Die Spektralklasse, auch Spektraltyp genannt, ist in der Astronomie eine Klassifizierung der Sterne nach dem Aussehen ihres Lichtspektrums.
Dabei beruht das System auf der Entdeckung von Joseph von Fraunhofer im Jahr 1813, der im Sonnenspektrum dunkle Absorptionslinien fand. Robert Wilhelm Bunsen und Gustav Robert Kirchhoff entdeckten 1859, dass diese Linien von der Lage her identisch mit Emissionslinien sind, die von bestimmten chemischen Elementen abgegeben werden.
Der Schluss lag nahe, dass diese Elemente in der Sonne vorhanden sein mussten. Die Spektralanalyse war begründet. Neben der Analyse von Materialien auf der Erde ließen sich so auch die Sternspektren analysieren.
Spektralklassen des MK-Systems (nach William Wilson Morgan und Philip C. Keenan) werden durch den visuellen Vergleich der Sternspektren mit Spektren von Standardsternen bestimmt. Um instrumentelle Effekte auf die Klassifikation, wie zum Beispiel ein höheres spektrales Auflösungsvermögen, auszuschließen, wurde auch eine Standardinstrumentation angegeben. Da die Entwicklung der astronomischen Instrumente seit dem ursprünglichen MK-System jedoch weit fortgeschritten ist, wurde die Klassifikationsauflösung seither mehrfach erhöht. Neue Standardsterne wurden in das System mit einbezogen, und andere, die als wenig geeignet erkannt wurden, aus dem System entfernt. Der spektrale Bereich, auf den sich die MK-Klassifikation bezieht, reicht von etwa 390 bis etwa 500 nm, bedingt durch die im ursprünglichen System verwendeten photographischen Emulsionen.
Die MK-Klassifikation beinhaltet ausdrücklich keine Klassifikation nach sekundär bestimmten physikalischen Größen, sondern macht sich die Fähigkeit des menschlichen Gehirns zur Mustererkennung zu Nutze. In neuerer Zeit wurden allerdings künstliche neuronale Netze mit einigem Erfolg auf die MK-Klassifikation trainiert. Dadurch wird gewährleistet, dass die Klassifikation konsistent bleibt, auch wenn sich die Erkenntnisse zur stellaren Physik ändern.
Es hat sich eingebürgert, die Spektralklassen O bis A als frühe Spektralklassen, die Spektralklassen F bis G als mittlere Spektralklassen und die übrigen Spektralklassen als späte Spektralklassen zu bezeichnen. Die Bezeichnungen früh, mittel und spät entstammen der inzwischen überholten Annahme, die Spektralklasse sage etwas über den Entwicklungsstand eines Sterns aus. Trotz dieser irrtümlichen Einteilung sind diese Bezeichnungen noch heute in Gebrauch, und ein Stern gilt als früher oder später, wenn seine Spektralklasse im Vergleich zu der eines anderen näher an der Klasse O oder an der Klasse M liegt.
Es bestehen folgende sieben Grundklassen, sowie drei Klassen für Braune Zwerge und drei Unterklassen für durch die Nukleosynthese verursachten chemischen Besonderheiten roter Riesensterne:
Klasse | Charakteristik | Farbe | Temperatur in K | typische Masse für die Hauptreihe in M☉ | Beispielsterne |
---|---|---|---|---|---|
O | Ionisiertes Helium (He II) | blau | 30000–50000 | 60 | Mintaka (δ Ori), Naos (ζ Pup) |
B | Neutrales Helium (He I) Balmer-Serie Wasserstoff |
blau-weiß | 10000–28000 | 18 | Rigel, Spica, Achernar |
A | Wasserstoff, Calcium (Ca II) | weiß (leicht bläulich) | 7500–9750 | 3,2 | Wega, Sirius, Altair |
F | Calcium (Ca II), Auftreten von Metallen | weiß-gelb | 6000–7350 | 1,7 | Prokyon, Canopus, Polarstern |
G | Calcium (Ca II), Eisen und andere Metalle | gelb | 5000–5900 | 1,1 | Tau Ceti, Sonne, Alpha Centauri A |
K | Starke Metalllinien, später Titan(IV)-oxid | orange | 3500–4850 | 0,8 | Arcturus, Aldebaran, Epsilon Eridani, Albireo A |
M | Titanoxid | rot-orange | 2000–3350 | 0,3 | Beteigeuze, Antares, Kapteyns Stern, Proxima Centauri |
Braune Zwerge | |||||
L | rot | 1300–2000 | VW Hyi | ||
T | rot (Maximum in Infrarot) | 600–1300 | ε Ind Ba | ||
Y | Infrarot | 200–600 | WISEP J041022.71+150248.5 | ||
Kohlenstoffklassen der roten Riesen (sog. Kohlenstoffsterne) | |||||
R | Cyan (CN), Kohlenmonoxid (CO), Kohlenstoff | rot-orange | 3500–5400 | S Cam, RU Vir | |
N | Ähnlich Klasse R, mit mehr Kohlenstoff. Das Spektrum weist ab dieser Spektralklasse praktisch keine Blauanteile mehr auf. | rot-orange | 2000–3500 | T Cam, U Cas | |
S | Zirkonoxid | rot | 1900–3500 | R Lep, Y CVn, U Hya |
Um die Sterne genauer klassifizieren zu können, werden die Spektren weiterhin in den einzelnen Klassen von 0 bis 9 abgestuft. Es gibt heute mehrere Systeme der Spektralklassifikation, die sich dieser Schreibweise des Spektraltyps bedienen und ihre Klassen diesem System angleichen. Im ursprünglichen Harvard-System und dessen Erweiterung, dem MK-System, das zusätzlich die Leuchtkraftklassen definiert, wurden nicht alle diese Subtypen auch benutzt. Auf B3-Sterne folgten beispielsweise unmittelbar B5-Sterne, die Klasse B4 wurde übersprungen. Mit zunehmend besseren Instrumenten konnte im Laufe der Zeit feiner unterschieden werden, so dass Zwischenklassen definiert wurden, zum Beispiel gibt es zwischen B0 und B1 mittlerweile sogar drei zusätzliche Klassen, die B0.2, B0.5, und B0.7 genannt werden.
Die Spektralklassen mit ihren sieben Grundtypen (O, B, A, F, G, K, M) machen rund 99 % aller Sterne aus, weshalb die anderen Klassen oft vernachlässigt werden.
Als Merksatz für diese Spektralklassen dienen die Sätze:
Es gibt eine Vielzahl weiterer Varianten entsprechender Merksätze.
Folgende Klassen lassen sich nicht in die oben beschriebenen Sequenzen einordnen:
Q | Novae |
Pv | Planetarische Nebel |
W | Wolf-Rayet-Sterne |
WN | Stickstofflinien |
WC | Kohlenstofflinien |
Die Unterteilung der Spektralklassen kann durch Suffixe und Präfixe weiter verfeinert werden.
c | besonders scharfe Linien (engl. crisp) |
comp | zusammengesetztes (engl. composite) Spektrum |
d | Zwergstern (Hauptreihe; engl. dwarf) |
e, em | Emissionslinien |
g | normaler Riese (engl. giant) |
k | interstellare Absorptionslinien |
m | starke Metalllinien |
n, nn | diffuse Linien (engl. nebulous) |
p, pec | Besonderheiten bei Linienintensität (engl. peculiar, „besonders“) |
s | scharfe Linien |
sd | Unterzwerg (engl. sub dwarf) |
v, var | variables Spektrum |
w | Weißer Zwerg |
Teilweise werden diese Zusätze durch Angabe der Leuchtkraftklasse überflüssig, die 1943 von William Wilson Morgan und Philip Keenan eingeführt wurde (MK-System).
Präfix | Bedeutung | |
---|---|---|
englisch (international) | deutsch | |
d | dwarf | Zwerg |
sd | sub-dwarf | Unterzwerg |
g | giant | Riese |
Erste Versuche, Ordnung in die Helligkeit und Temperatur von Sternen zu bringen, hatten im Jahr 1865 der italienische Pater Angelo Secchi mit einer dreistufigen Skala unternommen und 1874 Hermann Carl Vogel mit einem System, in das auch die bis dahin bekannten Sternentwicklungstheorien eingeflossen waren, was zu ständigen Änderungen führte. Im Jahre 1868 entwickelte Angelo Secchi folgende vier Grundtypen:
1878 fügte er eine weitere hinzu:
Aufbauend auf umfangreichen Spektren von Henry Draper wurde eine neue Klassifikation erarbeitet. Edward Charles Pickering begann im Jahre 1890, zusammen mit Williamina Fleming, Antonia Maury und Annie Jump Cannon entsprechende Arbeiten. Dabei ging Pickering alphabetisch vor und ordnete die Klassen mit Großbuchstaben von A bis Z nach der Balmer-Serie (Übergänge der Elektronenbahnen im Wasserstoffspektrum). Durch weitere Forschungen wurde dieses Schema durch die sogenannte Harvard-Klassifikation ersetzt, die eine Unterteilung in die Typen A-Q vorsah.
Annie Jump Cannon stellte jedoch sehr bald fest, dass die Reihenfolge nicht sinnvoll war: nach der Abstufung kamen die blau-weiß leuchtenden, heißen O-Sterne nach den roten, relativ kühlen M- und N-Sternen. Ferner stellte sich heraus, dass einige der Klassen nur auf Belichtungsfehlern beruhten, oder aber keinen Sinn hatten und daher wegfallen konnten. Die Abstufung wurde nicht mehr vom Spektrum, sondern von der Temperatur der Sterne abhängig gemacht. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde die bisherige Unterteilung um 1912 umsortiert, und es folgte die heute verwendete Unterteilung in die sieben oben genannten Spektralklassen.
ml:നക്ഷത്രങ്ങളുടെ സ്പെക്ട്രല് വര്ഗ്ഗീകരണം ro:Clasificarea stelelor#Clasificarea după spectrul stelar tr:Yıldız sınıflandırma