasser keine definierende Bedeutung mehr, sondern ist ein zu bestimmender Messwert.

Die Celsiustemperatur (Formelzeichen t oder auch ϑ) gibt nach ihrer modernen Definition nicht mehr die empirische Temperatur der historischen Celsius-Skala an, sondern ist die thermodynamische Temperatur der Kelvin-Skala, verschoben um 273,15 K:

tC=TK273,15.

Die Einheit Grad Celsius (°C) ist eine abgeleitete SI-Einheit. Für Temperaturdifferenzen ist das Grad Celsius identisch mit dem Kelvin. Temperaturdifferenzen sollen generell in K angegeben werden, wobei die Differenz zweier Celsiustemperaturen auch in °C angegeben werden kann.[9][10] Der Zahlenwert ist in beiden Fällen derselbe.

Skalen ohne SI-Einheit

In den USA ist die Fahrenheit-Skala mit der Einheit Grad Fahrenheit (Einheitenzeichen: °F) immer noch sehr gebräuchlich. Die absolute Temperatur auf Fahrenheit-Basis wird mit Grad Rankine (Einheitenzeichen: °Ra) bezeichnet. Die Rankine-Skala hat den Nullpunkt wie die Kelvin-Skala beim absoluten Temperaturnullpunkt, im Gegensatz zu dieser jedoch die Skalenabstände der Fahrenheit-Skala. Beide Skalen werden heute über eine per Definition exakte Umrechnungsformel zum Kelvin definiert.[11]

Übersicht über die klassischen Temperaturskalen
Einheit Einheiten­zeichen unterer Fixpunkt F1 oberer Fixpunkt F2 Skalen­inter­vall Erfinder Ent­ste­hungs­jahr Verbrei­tungs­gebiet
Kelvin K T0 = 0 K TTri(H2O) = 273,16 K F2F1273,16 William Thomson Baron Kelvin 1848 weltweit (SI-Einheit) [Anm 1]
Grad Celsius °C TSchm(H2O) = 0 °C [Anm 2] TSied(H2O) = 100 °C [Anm 2] F2F1100 Anders Celsius 1742 weltweit
Grad Fahrenheit °F TKältem. = 0 °F [Anm 3] TMensch = 96 °F [Anm 3] F2F196 Daniel Fahrenheit 1714 USA
Grad Rankine °Ra, °R T0 = 0 °Ra 1Ra=def1F William Rankine 1859 USA
Grad Delisle °De, °D TSchm(H2O) = 150 °De TSied(H2O) = 0 °De F1F2150 Joseph-Nicolas Delisle 1732 Russland (19. Jhd.)
Grad Réaumur °Ré, °Re, °R TSchm(H2O) = 0 °Ré TSied(H2O) = 80 °Ré F2F180 René-Antoine Ferchault de Réaumur 1730 Westeuropa bis Ende 19. Jhd.
Grad Newton °N TSchm(H2O) = 0 °N TSied(H2O) = 33 °N F2F133 Isaac Newton ≈ 1700 keines
Grad Rømer °Rø TSchm(Lake) = 0 °Rø [Anm 4] TSied(H2O) = 60 °Rø F2F160 Ole Rømer 1701 keines

Anmerkungen zur Tabelle:
  1. Ursprünglich über Celsius-Skala definiert, ΔT = 1 K ≡ 1 °C.
  2. 2,0 2,1 Traditionelle Fixpunkte; ursprünglich umgekehrt (ähnlich wie Delisle-Skala); heute über Kelvin-Skala definiert, ΔT = 1 °C ≡ 1 K, also der 273,16-te Teil von TTri(H2O) = 0,01 °C.
  3. 3,0 3,1 Genutzt wurde die Temperatur einer Kältemischung von Eis, Wasser und Salmiak oder Seesalz (−17,8 °C) und die „Körpertemperatur eines gesunden Menschen“ (35,6 °C); heute über TSchm(H2O) = 32 °F und TSied(H2O) = 212 °F sowie ΔT = (F2−F1) / 180 definiert.
  4. Genutzt wurde die Schmelztemperatur einer Salzlake (−14,3 °C).
Ausgewählte Temperaturwerte in verschiedenen Einheiten
Messwert \ Einheit Grad Fahrenheit Grad Rankine Grad Réaumur Grad Celsius Kelvin
mittlere Oberflächentemperatur der Sonne 9 941 °F 10 400 °Ra 4 404 °R 5 505 °C 5 778 K
Schmelzpunkt von Eisen 2 795 °F 3 255 °Ra 1 228 °R 1 535 °C 1 808 K
Schmelzpunkt von Blei 621,43 °F 1081,10 °Ra 261,97 °R 327,46 °C 600,61 K
Siedepunkt von Wasser (bei Normaldruck) 212 °F 671,67 °Ra 80 °R 100 °C 373,15 K
höchste im Freien gemessene Lufttemperatur 136,04 °F 595,71 °Ra 46,24 °R 57,80 °C 330,95 K
Körpertemperatur des Menschen nach Fahrenheit 96 °F 555,67 °Ra 28,44 °R 35,56 °C 308,71 K
Tripelpunkt von Wasser 32,02 °F 491,69 °Ra 0,01 °R 0,01 °C 273,16 K
Gefrierpunkt von Wasser (bei Normaldruck) 32 °F 491,67 °Ra 0 °R 0 °C 273,15 K
tiefste Temperatur in Danzig, Winter 1708/09 0 °F 459,67 °Ra −14,22 °R −17,78 °C 255,37 K
Schmelzpunkt von Quecksilber −37,89 °F 421,78 °Ra −31,06 °R −38,83 °C 234,32 K
tiefste im Freien gemessene Lufttemperatur −128,56 °F 331,11 °Ra −71,36 °R −89,2 °C 183,95 K
Gefrierpunkt von Ethanol −173,92 °F 285,75 °Ra −91,52 °R −114,40 °C 158,75 K
Siedepunkt von Stickstoff −320,44 °F 139,23 °Ra −156,64 °R −195,80 °C 77,35 K
absoluter Nullpunkt −459,67 °F 0 °Ra −218,52 °R −273,15 °C 0 K
Anmerkung: Die grau hinterlegten Felder bezeichnen die traditionellen Fixpunkte zur Festsetzung der betreffenden Einheit.

Temperaturbeispiele siehe Größenordnung (Temperatur).

Weblinks

Commons: Temperatur – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Temperatur – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Anmerkungen

  1. Der Druck wird hier mit dem Symbol P bezeichnet, um Verwechslung mit dem Impuls zu vermeiden.

Einzelnachweise

  1. Max Born: Kritische Bemerkungen zur traditionellen Darstellung der Thermodynamik. In: Physikalische Zeitschrift. Band 22, 1921, S. 218–224.
  2. Meyer, Kirstine Bjerrum: Die Entwickelung des Temperaturbegriffs im Laufe der Zeiten sowie dessen Zusammenhang mit den wechselnden Vorstellungen über die Natur der Wärme. Vieweg, Braunschweig 1913.
  3. Middleton, W. E. Knowles: A History of the Thermometer and Its Uses in Meteorology. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1966.
  4. Bošnjaković, Knoche, „Technische Thermodynamik“, 8. Auflage 1998, Steinkopf-Verlag Darmstadt, ISBN 978-3-642-63818-3; Abschnitt 9.9 „Erweiterung des Temperaturbegriffs“.
  5. Klaus Goeke, „Statistik und Thermodynamik“, 1. Auflage 2010, Vieweg+Teubner Verlag / Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010, ISBN 978-3-8348-0942-1; Abschnitt 2.6.9 „Positive und negative Temperaturen“.
  6. S. Braun, J. P. Ronzheimer, M. Schreiber, S. S. Hodgman, T. Rom, I. Bloch, U. Schneider: Negative Absolute Temperature for Motional Degrees of Freedom. In: Science. Band 339, Nr. 6115, 4. Januar 2013, ISSN 0036-8075, S. 52–55, doi:10.1126/science.1227831.
  7. Siehe Beitrag in Spektrum der Wissenschaft 3/2013, ISSN 0170-2971, „Kälter als kalt und heißer als unendlich heiß“ von Olliver Morsch über die Ergebnisse von Bloch/Schneider vom Max-Planck Institut für Quantenoptik in Garching und der Ludwig-Maximilians-Universität München.
  8. Le système international d'unités [1]. 9e édition, 2019 (die sogenannte „SI-Broschüre“, französisch und englisch), S. 21 und 133.
  9. DIN 1301-1:2010 Einheiten – Einheitennamen, Einheitenzeichen
  10. DIN 1345:1993 Thermodynamik – Grundbegriffe.
  11. NIST, SI Units – Temperature, Fassung vom 5. Juni 2019.