Lokalität (Physik): Unterschied zwischen den Versionen

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'''Lokalität''' ist in der [[Physik]] die Eigenschaft einer Theorie, dass Vorgänge nur unmittelbare Auswirkungen auf ihre direkte räumliche Umgebung haben. '''Nichtlokalität''' lässt auch zu, Effekte mit [[Nahwirkung und Fernwirkung|Fernwirkungen]] vorherzusagen. Bei ''Nichtlokalität'' bzw. ''Lokalität'' geht es prinzipiell um die Frage, ob oder unter welchen Bedingungen ein Ereignis ein anderes Ereignis beeinflussen kann. (Unter [[Ereignis]] versteht man in der Physik einen beliebigen physikalischen Vorgang, der zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort stattfindet.) Die Beantwortung dieser Frage fällt in den unten ausgeführten physikalischen Theorien jeweils unterschiedlich aus.
'''Lokalität''' ist in der [[Physik]] die Eigenschaft einer Theorie, dass Vorgänge nur unmittelbare Auswirkungen auf ihre direkte räumliche Umgebung haben. '''Nichtlokalität''' lässt auch zu, Effekte mit [[Nahwirkung und Fernwirkung|Fernwirkungen]] vorherzusagen.
 
Bei ''Nichtlokalität'' und ''Lokalität'' geht es prinzipiell um die Frage, ob oder unter welchen Bedingungen ein [[Ereignis#Relativitätstheorie|Ereignis]] ein anderes Ereignis beeinflussen kann. Dabei versteht man in der Physik unter Ereignis einen beliebigen physikalischen Vorgang, der zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort stattfindet. Die Beantwortung jener Frage fällt in den unten ausgeführten physikalischen Theorien jeweils unterschiedlich aus.


== Lokalität in der Newtonschen Physik ==
== Lokalität in der Newtonschen Physik ==
In der [[Klassische Physik|klassischen Physik]] bzw. der [[Newtonsche Mechanik|newtonschen Mechanik]] wird die Fragestellung, wann sich welche Ereignisse beeinflussen können, nicht explizit untersucht, jedoch ergibt sich als direkte Folge der newtonschen Grundannahmen ([[absolute Zeit]], [[absoluter Raum]] usw.), dass prinzipiell jedes Ereignis jedes andere beeinflussen kann. Mit anderen Worten, es sind beliebige Fernwirkungen möglich.


In der [[Klassische Physik|klassischen Physik]] bzw. der [[Newtonsche_Mechanik|newtonschen Mechanik]] wird diese Fragestellung (nämlich wann welche Ereignisse sich beeinflussen können) nicht explizit untersucht, jedoch ergibt sich als direkte Folge der newtonschen Grundannahmen ([[absolute Zeit]], [[absoluter Raum]] usw.), dass prinzipiell jedes Ereignis jedes andere beeinflussen kann. Mit anderen Worten, es sind beliebige Fernwirkungen möglich.
Typisches Beispiel ist das (veraltete) klassisch-newtonsche Konzept der [[Gravitation]], nach dem sie beliebig fern und instantan wirkt.<ref>Inzwischen nimmt man an, dass die Wirkung der Gravitation sich ebenfalls mit der Lichtgeschwindigkeit ausbreitet.</ref>


Typisches Beispiel ist das (veraltete) klassisch-newtonsche Konzept der [[Gravitation]], in dem sie beliebig fern und instantan wirkt.<ref>Inzwischen nimmt man an, dass die Wirkung der Gravitation sich ebenfalls mit der Lichtgeschwindigkeit überträgt.</ref>
== Lokalität in der speziellen Relativitätstheorie ==
In [[Albert Einstein|Einsteins]] [[Spezielle Relativitätstheorie|spezieller Relativitätstheorie]] wurden die newtonschen Begriffe von Raum und Zeit modifiziert, sodass eine Neubeantwortung der obigen Fragestellung interessant wurde. Dabei hat sich gezeigt, dass es Ereignisse gibt, die sich prinzipiell nicht beeinflussen können. Das sind z.&nbsp;B. Paare von Ereignissen, die sich nicht durch die [[Weltlinie]] eines Lichtstrahls verbinden lassen, denn in der speziellen Relativitätstheorie wird die [[Lichtgeschwindigkeit]] als oberste Grenzgeschwindigkeit angesehen.


== Lokalität in der Speziellen Relativitätstheorie ==
''Beispiel:'' Ein Ereignis&nbsp;A, hier und jetzt auf der [[Erde]], und ein Ereignis&nbsp;B, das ein Jahr später auf [[Alpha Centauri]] stattfindet, können nicht durch einen Lichtstrahl verbunden sein, da Alpha Centauri vier [[Lichtjahr]]e entfernt liegt und der Lichtstrahl Alpha Centauri nach einem Jahr noch nicht erreicht hat. Da ein ''Einfluss'' –&nbsp;gleich welcher Art&nbsp;– nicht schneller als Licht sein kann, können sich A und&nbsp;B nicht gegenseitig beeinflussen. Physiker sprechen hierbei von einer ''raumartigen'' Trennung der Ereignisse&nbsp;A und&nbsp;B. Man sagt auch, dass das Ereignis&nbsp;B für das Ereignis&nbsp;A ''nicht-lokal'' ist (siehe auch [[Lichtkegel]]).


In der [[Spezielle Relativitätstheorie|Speziellen Relativitätstheorie]] [[Albert Einstein|Einsteins]] wurden die newtonschen Begriffe von Raum und Zeit modifiziert, so dass eine Neubeantwortung der obigen Fragestellung interessant wurde. Dabei hat sich gezeigt, dass es Ereignisse gibt, die sich prinzipiell nicht beeinflussen können. Das sind z.&nbsp;B. Paare von Ereignissen, die sich nicht durch einen Lichtstrahl verbinden lassen, denn in der Speziellen Relativitätstheorie wird die [[Lichtgeschwindigkeit]] als oberste Grenzgeschwindigkeit angesehen.
Es ist eine fundamentale Aussage der (speziellen) Relativitätstheorie, dass die [[Kausalität]], also die strenge Abfolge von Ursache und Wirkung, nur dann erhalten bleibt, wenn sich die Ereignisse&nbsp;A und&nbsp;B nicht gegenseitig beeinflussen können. Da man die Kausalität nicht aufgeben möchte, akzeptiert man eher das Vorhandensein von Ereignissen, die sich nicht beeinflussen können. Man formuliert daher in der speziellen Relativitätstheorie das ''Prinzip der Lokalität:'' Nur ''lokale'' Ereignisse können einen physikalischen Vorgang beeinflussen. In dieser Bedeutung gilt das Prinzip auch in relativistischen [[Quantenfeldtheorie]]n.
 
''Beispiel:'' Ein Ereignis A, hier und jetzt auf der [[Erde]], und ein Ereignis B, welches ein Jahr später auf [[Alpha Centauri]] stattfindet, können nicht durch einen Lichtstrahl verbunden sein, da Alpha Centauri vier [[Lichtjahr]]e entfernt liegt und der Lichtstrahl nach einem Jahr Alpha Centauri noch nicht erreicht hat. Da ein ''Einfluss'' – gleich welcher Art – nicht schneller als Licht sein kann, können sich A und B auch nicht gegenseitig beeinflussen.  Physiker sprechen hierbei von einer ''raumartigen'' Trennung der Ereignisse A und B. Man sagt auch, dass das Ereignis B für das Ereignis A ''nicht-lokal'' ist.
 
Es ist eine fundamentale Aussage der (Speziellen) Relativitätstheorie, dass die [[Kausalität]], also die strenge Abfolge von Ursache und Wirkung, nur dann erhalten bleibt, wenn sich die Ereignisse A und B nicht gegenseitig beeinflussen können. Da man die Kausalität nicht aufgeben möchte, akzeptiert man eher das Vorhandensein von Ereignissen, die sich nicht beeinflussen können. Man formuliert daher in der Speziellen Relativitätstheorie das ''Prinzip der Lokalität'': Nur ''lokale'' Ereignisse können einen physikalischen Vorgang beeinflussen. In dieser Bedeutung gilt das Prinzip auch in relativistischen Quantenfeldtheorien.


== Nichtlokalität der Quantentheorie ==
== Nichtlokalität der Quantentheorie ==
In der zunächst dominierenden [[Kopenhagener Deutung]] der [[Quantenmechanik]] sieht die Situation anders aus. Die Quantentheorie wurde einige Jahre nach der Relativitätstheorie im ersten Drittel des 20.&nbsp;Jahrhunderts formuliert. Sie wurde dabei gänzlich aus nicht-relativistischen Prinzipien aufgebaut; Fragen der Lokalität spielten zunächst keine Rolle.


In der zunächst dominierenden [[Kopenhagener Deutung]] der (nichtrelativistischen!) [[Quantenmechanik]] sieht die Situation anders aus. Die Quantentheorie wurde einige Jahre nach der Relativitätstheorie im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts formuliert. Die Quantentheorie wurde dabei gänzlich aus nicht-relativistischen Prinzipien aufgebaut; Fragen der Lokalität spielten zunächst keine Rolle.
Grundsätzlich besagt die Quantenmechanik, dass für die Verteilung der Ergebnisse einer [[Messung]] bestimmter physikalischer Größen ([[Messwert]]e“) lediglich Wahrscheinlichkeiten angegeben werden können. Ein typisches Beispiel ist die Verteilung der [[Aufenthaltswahrscheinlichkeit]] eines [[Elektron]]s im [[Atomorbital]]. Sie ist nirgends null, weder sehr nah am [[Atomkern]], noch in einer Entfernung von Lichtjahren (obgleich dort sehr niedrig bzw. fast null). Diese Aufenthalts-[[Wahrscheinlichkeitsverteilung]] wird durch das [[Betragsquadrat]] der [[Amplitude]] der [[Wellenfunktion]] beschrieben. Im Augenblick einer wirklichen Messung („Wo ist das Elektron jetzt?“) wird die Wahrscheinlichkeit am gefundenen Ort des Elektrons eins, überall sonst null. Dieser Übergang wird als [[Kollaps der Wellenfunktion]] bezeichnet.
 
Grundsätzlich besagt die Quantenmechanik, dass für die Verteilung der Ergebnisse einer [[Messung]] bestimmter physikalischer Größen ("[[Messwert]]e") lediglich Wahrscheinlichkeiten angegeben werden können. Ein typisches Beispiel ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsverteilung eines [[Elektron]]s im [[Atom]], im [[Atomorbital]]. Sie ist nirgends null, weder sehr nah am [[Atomkern]], noch in einer Entfernung von Lichtjahren (obgleich dort sehr niedrig bzw. fast null). Diese Aufenthalts-[[Wahrscheinlichkeitsverteilung]] wird durch das [[Betragsquadrat]] der Amplitude der [[Wellenfunktion]] beschrieben. Im Augenblick einer wirklichen Messung („Wo ist das Elektron jetzt?“) wird die Wahrscheinlichkeit am gefundenen Ort des Elektrons eins, überall sonst null. Dieser Übergang wird als [[Kollaps der Wellenfunktion]] bezeichnet.
 
Die Frage, auf die die Quantenmechanik nur implizit eine Antwort gibt, ist, ob der Kollaps der Wellenfunktion ''instantan'' (augenblicklich) erfolgt oder sich "nur" mit Lichtgeschwindigkeit fortpflanzt. Mit anderen Worten: Wenn eine Ortsmessung eines Elektrons auf der Erde erfolgt, wie schnell ändert die Wellenfunktion ihren Wert auf null auf Alpha Centauri? Sofort oder erst in vier Jahren? Die implizite Antwort der Quantentheorie heißt: Der Kollaps der Wellenfunktion erfolgt instantan, ist also ''nicht-lokal'' (impliziert daher Fernwirkungen). Genau diesen Umstand bezeichnet man als ''Quanten-Nichtlokalität''.


Diese sehr theoretischen Ausführungen kann man jedoch bereits mit so genannten [[Quantenverschränkung|verschränkten Paaren]] praktisch nachspielen, wo eine quantenmechanische Messung an einem Ort einen Kollaps der Wellenfunktion an einem anderen Ort nach sich zieht. Dabei zeigt sich, dass zwar der Kollaps der Wellenfunktion instantan erfolgt, jedoch keine echten Informationen übertragen werden können, sodass die Einstein-Kausalität dennoch erhalten bleibt. Diese Ergebnisse entsprechen der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik, die der Wellenfunktion keine unmittelbare physikalische Realität zuschreibt, sondern nur den [[Messergebnis]]sen. Der "Kollaps" der Wellenfunktion ist daher kein messbares Phänomen, das heißt: kein physikalisches Phänomen, das mit Lichtgeschwindigkeit "übertragen" werden müsste. Unser Wissen über die realisierte Möglichkeit des Messprozesses an einem Teil des verschränkten Paares schließt lediglich bestimmte  Messergebnisse an dem anderen Teil aus. Welche Messergebnisse ausgeschlossen sind, weiß man jedoch nur, wenn man das erste Messergebnis kennt. Diese Information muss klassisch, also unter Berücksichtigung von Lokalität, übertragen werden.  
Die Frage, auf die die Quantenmechanik nur implizit eine Antwort gibt, ist, ob der Kollaps der Wellenfunktion ''instantan'' (augenblicklich) erfolgt oder sich „nur“ mit Lichtgeschwindigkeit fortpflanzt. Mit anderen Worten: Wenn eine Ortsmessung eines Elektrons auf der Erde erfolgt, wie schnell ändert die Wellenfunktion ihren Wert auf null auf Alpha Centauri? Sofort oder erst in vier Jahren? Die implizite Antwort der Quantentheorie heißt: Der Kollaps der Wellenfunktion erfolgt instantan, ist also ''nicht-lokal'' (impliziert daher Fernwirkungen). Genau diesen Umstand bezeichnet man als ''Quanten-Nichtlokalität.'' Ein wichtiges Gedankenexperiment, das diese Thematik betrachtet, ist das [[Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon]].


Allerdings bietet diese sogenannte [[Quantenteleportation]] die Möglichkeit einer besonders sicheren [[Verschlüsselung]]: Wenn Sender und Empfänger jeweils einen Teil eines verschränkten Paares besitzen, so können sie einander verschlüsselte Botschaften zusenden, die prinzipiell von dritten nicht unbemerkt abgehört werden könnten ([[Quantenkryptografie]]). Allerdings gilt das nur für den Fall, dass der "Lauscher"  einen ''klassischen Messvorgang'' bei der Bestimmung des [[Zustand (Quantenmechanik)|Quantenzustands]] eines abgefangenen [[Teilchen]]s verwendet. Einer Gruppe von US-Wissenschaftlern des [[Massachusetts Institute of Technology]] gelang es im November 2006 in einer nach dem [[Quantenschlüsselaustausch#BB84-Protokoll|BB84-Protokoll]] verschlüsselten Nachricht bis zu 40&nbsp;% der Übertragung  unbemerkt abzuhören – allerdings in einer ''[[Simulation]]'' und unter [[Laborbedingungen]]. Die Resultate des Experimentes wurden am 25.&nbsp;April 2007 in der Fachzeitschrift ''[[Physical Review]]'' A veröffentlicht.<ref>Taehyun Kim, Ingo Stork genannt Wersborg, Franco N. C. Wong, Jeffrey H. Shapiro: Complete physical simulation of the entangling-probe attack on the BB84 protocol. ''[http://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevA.75.042327 Phys. Rev. A 75, 042327 (2007).] ''[http://arxiv.org/PS_cache/quant-ph/pdf/0611/0611235v1.pdf (PDF; 180&nbsp;kB).]</ref>
Diese theoretischen Ausführungen kann man jedoch bereits mit [[Quantenverschränkung|verschränkten Quantenpaaren]] praktisch nachspielen, wo eine quantenmechanische Messung an einem Ort einen Kollaps der Wellenfunktion an einem anderen Ort nach sich zieht. Dabei zeigt sich, dass zwar der Kollaps der Wellenfunktion instantan erfolgt, jedoch keine echten Informationen übertragen werden können, sodass die Einstein-Kausalität dennoch erhalten bleibt. Diese Ergebnisse entsprechen der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik, die der Wellenfunktion keine unmittelbare physikalische Realität zuschreibt, sondern nur den [[Messergebnis]]sen. Der „Kollaps“ der Wellenfunktion ist daher kein messbares Phänomen, d.&nbsp;h. kein physikalisches Phänomen, das mit Lichtgeschwindigkeit „übertragen“ werden müsste. Unser Wissen über die realisierte Möglichkeit des Messprozesses an einem Teil des verschränkten Paares schließt lediglich bestimmte Messergebnisse an dem anderen Teil aus. Welche Messergebnisse ausgeschlossen sind, weiß man jedoch nur, wenn man das erste Messergebnis kennt. Diese Information muss klassisch, also unter Berücksichtigung von Lokalität, übertragen werden.


== Siehe auch ==
Allerdings bietet diese [[Quantenteleportation]] die Möglichkeit einer besonders sicheren [[Verschlüsselung]]: Wenn Sender und Empfänger jeweils einen Teil eines verschränkten Paares besitzen, so können sie einander verschlüsselte Botschaften zusenden, die prinzipiell von Dritten nicht unbemerkt abgehört werden könnten ([[Quantenkryptografie]]). Allerdings gilt das nur für den Fall, dass der „Lauscher“ einen ''klassischen Messvorgang'' bei der Bestimmung des [[Zustand (Quantenmechanik)|Quantenzustands]] eines abgefangenen [[Teilchen]]s verwendet. Einer Gruppe von US-Wissenschaftlern des [[Massachusetts Institute of Technology]] gelang es im November&nbsp;2006 in einer nach dem [[Quantenschlüsselaustausch#BB84-Protokoll|BB84-Protokoll]] verschlüsselten Nachricht bis zu 40 % der Übertragung unbemerkt abzuhören&nbsp;– allerdings in einer [[Simulation]] und unter [[Laborbedingungen]].<ref>Taehyun Kim, Ingo Stork genannt Wersborg, Franco N. C. Wong, Jeffrey H. Shapiro: ''Complete physical simulation of the entangling-probe attack on the BB84 protocol.'' [http://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevA.75.042327 Phys. Rev. A 75, 042327 (2007).] [http://arxiv.org/PS_cache/quant-ph/pdf/0611/0611235v1.pdf (PDF; 180&nbsp;kB).]</ref>
*[[Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon]]


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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== Literatur ==
== Literatur ==
* Tim Maudlin: ''Quantum non-locality and relativity – metaphysical intimations of modern physics.'' Blackwell, Malden 2002, ISBN 0-631-23220-6
* Tim Maudlin: ''Quantum non-locality and relativity – metaphysical intimations of modern physics.'' Blackwell, Malden 2002, ISBN 0-631-23220-6.
* Peter G. Bergmann: ''Classical and quantum nonlocality.'' World Scientific, Singapore 2000, ISBN 981-02-4296-4
* Peter G. Bergmann: ''Classical and quantum nonlocality.'' World Scientific, Singapore 2000, ISBN 981-02-4296-4.
* Andrej A. Grib, et al. : ''Nonlocality in quantum physics.'' Kluwer, New York 1999, ISBN 978-0306461828
* Andrej A. Grib u. a.: ''Nonlocality in quantum physics.'' Kluwer, New York 1999, ISBN 978-0306461828.
* William M. Dickson: ''Quantum chance and non-locality – probability and non-locality in the interpretations of quantum mechanics.'' Cambridge University Press, Cambridge 1998, ISBN 0-521-58127-3
* William M. Dickson: ''Quantum chance and non-locality – probability and non-locality in the interpretations of quantum mechanics.'' Cambridge University Press, Cambridge 1998, ISBN 0-521-58127-3.
* Michael Redhead: ''Incompleteness, nonlocality and realism – a prolegomenon to the philosophy of quantum mechanics.'' Clarendon Press, Oxford 1987, ISBN 0-19-824937-3
* Michael Redhead: ''Incompleteness, nonlocality and realism – a prolegomenon to the philosophy of quantum mechanics.'' Clarendon Press, Oxford 1987, ISBN 0-19-824937-3.
* [[John Stewart Bell|John S. Bell]]: ''Indeterminismus und Nichtlokalität.'' in: ''Naturwissenschaft und Weltbild – Mathematik und Quantenphysik in unserem Denk- und Wertesystem.'' Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1992, ISBN 3-209-01466-3, S. 85 - 98
* [[John Stewart Bell|John S. Bell]]: ''Indeterminismus und Nichtlokalität.'' In: ''Naturwissenschaft und Weltbild – Mathematik und Quantenphysik in unserem Denk- und Wertesystem.'' Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1992, ISBN 3-209-01466-3, S.&nbsp;85–98.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>
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[[Kategorie:Relativitätstheorie]]
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Aktuelle Version vom 3. März 2020, 07:16 Uhr

Lokalität ist in der Physik die Eigenschaft einer Theorie, dass Vorgänge nur unmittelbare Auswirkungen auf ihre direkte räumliche Umgebung haben. Nichtlokalität lässt auch zu, Effekte mit Fernwirkungen vorherzusagen.

Bei Nichtlokalität und Lokalität geht es prinzipiell um die Frage, ob oder unter welchen Bedingungen ein Ereignis ein anderes Ereignis beeinflussen kann. Dabei versteht man in der Physik unter Ereignis einen beliebigen physikalischen Vorgang, der zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort stattfindet. Die Beantwortung jener Frage fällt in den unten ausgeführten physikalischen Theorien jeweils unterschiedlich aus.

Lokalität in der Newtonschen Physik

In der klassischen Physik bzw. der newtonschen Mechanik wird die Fragestellung, wann sich welche Ereignisse beeinflussen können, nicht explizit untersucht, jedoch ergibt sich als direkte Folge der newtonschen Grundannahmen (absolute Zeit, absoluter Raum usw.), dass prinzipiell jedes Ereignis jedes andere beeinflussen kann. Mit anderen Worten, es sind beliebige Fernwirkungen möglich.

Typisches Beispiel ist das (veraltete) klassisch-newtonsche Konzept der Gravitation, nach dem sie beliebig fern und instantan wirkt.[1]

Lokalität in der speziellen Relativitätstheorie

In Einsteins spezieller Relativitätstheorie wurden die newtonschen Begriffe von Raum und Zeit modifiziert, sodass eine Neubeantwortung der obigen Fragestellung interessant wurde. Dabei hat sich gezeigt, dass es Ereignisse gibt, die sich prinzipiell nicht beeinflussen können. Das sind z. B. Paare von Ereignissen, die sich nicht durch die Weltlinie eines Lichtstrahls verbinden lassen, denn in der speziellen Relativitätstheorie wird die Lichtgeschwindigkeit als oberste Grenzgeschwindigkeit angesehen.

Beispiel: Ein Ereignis A, hier und jetzt auf der Erde, und ein Ereignis B, das ein Jahr später auf Alpha Centauri stattfindet, können nicht durch einen Lichtstrahl verbunden sein, da Alpha Centauri vier Lichtjahre entfernt liegt und der Lichtstrahl Alpha Centauri nach einem Jahr noch nicht erreicht hat. Da ein Einfluss – gleich welcher Art – nicht schneller als Licht sein kann, können sich A und B nicht gegenseitig beeinflussen. Physiker sprechen hierbei von einer raumartigen Trennung der Ereignisse A und B. Man sagt auch, dass das Ereignis B für das Ereignis A nicht-lokal ist (siehe auch Lichtkegel).

Es ist eine fundamentale Aussage der (speziellen) Relativitätstheorie, dass die Kausalität, also die strenge Abfolge von Ursache und Wirkung, nur dann erhalten bleibt, wenn sich die Ereignisse A und B nicht gegenseitig beeinflussen können. Da man die Kausalität nicht aufgeben möchte, akzeptiert man eher das Vorhandensein von Ereignissen, die sich nicht beeinflussen können. Man formuliert daher in der speziellen Relativitätstheorie das Prinzip der Lokalität: Nur lokale Ereignisse können einen physikalischen Vorgang beeinflussen. In dieser Bedeutung gilt das Prinzip auch in relativistischen Quantenfeldtheorien.

Nichtlokalität der Quantentheorie

In der zunächst dominierenden Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik sieht die Situation anders aus. Die Quantentheorie wurde einige Jahre nach der Relativitätstheorie im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts formuliert. Sie wurde dabei gänzlich aus nicht-relativistischen Prinzipien aufgebaut; Fragen der Lokalität spielten zunächst keine Rolle.

Grundsätzlich besagt die Quantenmechanik, dass für die Verteilung der Ergebnisse einer Messung bestimmter physikalischer Größen („Messwerte“) lediglich Wahrscheinlichkeiten angegeben werden können. Ein typisches Beispiel ist die Verteilung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Elektrons im Atomorbital. Sie ist nirgends null, weder sehr nah am Atomkern, noch in einer Entfernung von Lichtjahren (obgleich dort sehr niedrig bzw. fast null). Diese Aufenthalts-Wahrscheinlichkeitsverteilung wird durch das Betragsquadrat der Amplitude der Wellenfunktion beschrieben. Im Augenblick einer wirklichen Messung („Wo ist das Elektron jetzt?“) wird die Wahrscheinlichkeit am gefundenen Ort des Elektrons eins, überall sonst null. Dieser Übergang wird als Kollaps der Wellenfunktion bezeichnet.

Die Frage, auf die die Quantenmechanik nur implizit eine Antwort gibt, ist, ob der Kollaps der Wellenfunktion instantan (augenblicklich) erfolgt oder sich „nur“ mit Lichtgeschwindigkeit fortpflanzt. Mit anderen Worten: Wenn eine Ortsmessung eines Elektrons auf der Erde erfolgt, wie schnell ändert die Wellenfunktion ihren Wert auf null auf Alpha Centauri? Sofort oder erst in vier Jahren? Die implizite Antwort der Quantentheorie heißt: Der Kollaps der Wellenfunktion erfolgt instantan, ist also nicht-lokal (impliziert daher Fernwirkungen). Genau diesen Umstand bezeichnet man als Quanten-Nichtlokalität. Ein wichtiges Gedankenexperiment, das diese Thematik betrachtet, ist das Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon.

Diese theoretischen Ausführungen kann man jedoch bereits mit verschränkten Quantenpaaren praktisch nachspielen, wo eine quantenmechanische Messung an einem Ort einen Kollaps der Wellenfunktion an einem anderen Ort nach sich zieht. Dabei zeigt sich, dass zwar der Kollaps der Wellenfunktion instantan erfolgt, jedoch keine echten Informationen übertragen werden können, sodass die Einstein-Kausalität dennoch erhalten bleibt. Diese Ergebnisse entsprechen der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik, die der Wellenfunktion keine unmittelbare physikalische Realität zuschreibt, sondern nur den Messergebnissen. Der „Kollaps“ der Wellenfunktion ist daher kein messbares Phänomen, d. h. kein physikalisches Phänomen, das mit Lichtgeschwindigkeit „übertragen“ werden müsste. Unser Wissen über die realisierte Möglichkeit des Messprozesses an einem Teil des verschränkten Paares schließt lediglich bestimmte Messergebnisse an dem anderen Teil aus. Welche Messergebnisse ausgeschlossen sind, weiß man jedoch nur, wenn man das erste Messergebnis kennt. Diese Information muss klassisch, also unter Berücksichtigung von Lokalität, übertragen werden.

Allerdings bietet diese Quantenteleportation die Möglichkeit einer besonders sicheren Verschlüsselung: Wenn Sender und Empfänger jeweils einen Teil eines verschränkten Paares besitzen, so können sie einander verschlüsselte Botschaften zusenden, die prinzipiell von Dritten nicht unbemerkt abgehört werden könnten (Quantenkryptografie). Allerdings gilt das nur für den Fall, dass der „Lauscher“ einen klassischen Messvorgang bei der Bestimmung des Quantenzustands eines abgefangenen Teilchens verwendet. Einer Gruppe von US-Wissenschaftlern des Massachusetts Institute of Technology gelang es im November 2006 in einer nach dem BB84-Protokoll verschlüsselten Nachricht bis zu 40 % der Übertragung unbemerkt abzuhören – allerdings in einer Simulation und unter Laborbedingungen.[2]

Weblinks

Literatur

  • Tim Maudlin: Quantum non-locality and relativity – metaphysical intimations of modern physics. Blackwell, Malden 2002, ISBN 0-631-23220-6.
  • Peter G. Bergmann: Classical and quantum nonlocality. World Scientific, Singapore 2000, ISBN 981-02-4296-4.
  • Andrej A. Grib u. a.: Nonlocality in quantum physics. Kluwer, New York 1999, ISBN 978-0306461828.
  • William M. Dickson: Quantum chance and non-locality – probability and non-locality in the interpretations of quantum mechanics. Cambridge University Press, Cambridge 1998, ISBN 0-521-58127-3.
  • Michael Redhead: Incompleteness, nonlocality and realism – a prolegomenon to the philosophy of quantum mechanics. Clarendon Press, Oxford 1987, ISBN 0-19-824937-3.
  • John S. Bell: Indeterminismus und Nichtlokalität. In: Naturwissenschaft und Weltbild – Mathematik und Quantenphysik in unserem Denk- und Wertesystem. Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1992, ISBN 3-209-01466-3, S. 85–98.

Einzelnachweise

  1. Inzwischen nimmt man an, dass die Wirkung der Gravitation sich ebenfalls mit der Lichtgeschwindigkeit ausbreitet.
  2. Taehyun Kim, Ingo Stork genannt Wersborg, Franco N. C. Wong, Jeffrey H. Shapiro: Complete physical simulation of the entangling-probe attack on the BB84 protocol. Phys. Rev. A 75, 042327 (2007). (PDF; 180 kB).