78.53.182.141 (Diskussion) |
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Die '''Bloch-Funktion''' oder '''Bloch-Welle''' (nach [[Felix Bloch (Physiker)|Felix Bloch]]) ist eine allgemeine Form für die Lösung der [[Stationärer Zustand|stationären]] [[Schrödingergleichung]] für ein Teilchen in einem periodischen [[Potential (Physik)|Potential]], z. B. die [[Wellenfunktion]] eines [[Elektron]]s in einem [[kristallin]]en [[Festkörper]]. | Die '''Bloch-Funktion''' oder '''Bloch-Welle''' (nach [[Felix Bloch (Physiker)|Felix Bloch]]) ist eine allgemeine Form für die Lösung der [[Stationärer Zustand|stationären]] [[Schrödingergleichung]] für ein Teilchen in einem periodischen [[Potential (Physik)|Potential]], z. B. die [[Wellenfunktion]] eines [[Elektron]]s in einem [[kristallin]]en [[Festkörper]] (Bloch-Elektron). | ||
Die Form dieser Wellenfunktionen <math>\psi</math> wird durch das '''Bloch-Theorem''' festgelegt, welches ein Spezialfall des [[Satz von Floquet|Floquet-Theorems]] ist: | Die Form dieser Wellenfunktionen <math>\psi</math> wird durch das '''Bloch-Theorem''' festgelegt, welches ein Spezialfall des [[Satz von Floquet|Floquet-Theorems]] ist: | ||
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|'''Satz:''' Es sei ein periodisches Potential <math>V(\vec r)</math> mit der Periodizität <math>\vec R</math> gegeben: | |'''Satz:''' Es sei ein periodisches Potential <math>V(\vec r)</math> mit der Periodizität <math>\vec R</math> gegeben: | ||
: <math>V(\vec r) = V(\vec r + \vec R)</math> | |||
Dann existiert eine Basis von Lösungen der stationären Schrödingergleichung der Form | Dann existiert eine Basis von Lösungen der stationären Schrödingergleichung der Form | ||
:<math>\ | : <math>\psi_\vec k(\vec r) = e^{\mathrm i \vec k \cdot \vec r} \cdot u_\vec k(\vec r)</math> | ||
mit | mit | ||
* der [[Eulersche Zahl|Eulerschen Zahl]] <math>e</math> | * der [[Eulersche Zahl|Eulerschen Zahl]] <math>e</math> | ||
* der [[ | * der [[Imaginäre Einheit|imaginären Einheit]] <math>\mathrm i</math> | ||
* einem beliebigen Vektor <math>\vec k</math> | * einem beliebigen Vektor <math>\vec k</math> | ||
* einer vom Parameter <math>\vec k</math> abhängigen [[ | * einer vom Parameter <math>\vec k</math> abhängigen [[Periodische Funktion|periodischen Funktion]] <math>u_\vec k(\vec r)</math> mit [[Periode (Physik)|Periode]] <math>\vec R</math>: <math>u_\vec k(\vec r) = u_\vec k(\vec r + \vec R)</math> | ||
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Die Periodizität des Potentials <math>V(\vec r)</math> überträgt sich also auf <math>u_k(\vec r)</math> und damit auf die [[Aufenthaltswahrscheinlichkeit]] <math>|\psi(\vec r)|^2=|\psi(\vec r + \vec R)|^2</math> des betrachteten [[Teilchen]]s im Potential. Für ein Elektron in so einem Energieeigenzustand | Die Periodizität des Potentials <math>V(\vec r)</math> überträgt sich also auf <math>u_k(\vec r)</math> und damit auf die [[Aufenthaltswahrscheinlichkeit]] <math>|\psi(\vec r)|^2=|\psi(\vec r + \vec R)|^2</math> des betrachteten [[Teilchen]]s im Potential. Für ein Elektron in so einem Energieeigenzustand ist daher die Aufenthaltswahrscheinlichkeit in jeder Elementarzelle gleich groß und zeigt den gleichen räumlichen Verlauf. In einem kristallinen Festkörper ist die Periodizität gegeben durch das [[Kristallgitter]], <math>\vec R</math> ist ein [[Gittervektor]]. Ist das Potential zeitunabhängig, kann <math>u_k(\vec r)</math> als reell angesetzt werden. | ||
Nach dem Bloch-Theorem | == Aussagen == | ||
Nach dem Bloch-Theorem sind die Einteilchen-Energieeigenzustände <math>\psi_{\vec k}(\vec r)</math> über einen [[Wellenvektor]] <math>\vec k</math> [[Parameter (Mathematik)|parametrisiert]], wobei dessen Komponenten <math>\vec k=\left(k_x, k_y, k_z\right)</math> alle reellen Zahlen durchlaufen können. Für eine vollständige Parametrisierung genügen schon die Wellenvektoren <math>\vec k</math> der ersten [[Brillouin-Zone]] (<math>|k_x|\leq\pi/a_x</math> etc.). Denn eine Blochfunktion <math>\psi(\vec r) = e^{\mathrm i \vec k \cdot \vec r} \cdot u_\vec k(\vec r)</math> bleibt unverändert, wenn <math>\vec k</math> durch <math>\vec k' = \vec k + \vec {G_n}</math>, mit einem beliebigen Vektor <math>\vec {G_n}=\sum_{i=1}^3 n_i \vec b_i</math> des [[Reziprokes Gitter|reziproken Gitters]], ersetzt wird und gleichzeitig die Funktion <math>u_\vec k(\vec r)</math> durch <math>u_{\vec k'}(\vec r) = e^{-\mathrm i \vec r_{ } \cdot \vec {G_n}} u_\vec {k}(\vec r)</math>. Es gilt <math>\psi(\vec r) = e^{\mathrm i \vec k \cdot \vec r} \cdot u_\vec k(\vec r) \equiv e^{\mathrm i \vec k' \cdot \vec r} \cdot u_{\vec k '}(\vec r)</math>, denn per Definition ist <math>e^{\mathrm i \vec {R_{ }} \cdot \vec {G_n}} =1 </math>, und damit ist auch die Funktion <math>u_{\vec k'}(\vec r) </math> periodisch wie <math>u_{\vec k}(\vec r) </math>. Das ermöglicht bei der Beschreibung von Wellenfunktionen und Gitter-Energien, vom [[Bandstruktur#Darstellungsarten|erweiterten Zonenschema]] zum reduzierten Zonenschema überzugehen. | |||
Zur Beschreibung aller Einteilchen-Wellenfunktionen des Kristalls <math>\psi_{\vec k'}(\vec r)</math>, insbesondere der gitterperiodischen Funktion <math>u_{\vec k'}(\vec r)</math>, im reduzierten Zonenschema werden die Beiträge des gesamten reziproken Gitters, d. h., aller äquivalenten reziproken Gittervektoren <math>\vec {G_n}</math> benötigt, sodass hier ein weiterer Index ''n'' eingeführt werden muss. Dieser vermittelt gerade über den reziproken Gittervektor <math>\vec {G_n}</math> den Beitrag der n-ten Brillouin-Zone zum Energiespektrum <math>E \vec(k')</math> und zur Wellenfunktion <math>\psi_{\vec k'}(\vec r)</math>. | |||
Da <math>\vec {G_n}</math> aber diskret ist, bildet sich für jedes <math>\vec k'</math> ein diskretes Energiespektrum aus <math>E_{\vec k'}(\vec k')=E_{\vec k+\vec{G_n}}(\vec{k}+\vec{G_n})=E_{n\vec k}(\vec{k}+\vec{G_n})</math>, das sich aber als Funktion von <math>\vec k</math> innerhalb der ersten Brillouin-Zone kontinuierlich verändert. Das quasi-kontinuierliche, aber diskrete Energiespektrum kann dadurch über ''n'' diskrete Energiebänder dargestellt werden: | |||
:<math>E_{\vec k'}(\vec k') \rightarrow E_{nk}(\vec k,G_n)</math> | |||
bzw. | |||
:<math> u_{\vec k'}(\vec r)\rightarrow u_{n\vec k}(\vec r,G_n) \Rightarrow u_{\vec k'}(\vec r)=\sum_n u_{n\vec k}(\vec r,G_n)</math> | |||
bzw. | |||
:<math> \psi_{\vec k'}(\vec r)= e^{\mathrm i \vec k \cdot \vec r} \cdot\sum_n u_{n\vec k}(\vec r,G_n)</math> | |||
Das ist die Grundlage der in der Festkörperphysik verbreiteten Darstellung der [[Bandstruktur]] im [[Bändermodell]]. | |||
[[Wellenvektor]] <math>\vec k</math> und ''n'', genannt Bandindex, sind daher geeignete Indizes zur Bezeichnung der Einteilchen-Energieeigenzustände und Einteilchen-Wellenfunktion des Gitters. Der Wellenvektor wird auch als [[Quasiimpuls]] oder '''Kristallimpuls''' bezeichnet. Der Name ist damit begründet, dass im Falle einer schwach veränderlichen Funktion <math>u_\vec k(\vec r) \approx const </math> der [[Impuls]] des Teilchens näherungsweise durch <math>\langle \vec p \rangle\approx \hbar \vec k</math> gegeben ist, so dass der Kristallimpuls noch näherungsweise die Eigenschaften des Impulses hat, z. B. bei der [[Impulserhaltung]] bei Stößen oder Emission und Absorption von Photonen. Wenn <math>u_\vec k(\vec r) = const </math>, gilt das exakt. | |||
== Vereinfachte Herleitung == | == Vereinfachte Herleitung == | ||
Da das Potential <math>V(\vec{r})</math> invariant gegenüber einer [[Translation (Physik)|Translation]] um einen Vektor <math>\vec R</math> ist (in einem Kristall ist <math>\vec{R}</math> ein Gittervektor), ist es auch der [[Hamiltonoperator]] <math>\hat H = \frac{\hat p^2}{2m} + V(\vec r)</math> des Teilchens. Eine Eigenfunktion, die um die Strecke <math>\vec{R}</math> verschoben wird, ist daher sicher wieder eine Eigenfunktion zur selben Energie. Wenn keine Entartung vorliegt, beschreibt sie denselben Zustand wie vor der Translation, kann sich von der unverschobenen Funktion also nur um einen festen Phasenfaktor <math>f</math> unterscheiden. | Da das Potential <math>V(\vec{r})</math> invariant gegenüber einer [[Translation (Physik)|Translation]] um einen Vektor <math>\vec R</math> ist (in einem Kristall ist <math>\vec{R}</math> ein Gittervektor), ist es auch der [[Hamiltonoperator]] <math>\hat H = \frac{\hat p^2}{2m} + V(\vec r)</math> des Teilchens. Eine Eigenfunktion, die um die Strecke <math>\vec{R}</math> verschoben wird, ist daher sicher wieder eine Eigenfunktion zur selben Energie. Wenn keine Entartung vorliegt, beschreibt sie denselben Zustand wie vor der Translation, kann sich von der unverschobenen Funktion also nur um einen festen Phasenfaktor <math>f</math> unterscheiden. | ||
: <math>\psi(\vec{r} + \vec{R}) = f\ \psi(\vec{r})</math> | |||
Bei n-fach wiederholter Ausführung der Translation multiplizieren sich die Phasenfaktoren (<math>f^n</math>), während sich die Strecken addieren (<math>n\vec R</math>). | |||
Da aber die Teilchendichte erhalten bleiben soll: | |||
:<math>\psi(\vec{r} + \vec{R}) = | : <math>\left|\psi(\vec{r} + \vec{R})\right|^2 = \left|\psi(\vec{r})\right|^2 </math>, | ||
muss <math>f</math> allgemein gegeben sein durch | |||
:<math>f(\vec{R}) = e^{\mathrm i \vec{k} \cdot \vec{R}}</math> | : <math>f(\vec{R}) = e^{\mathrm i \vec{k} \cdot \vec{R}}</math> | ||
mit einem geeigneten festen Vektor <math>\vec k</math>. Für eine aus <math>\psi(\vec{r})</math> gebildete Funktion <math>u(\vec{r}) = e^{-\mathrm i \vec{k} \cdot \vec{r}}\psi(\vec{r}) </math> | mit einem geeigneten festen Vektor <math>\vec k</math>. Für eine aus <math>\psi(\vec{r})</math> gebildete Funktion <math>u(\vec{r}) = e^{-\mathrm i \vec{k} \cdot \vec{r}}\psi(\vec{r}) </math> | ||
folgt dann einfache Periodizität <math>u(\vec{r} + \vec{R}) = u(\vec{r})</math>. | folgt dann einfache Periodizität <math>u(\vec{r} + \vec{R}) = u(\vec{r})</math>. | ||
Also ist <math>\psi(\vec{r}) = e^{\mathrm i \vec{k}\cdot\vec{r}} u(\vec{r}) </math> | Also ist <math>\psi(\vec{r}) = e^{\mathrm i \vec{k}\cdot\vec{r}} u(\vec{r}) </math> | ||
== Siehe auch == | |||
* [[Modell der quasifreien Elektronen]] | |||
== Literatur == | == Literatur == | ||
* Felix Bloch | * Felix Bloch: ''Über die Quantenmechanik der Elektronen in Kristallgittern''. In: ''Zeitschrift für Physik A''. 52, 1929, S. 555-600, [[doi:10.1007/BF01339455]]. | ||
* Hartmut Haug, Stephan Koch: ''Quantum Theory of the Optical and Electronic Properties of Semiconductors'' | * Hartmut Haug, Stephan Koch: ''Quantum Theory of the Optical and Electronic Properties of Semiconductors''. Fourth Edition. World Scientific, Singapore / River Edge / London, S. 29 ff. | ||
* | * Claude Cohen-Tannoudji, Bernard Diu, Franck Laloë: ''Quantenmechanik 1&2''. 2. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin / New York 1999. | ||
* | * Charles Kittel: ''Einführung in die Festkörperphysik''. 14. Auflage. Oldenbourg-Verlag, München 2006, S. 187 f. | ||
* | * Harald Ibach, Hans Lüth: ''Festkörperphysik''. 5. Auflage. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 1999, S. 160 ff. | ||
[[Kategorie:Quantenmechanik]] | [[Kategorie:Quantenmechanik]] | ||
[[Kategorie:Festkörperphysik]] | [[Kategorie:Festkörperphysik]] | ||
[[Kategorie:Felix Bloch]] | [[Kategorie:Felix Bloch]] |
Die Bloch-Funktion oder Bloch-Welle (nach Felix Bloch) ist eine allgemeine Form für die Lösung der stationären Schrödingergleichung für ein Teilchen in einem periodischen Potential, z. B. die Wellenfunktion eines Elektrons in einem kristallinen Festkörper (Bloch-Elektron).
Die Form dieser Wellenfunktionen
Satz: Es sei ein periodisches Potential Dann existiert eine Basis von Lösungen der stationären Schrödingergleichung der Form mit
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Die Periodizität des Potentials
Nach dem Bloch-Theorem sind die Einteilchen-Energieeigenzustände
Zur Beschreibung aller Einteilchen-Wellenfunktionen des Kristalls
Da
bzw.
bzw.
Das ist die Grundlage der in der Festkörperphysik verbreiteten Darstellung der Bandstruktur im Bändermodell.
Wellenvektor
Da das Potential
Bei n-fach wiederholter Ausführung der Translation multiplizieren sich die Phasenfaktoren (
Da aber die Teilchendichte erhalten bleiben soll:
muss
mit einem geeigneten festen Vektor