Weinbergwinkel

Weinbergwinkel

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Der Weinbergwinkel (nach Steven Weinberg) oder elektroschwache Mischungswinkel $ \theta _{W} $ ist definiert durch das Massenverhältnis der W-Bosonen $ W^{\pm } $ zu den Z-Bosonen $ Z^{0} $: [1]

$ \cos \theta _{W}={\frac {m_{W}}{m_{Z}}} $

Nach der Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung beschreibt er den Zusammenhang zwischen den Kopplungsstärken – also den Einheiten der elektrischen Ladung $ e $ (Elementarladung) und der schwachen Ladung $ g $:

$ \sin \theta _{W}={\frac {e}{g}} $

Weiter gilt:

$ {\begin{aligned}&\sin ^{2}\theta _{W}={\frac {\alpha _{em}}{\alpha _{W}}}\\\Leftrightarrow \alpha _{W}\cdot &\sin ^{2}\theta _{W}=\alpha _{em}=0{,}0072973525664\end{aligned}} $

Hierbei bezeichnet

Der aktuelle Wert (CODATA 2014) beträgt

$ {\begin{aligned}\sin ^{2}\theta _{W}&=0{,}2223(21)\\\Leftrightarrow \theta _{W}&\approx 28{,}13^{\circ }\end{aligned}} $

Näherungsweise erhält man somit, dass die schwache Kopplungsstärke in etwa doppelt so groß ist wie die elektrische Kopplungsstärke:

$ \Rightarrow {\frac {g}{e}}={\frac {1}{\sqrt {\sin ^{2}\theta _{W}}}}\approx {\frac {1}{0{,}47}}\approx 2{,}118 $

und dass die schwache Kopplungskonstante etwa vier bis fünf Mal so groß ist wie die elektrische Kopplungskonstante:

$ \Rightarrow {\frac {\alpha _{W}}{\alpha _{em}}}={\frac {1}{\sin ^{2}\theta _{W}}}\approx {\frac {1}{0{,}2223(21)}}\approx 4{,}498 $
$ \alpha _{W}={\frac {\alpha _{W}\cdot \sin ^{2}\theta _{W}}{\sin ^{2}\theta _{W}}}\approx {\frac {0{,}0072973525664}{0{,}2223(21)}}\approx 0{,}032 $

Die Schwäche der schwachen Wechselwirkung erklärt sich somit nicht über eine geringe Kopplungsstärke oder eine geringe Kopplungskonstante, sondern über den Propagatorterm, in dem die hohe Masse der Austauschbosonen (W- und Z-Bosonen, s.o.) quadratisch in den Nenner eingeht.

Ursprung

Experimentell (Wu-Experiment) stellt man bei der schwachen Wechselwirkung eine Paritätsverletzung fest, die durch die V-A-Theorie erklärt wird: die geladenen Austauschbosonen $ W^{+} $ und $ W^{-} $ der schwachen Wechselwirkung koppeln nur an linkshändige Fermionen, aber nicht an rechtshändige. Weiterhin stellt man fest, dass Neutrinos, die zu den Fermionen gehören, in der Natur nur linkshändig vorkommen (Goldhaber-Experiment). Führt man nun einen schwachen Isospin ein, so bilden das linkshändige Elektron und das (linkshändige) Neutrino ein Dublett bezüglich des schwachen Isospins ($ T_{z}=\pm 1/2 $), das rechtshändige Elektron dagegen ein Singulett bezüglich dieser Größe ($ T_{z}=0 $).

Betrachtet man nun eine Reaktion vom Typ

$ \nu _{e}+X\rightarrow e^{-}+Y $

und fordert eine Erhaltung des schwachen Isospins, so muss das ausgetauschte Boson – hier ein $ W^{-} $ – ebenfalls einen Isospin tragen: $ T_{z}(W^{-})=-1 $. Als Konsequenz ergibt sich bezüglich des schwachen Isospins

  • ein Triplett, bestehend aus $ W^{0} $ (manchmal auch als $ W^{3} $ bezeichnet), $ W^{1} $ und $ W^{2} $ mit Kopplungsstärke $ g $
  • ein Singulett $ B^{0} $ mit Kopplungsstärke $ g' $.

$ W^{0} $, $ W^{1} $, $ W^{2} $ und $ B^{0} $ sind rechnerisch existierende, aber nicht beobachtbare Eichbosonen der elektroschwachen Wechselwirkung.

Elektromagnetische und schwache Wechselwirkung werden zur elektroschwachen Wechselwirkung vereinheitlicht, indem ihre elektrisch ungeladenen Austauschteilchen $ \gamma $ (Photon) und $ Z^{0} $ dargestellt werden als Überlagerungs- bzw. Mischzustände der Teilchen $ W^{0} $ und $ B^{0} $:

$ {\Psi _{\gamma } \choose \Psi _{Z^{0}}}={\begin{pmatrix}\cos \theta _{W}&\sin \theta _{W}\\-\sin \theta _{W}&\cos \theta _{W}\end{pmatrix}}{\Psi _{B^{0}} \choose \Psi _{W^{0}}} $

Die $ \Psi _{x} $ bezeichnen hier die Wellenfunktionen der einzelnen Teilchen, die durch den Weinbergwinkel verknüpft sind. In dieser Beziehung findet der Weinbergwinkel seine Definition.

Hieraus ergeben sich auch die Zusammenhänge der Kopplungsstärken:

$ e=g\cdot \sin \theta _{W} $
$ e=g'\cdot \cos \theta _{W} $.

Die elektrisch geladenen $ W^{+} $ und $ W^{-} $ werden dargestellt als komplexe Überlagerung der Teilchen $ W^{1} $ und $ W^{2} $:

$ {\Psi _{W^{+}} \choose \Psi _{W^{-}}}={\frac {1}{\sqrt {2}}}{\begin{pmatrix}1&i\\1&-i\end{pmatrix}}{\Psi _{W^{1}} \choose \Psi _{W^{2}}} $

Konsequenzen

Als Konsequenz des Mischzustandes und des Weinbergwinkels ergibt sich u. a., dass die Kopplungsstärke der Z-Bosonen nicht mit der der W-Bosonen identisch ist.

Die Kopplungsstärke des W+ an ein Fermion f ist gegeben durch

$ Q_{W}(f)=g\cdot T_{z}\; $ ,

diejenige des $ Z_{0} $ dagegen durch

$ Q_{Z}(f)={\frac {g}{\cos \theta _{W}}}\cdot \left(T_{z}-z_{f}\cdot \sin ^{2}\theta _{W}\right) $

wobei

  • $ z_{f} $ die elektrische Ladung des Fermions in Einheiten der Elementarladung $ e $ ist
  • $ T_{z} $ die 3. Komponente des schwachen Isospins; für linkshändige Neutrinos gilt beispielsweise $ T_{z}=1/2 $. Rechtshändige Neutrinos haben $ T_{z}=z_{\nu }=Q_{Z}(\nu _{R})=0 $ und unterliegen somit nicht den Wechselwirkungen des Standardmodells. Sie sind daher (im Rahmen des Standardmodells) nicht beobachtbar, deshalb wird oft gesagt, sie kämen in der Natur nicht vor (was, so lange wir im Standardmodell bleiben, keinen Unterschied ergibt). Siehe auch Schwache Ladung.

Experimentelle Bestimmung

Der Weinbergwinkel lässt sich experimentell z. B. entsprechend der obigen Definition aus dem Massenverhältnis der W- und Z-Bosonen bestimmen. Andere Bestimmungsmöglichkeiten sind die Neutrino-Elektron-Streuung und die elektroschwache Interferenz bei Elektron-Positron-Streuung, d. h. die Vermischung des Austausches virtueller Photonen $ \gamma $ und virtueller $ Z^{0} $-Teilchen.

Siehe auch

Literatur

  • Lev Borisovich Okun: Leptons and Quarks. North-Holland Physics Publishing, Amsterdam, Netherlands 1982, ISBN 0-444-86924-7, S. 214.

Weblinks

Wikibooks: Teilcheneigenschaften – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

  1. S. Weinberg: A Model of Leptons. In: Phys. Rev. Lett. Band 19, 1967, S. 1264 ff.