Quarks ([kwɔrks], [kwɑːks] oder [kwɑrks]) sind im Standardmodell der Teilchenphysik die elementaren Bestandteile (Elementarteilchen), aus denen Hadronen (z. B. die Atomkern-Bausteine Protonen und Neutronen) bestehen.
Sie haben die Spinquantenzahl $ 1/2 $ und sind somit Fermionen. Zusammen mit den Leptonen und den Eichbosonen gelten sie heute als die fundamentalen Bausteine, aus denen alle Materie aufgebaut ist. So bestehen Baryonen (z. B. das Proton) aus drei Quarks, Mesonen (z. B. das Pion) jeweils aus einem Quark und einem Antiquark.
1963 postulierte der Schweizer Physiker André Petermann die Existenz der Quarks. Sein Manuskript wurde aber erst 1965 veröffentlicht.[1] 1964 entwickelte der Caltech-Physiker Murray Gell-Mann die gleiche Annahme.[2] Für die Strukturierung des hadronischen „Teilchen-Zoos“ mittels der Quarks erhielt er 1969 den Nobelpreis für Physik. Unabhängig davon entwickelte George Zweig am CERN ein ähnliches Modell, dessen fundamentale Bausteine er „aces“ nannte.[3] Die Veröffentlichung seiner Manuskripte scheiterte jedoch am Widerstand seiner Vorgesetzten. Die Klassifikation der damals bekannten Hadronen mit der speziell-unitären Gruppe SU(3) schlug unabhängig auch Juval Ne’eman 1962 vor.
Die experimentelle Untersuchung von Quarks durch tief-inelastische Elektron-Nukleon-Streuung begann Ende der 1960er Jahre. Hinweise auf die Existenz und die Eigenschaften der Quarks wurden dabei in den Strukturfunktionen gefunden, wobei die punktförmigen Konstituenten der Hadronen damals nur Partonen genannt wurden.
Die Tatsache, dass bislang noch keine freien Quarks beobachtet werden konnten, stellt eines der größten ungelösten Probleme der Teilchenphysik dar. Dieses als Confinement bekannte Phänomen ist eines der Millennium-Probleme (siehe Yang-Mills-Theorie). Es gibt zwar starke Hinweise darauf, dass die Theorie der starken Wechselwirkung, die Quantenchromodynamik (QCD), zu einem solchen Einschluss der Quarks führt, ein strenger mathematischer Beweis steht aber noch aus.[4][5][6]
Mit dem Siegeszug der atomistischen Theorie im 19. Jahrhundert wurden die Atome als diese Bausteine angesehen und zuerst, wovon auch der Name zeugt, für unteilbar gehalten. Im Rutherfordschen Atommodell zeigte sich, dass das Atom aus Atomkern und Hüllenelektronen zusammengesetzt ist. Die Kernphysik zeigte dann den Aufbau des Atomkerns aus Protonen und Neutronen. Mit den fünf Elementarteilchen Protonen, Neutronen, Elektronen, Myonen und Neutrinos war in den 1930er Jahren ein scheinbar vollständiges Bild vom Aufbau der Materie erreicht.
Doch der Nachweis immer neuer Mesonen und Baryonen, zuerst in der Höhenstrahlung, später mit Teilchenbeschleunigern, der schließlich zum scherzhaften Ausdruck „Teilchenzoo“ führte, war ein Anstoß, nach grundlegenderen Teilchen zu suchen, aus denen die Hadronen, d. h. Mesonen und Baryonen, aufgebaut sind. Die andere Motivation waren Messungen des Formfaktors der stabileren Hadronen, die eindeutig eine räumliche Ausdehnung nachwiesen, während Elektronen und Myonen sich bis an die Grenzen der Messbarkeit als punktförmig erweisen.
Zu allen Quarks gibt es ein Antiteilchen mit entgegengesetzter elektrischer Ladung. Diese Antiteilchen werden Antiquarks genannt. Nur die Quarks der ersten Generation bilden Nukleonen und somit die normale Materie. Die Bestandteile der Atomkerne, die Protonen und Neutronen, setzen sich aus Down-Quarks und Up-Quarks zusammen.
Quarks unterliegen, im Unterschied zu den Leptonen, allen Grundkräften der Physik:
Quarks tragen eine Ladung, die man Farbladung nennt. Die Farbladung kann die drei Werte rot, grün und blau annehmen. Wenn drei Quarks mit je einem dieser drei Werte zusammenkommen, dann ist das daraus entstehende Objekt farblos. Mit den aus dem Alltag bekannten Farben hat die Farbladung nichts zu tun. Antiquarks tragen entsprechend die Farbladung antirot, antigrün oder antiblau.
Die Confinement-Hypothese besagt, dass nur farblose Zustände isoliert existieren können. Diese Annahme wurde aufgestellt, nachdem man einzelne Quarks nie isoliert beobachten konnte. Sie sind immer in Hadronen gebunden. Bei Baryonen sind sie als Kombinationen aus drei Quarks eingebunden. Bei Antibaryonen sind es drei Antiquarks. Mesonen bestehen dagegen aus jeweils einem Quark und einem Antiquark. Theoretisch könnten auch andere farblose Zustände existieren. Beispiele wären vier Quarks und ein Anti-Quark (ein Pentaquark) oder zwei Quarks in Kombination mit zwei Antiquarks. Ob solche Objekte tatsächlich existieren, ist Gegenstand aktueller Forschung.
Mit Computersimulationen kann man zeigen, dass sich zwischen zwei statischen Quarks (Paarerzeugung wird unterdrückt) ein Potential ausbildet, welches mit dem Abstand linear zunimmt. Dies wird damit erklärt, dass sich die Austauschteilchen der starken Wechselwirkung, die Gluonen, die selbst Farbladung (eine Farb-Antifarb-Kombination) tragen, zu einem Strang binden, dessen Energie mit der Länge wächst. Ein farbgeladenes Teilchen vom Rest zu trennen, würde daher extrem hohe Energie erfordern. Eine Trennung der Quarks von den Gluonen ist daher nur unter bestimmten Bedingungen und für sehr kurze Zeit möglich.[7]
Die genauen Mechanismen, wie dieser Strang gebildet wird, hängt mit der Wechselwirkung der Gluonen untereinander bzw. der Wechselwirkung der Gluonen mit Vakuumfluktuationen zusammen und ist Gegenstand aktueller Forschung. Es gibt verschiedene Szenarien, wie sich dieser Strang bilden kann, ein einheitliches Bild hat sich jedoch noch nicht durchgesetzt.[8]
Im Rahmen einer Thermodynamik der QCD wird für Quarks ein Zustand vorausgesagt, in welchem sich die Quarks wie quasi-freie Teilchen verhalten, das Quark-Gluon-Plasma. Der zugehörige Phasenübergang wird bei einer Temperatur erwartet, die einer Energie von 200 MeV und der ein- bis dreifachen Dichte von Atomkernen entspricht. Eine direkte Beobachtung des Quark-Gluon-Plasmas ist bisher nicht möglich; Experimente am CERN und BNL liefern jedoch Hinweise auf dessen Existenz.
Die elektrische Ladung der Quarks ist entweder −1/3 oder +2/3 der Elementarladung. Da nur farblose Zustände isoliert existieren dürfen, sind nur gebundenen Zustände solcher (Anti-)Quark-Kombinationen – (Anti-)Baryonen – oder Quark-Anti-Quark-Kombinationen – Meson – zulässig, die ganzzahlige Ladungen aufweisen. Experimentell (z. B. Millikan-Versuch) gibt es keine Hinweise auf gebrochene Ladungen isolierter Teilchen. Die drittelzahligen Ladungen der in Hadronen gebundenen Quarks lassen sich aber eindeutig aus Streuexperimenten ableiten.
Im Standardmodell der Elementarteilchenphysik gehören das Down-Quark, das Up-Quark, das Elektron und das Elektron-Neutrino zur ersten Generation von Teilchen. Die sechs Quarks sind zusammen mit den Leptonen und den Eichbosonen die Grundbausteine der Materie.
Die folgenden sechs verschiedenen Quark-Arten bezeichnet man auch als Quark-Flavours (Geschmacksrichtung, amerik. Englisch flavor).
Gene- ration |
Name | Symbol | Ladung (e) | Flavour- Quanten- zahlen |
Hyper- ladung |
Masse (MeV)[9][10] |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | Up | u | +2⁄3 | Iz = +1⁄2 | +1⁄3 | $ ^{+0,6}_{-0,4} $ | 2,2
Down | d | −1⁄3 | Iz = −1⁄2 | +1⁄3 | $ ^{+0,5}_{-0,4} $ | 4,7|
2 | Charm | c | +2⁄3 | C = +1 | +4⁄3 | 1280 ± 30 |
Strange | s | −1⁄3 | S = −1 | −2⁄3 | $ ^{+8}_{-4} $ | 96|
3 | Top | t | +2⁄3 | T = +1 | +4⁄3 | 173100 ± 600 |
Bottom | b | −1⁄3 | B' = −1 | −2⁄3 | $ ^{+40}_{-30} $ | 4180
Die Quantenzahlen von Top- und Bottom-Quark sind auch als truth bzw. beauty bekannt.
Dunkle Felder: u, c und t und ihre Antiteilchen sind vom Up-Typ (Ladungszahl +2/3, bei den Antiteilchen umgekehrtes Vorzeichen),
Helle Felder: d, s und b sind entsprechend vom Down-Typ (Ladungszahl −1/3).
Up-, Down- und Strange-Quark werden zusammenfassend als leichte Quarks bezeichnet.
Die Zuordnung der Massen ist nicht eindeutig. Man unterscheidet in diesem Zusammenhang Konstituentenquarks („effektive“ Quarks in Hadronen) und Stromquarks („nackte“ Quarks). Die hier angegebenen Massen sind die der Stromquarks. Weil Quarks nie alleine, sondern immer in Gruppen auftreten, lässt sich nur aus der Masse der Gruppe auf die der einzelnen Bestandteile schließen.
Die in der Natur auftretenden Massen-Eigenzustände der Quarks q sind nicht identisch mit den Eigenzuständen der schwachen Wechselwirkung q’. Nicola Cabibbo zeigte, wie das physikalische Down-Quark d als Mischung aus dem schwachen Down-Quark d’ und dem schwachen Strange-Quark s’ beschrieben werden kann. Die Mischung wird dabei über den sogenannten Cabibbo-Winkel parametrisiert. Dieser Formalismus wurde erweitert zu einer Mischung der schwachen Eigenzuständen von Down-, Strange- und Bottom-Quark zu den physikalischen Eigenzuständen. Dafür benötigt man statt eines einzelnen nun vier Parameter, die eine 3 × 3-Matrix, die sogenannte Cabibbo-Kobayashi-Maskawa-Matrix, beschreiben.
Up ist Englisch für (nach) oben. Dieser Name verweist auf eine der physikalischen Größen, die den Quarks zugesprochen werden: dem Isospin. Der Isospin entspricht in seiner mathematischen Beschreibung einem Drehimpuls (Spin) mit der Quantenzahl $ 1/2 $ und kann wie dieser in zwei „Richtungen“ orientiert sein, up oder down (Diese Richtungen haben nichts mit Raumrichtungen zu tun). Er wurde ursprünglich von Heisenberg vorgeschlagen, um die beiden Kernbestandteile Proton und Neutron als unterschiedliche Zustände ein und desselben Teilchens, des Nukleons, darzustellen. Dies war dadurch motiviert, dass sich Protonen und Neutronen aus Sicht der Kernkräfte völlig gleich verhalten. Im Konstituentenquark-Bild ist der Isospin der Nukleonen eine direkte Folge des Isospins der beteiligten Up- und Down-Quarks.
Das Up-Quark hat eine elektrische Ladung von +2/3 e.
Down ist englisch für nach unten. Das Down-Quark entspricht der anderen Einstellung des Isospins: down. Es hat eine elektrische Ladung von −1/3 e, einen Isospin von −1/2 und eine Masse von (5±1) MeV.[11]
Das Charm-Quark gehört zur 2. Familie der Quarks und ist damit Gegenstück des Strange-Quarks. Dem Charm-Quark entspricht die Charm-Quantenzahl C, die für das Charm-Quark den Wert +1 annimmt. Das Charm-Quark wurde 1970 vorhergesagt, 1974 wurde es das erste Mal in einem Experiment künstlich erzeugt. Die Masse ist deutlich größer als die der drei leichten Quarks.
In Teilchendetektoren erkennt man Hadronen mit Charm-Quarks an ihrer relativ langen Lebensdauer von ungefähr 10−12 Sekunden. Diese liegt darin begründet, dass die Charm-Quarks nur über die schwache Wechselwirkung in Strange-Quarks oder Down-Quarks zerfallen können.
Das Charm-Quark ist beispielsweise Bestandteil der D-Mesonen und des J/ψ-Mesons.
Nachdem man mit dem auf Up- und Down-Quark basierenden Quark-Modell den Aufbau einiger Baryonen wie z. B. des $ \Sigma ^{+} $, des $ \Sigma ^{-} $ und des $ \Sigma ^{0} $ nicht erklären konnte, führte Gell-Mann ein neues Quark ein, um diese Teilchen mit Hilfe des Quark-Modells erklären zu können. Dieses „seltsame“ Quark nannte er Strange-Quark.
Die Seltsamkeit (engl.: Strangeness) seines Teilchens ist entgegengesetzt gleich der Anzahl der enthaltenen Strange-Quarks. Ein einzelnes Strange-Quark hat demnach die Seltsamkeit −1.
Teilchen, die das Strange-Quark enthalten, heißen auch Seltsame Teilchen (engl. Strangelet bzw. strange matter). Dazu gehören unter den Mesonen z. B. die Kaonen und die Phi-Resonanz sowie unter den Baryonen die Hyperonen.
Das Top-Quark (auch Truth-Quark genannt) ist das schwerste Quark und der Partner des Bottom-Quarks. Da seine Lebensdauer nur 4,2 · 10−25 Sekunden beträgt, kann es in der Natur keine hadronischen Bindungszustände bilden (Hadronisierung erfolgt erst nach ca. 10−23 s). Das Top-Quark zerfällt demnach im Gegensatz zu allen anderen Quarks weit vor der Zeit, die benötigt wird, um Hadronen zu bilden. Es existieren somit weder Mesonen noch Baryonen, welche ein Top-Quark enthalten.
Eine weitere Besonderheit ist, dass es mit 173,3 ± 0,8[12] GeV/c² extrem schwer ist, was in der Größenordnung eines Goldatoms liegt. Es konnte aufgrund der immensen zur Erzeugung benötigten Energie erst 18 Jahre nach seinem Partner im Jahr 1995 experimentell belegt werden (von CDF am Fermi National Accelerator Laboratory), obwohl es schon im Jahr 1977 mit der Entdeckung des Bottom-Quarks theoretisch postuliert wurde.
Die dem Top-Quark zugeordnete Flavour-Quantenzahl ist die Topness T (auch Truth), das Top-Quark hat T = +1.
Das Bottom-Quark (auch Beauty-Quark genannt) bildet mit dem Top-Quark, dem Tauon und dem Tauon-Neutrino die dritte Teilchengeneration des Standardmodells. Das erste Teilchen, das ein Bottom-Quark enthielt, wurde im Jahr 1977 am Fermi National Accelerator Laboratory entdeckt.
Das Bottom-Quark ist Bestandteil der sogenannten B-Mesonen und des Υ-Mesons.
Die ihm zugeordnete Flavour-Quantenzahl ist die Bottomness B' (auch Beauty), das Bottom-Quark hat B' = −1.
Die Vorstellung von Quarks wurde Anfang der 1960er Jahre unabhängig voneinander durch André Petermann, Murray Gell-Mann und George Zweig entwickelt. Dieses Schema gruppierte die Teilchen mit bestimmtem Isospin und bestimmter Strangeness nach einer unitären Symmetrie, die sich aus der Stromalgebra herleitete. Heutzutage ist diese globale SU(3)-Flavour-Symmetrie (nicht zu verwechseln mit der Eichsymmetrie der QCD) als Teil der näherungsweise gültigen chiralen Symmetrie der QCD bekannt.
In diesem Schema wurden die leichtesten Mesonen (Spin 0) und Baryonen (Spin 1/2) in Oktetten der Flavour-Symmetrie gruppiert. Eine Klassifizierung der Spin-3/2-Baryonen bildet ein Dekuplett, was zur Vorhersage eines neuen Elementarteilchens, des Ω−, führte. Mit der Entdeckung des Ω− im Jahr 1964 wurde das Quark-Modell weitgehend akzeptiert.
Gell-Mann nannte dieses Schema Eightfold Way, eine Bezeichnung, die die Oktette des Modells mit dem Achtfachen Pfad des Buddhismus verbindet. Er prägte auch den Namen Quark, den er aus dem Satz „Three quarks for Muster Mark“ aus James Joyce’ Roman Finnegans Wake entnahm. Joyce hatte das Wort wiederum auf der Durchreise durch Deutschland in Freiburg gehört, als Marktfrauen auf einem Bauernmarkt ihre Milchprodukte anboten.[13]
Zunächst konnte die Existenz von Quarks experimentell nicht bestätigt werden.
Aus der Analyse bestimmter Eigenschaften bei hochenergetischen Reaktionen von Hadronen postulierte Richard Feynman 1969 eine Substruktur der Hadronen, die Partonen. Eine Skalierung der tiefinelastischen Streuquerschnitte, die James Bjorken aus der Stromalgebra herleitete, konnte ebenfalls durch die Partonen erklärt werden. Als die Bjorken-Skalierung im Jahr 1969 durch die Experimente von Jerome I. Friedman, Henry W. Kendall und Richard E. Taylor (Nobelpreis für Physik 1990) nachgewiesen wurde, war klar, dass Partonen und Quarks das gleiche sein könnten. Mit dem Beweis der asymptotischen Freiheit der QCD im Jahr 1973 durch David Gross, Frank Wilczek und David Politzer (Nobelpreis für Physik 2004)[14][15] etablierte sich diese Vorstellung weiter.
Das Charm-Quark wurde 1970 von Sheldon Glashow, John Iliopoulos und Luciano Maiani postuliert (GIM-Mechanismus), um bis dahin unbeobachtete Flavour-Wechsel in Zerfällen durch die schwache Wechselwirkung (sogenannte „Flavour-ändernde neutrale Ströme“) zu verhindern; andernfalls würden solche Flavour-Wechsel im Standardmodell auftreten. Dies wurde 1974 mit der Entdeckung des J/ψ-Mesons, welches aus einem Charm-Quark und seinem Antiquark besteht, bestätigt.[16][17]
Die Existenz einer dritten Generation von Quarks wurde 1973 von Makoto Kobayashi und Toshihide Maskawa (Nobelpreis für Physik 2008) vorhergesagt. Sie stellten fest, dass die CP-Verletzung durch neutrale Kaonen nicht mit dem Standardmodell mit zwei Quark-Generationen erklärbar ist.[18] Das Bottom-Quark und das Top-Quark wurden 1977 und 1995 am Fermilab entdeckt.[19]
Einer Zusammenarbeit von Wissenschaftlern am Fermilab (Illinois/USA) gelang es erst 2004, die Masse des Top-Quarks mit guter Genauigkeit zu bestimmen und damit eine bessere Vorhersage der Masse des vom Standardmodell vorhergesagten, aber bis dahin noch unentdeckten Higgs-Bosons zu ermöglichen.
Quarks lassen sich üblicherweise experimentell nicht einzeln beobachten: Sie treten immer in Kombinationen von mehreren Quarks auf (siehe unten) und sind nur indirekt anhand bestimmter Umwandlungen nachweisbar. Das top-Quark ist eine Ausnahme, da es zerfällt bevor es Hadronen formen könnte. Erst im Jahr 1995 konnten zwei Arbeitsgruppen am Fermilab unabhängig voneinander den Nachweis von Top-Quarks bekanntgeben, die dort als Quark-Antiquark-Paare bei Proton-Antiproton-Kollisionen entstanden waren. Das gesuchte Teilchenpaar zerfällt nach extrem kurzen 10−24 Sekunden in W-Bosonen und leichtere Quarks, wobei letztere nahezu immer Bottom-Quarks sind.[20] Erst diese binden dann andere Quarks an sich, ein Vorgang, der sich Hadronisierung nennt. Daraus resultieren Jets. Die Masse des Top-Quarks lässt sich durch eine genaue Analyse der Energie- und Impulsbilanz dieser Zerfälle bestimmen. Die Auswertung solcher komplexen Ereignisse ergab am CDF-Experiment und DØ-Experiment (sprich D-Zero) 1995 eine hohe Masse von mehr als 170 GeV/c²,[21] [22] wesentlich schwerer als die anderen Quarks; die Messunsicherheit betrug zum damaligen Zeitpunkt allerdings 10 %. Spätere Messungen erreichten eine Unsicherheit von unter 0,5 %.[12][23][24]
Die extrem große Masse des Top-Quarks legt nahe, dass es sich grundsätzlich von den fünf leichteren Quarks unterscheidet. Auf der Grundlage einer präzisen Messung seiner Masse lassen sich Aussagen über die Masse des Higgs-Bosons gewinnen und mit der direkten Messung der Higgs-Masse vergleichen. Dieses Teilchen, das 1964 von dem englischen Physiker Peter Higgs vorausgesagt wurde, wechselwirkt mit anderen Elementarteilchen und verleiht ihnen dadurch ihre Masse. Es vervollständigt das Standardmodell. Der Wert für die Masse dieses Higgs-Teilchens konnte von den beiden am LHC befindlichen Experimenten ATLAS und CMS bestimmt werden und beträgt etwa 125 GeV/c².
Die große Masse des Top-Quarks macht auch seine Zerfälle zu einem fruchtbaren Feld für die Suche nach neuen Teilchen, wie beispielsweise den Teilchen der Supersymmetrie, einer möglichen Erweiterung des Standardmodells. Mit der Produktion von Top-Quark-Paaren bei höheren Kollisionsenergien lässt sich vielleicht auch die Frage beantworten, ob es sich bei den Quarks wirklich um strukturlose, fundamentale Teilchen handelt. Neue Ergebnisse zum Top-Quark kommen daher vor allem vom Large Hadron Collider (LHC) am CERN, der Anfang September 2008 in Betrieb genommen wurde. Dort werden zwei Protonenstrahlen mit einer Energie bis zu 6,5 TeV pro Proton zur Kollision gebracht.
Die theoretische Erklärung des Confinement-Problems ist eine der großen Herausforderungen der theoretischen Teilchenphysik. Es wurden verschiedene Modelle entwickelt, die in den letzten Jahren theoretisch untersucht wurden. Eine Möglichkeit ist die Bildung eines Gluonkondensates, welches dann nicht-triviale topologische Objekte enthalten kann (chromo-magnetische Monopole, Center-Vortices, Dyonen), eine andere Idee ist Confinement durch Instantonen, also Tunnelprozesse zu erklären. In den letzten Jahren wurden auch einzelne Greens-Funktionen der QCD mit verschiedenen Methoden untersucht. Von besonderem Interesse ist hier der Gluonpropagator, für dessen Verhalten im Infrarotbereich unterschiedliche Methoden unterschiedliche Ergebnisse liefern.[25] Dieses Problem wurde und wird stark diskutiert und ist aktuell (Januar 2011) noch nicht vollständig gelöst. Aus dem Infrarotverhalten des Gluonpropagators ergeben sich Hinweise auf die Gültigkeit verschiedener Confinementszenarien.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der letzten Jahre, auf theoretischer Ebene, ist das Verhalten von Quarks bei endlichen Temperaturen und Dichten. Man weiß aus Experimenten, dass sich bei extrem hohen Dichten eine neue Phase einstellt, das Quark-Gluon-Plasma. Die theoretische Beschreibung dieses Zustandes und die Beschreibung des Phasenüberganges ist von hohem theoretischen Interesse. Zum einen sind die Quarks quasi-frei, die Confinement-Hypothese gilt also nicht mehr und man spricht von einem Confinement-Deconfinement-Übergang. Auch wird bei hohen Temperaturen und Dichten die chirale Symmetrie wieder hergestellt (bis auf die explizite Brechung durch die Stromquarkmassen). Ein Zusammenhang dieser beiden Phasenübergänge gilt als sehr wahrscheinlich und die Übergangstemperaturen für beide Übergänge stimmen anscheinend überein. Wie genau der Zusammenhang gegeben ist, von welcher Ordnung der Phasenübergang ist und ob nicht doch unter Umständen in gewissen Bereichen die Übergangstemperaturen unterschiedlich sein können, wie von einigen Forschern vorhergesagt, ist aber noch nicht endgültig gelöst und wird wohl erst durch experimentelle Messung beantwortet werden können.