Bloch-Funktion: Unterschied zwischen den Versionen

Bloch-Funktion: Unterschied zwischen den Versionen

78.53.182.141 (Diskussion)
 
imported>Bleckneuhaus
(Die letzte Textänderung von 2003:D5:71D:1B00:D887:CB30:1099:3942 wurde verworfen und die Version 213708012 von 2003:D5:71D:1B00:D887:CB30:1099:3942 wiederhergestellt. überflüssiges Füllwort)
 
Zeile 1: Zeile 1:
[[File:BlochWave in Silicon.png|thumb|Darstellung einer [[Isofläche]] des [[Betragsquadrat]]es einer Blochwellenfunktion in [[Silizium]]]]
[[Datei:BlochWave in Silicon.png|mini|Darstellung einer [[Isofläche]] des [[Betragsquadrat]]es einer Blochwellenfunktion in [[Silizium]]]]
Die '''Bloch-Funktion''' oder '''Bloch-Welle''' (nach [[Felix Bloch (Physiker)|Felix Bloch]]) ist eine allgemeine Form für die Lösung der [[Stationärer Zustand|stationären]] [[Schrödingergleichung]] für ein Teilchen in einem periodischen [[Potential (Physik)|Potential]], z. B. die [[Wellenfunktion]] eines [[Elektron]]s in einem [[kristallin]]en [[Festkörper]].
Die '''Bloch-Funktion''' oder '''Bloch-Welle''' (nach [[Felix Bloch (Physiker)|Felix Bloch]]) ist eine allgemeine Form für die Lösung der [[Stationärer Zustand|stationären]] [[Schrödingergleichung]] für ein Teilchen in einem periodischen [[Potential (Physik)|Potential]], z. B. die [[Wellenfunktion]] eines [[Elektron]]s in einem [[kristallin]]en [[Festkörper]] (Bloch-Elektron).


Die Form dieser Wellenfunktionen <math>\psi</math> wird durch das '''Bloch-Theorem''' festgelegt, welches ein Spezialfall des [[Satz von Floquet|Floquet-Theorems]] ist:
Die Form dieser Wellenfunktionen <math>\psi</math> wird durch das '''Bloch-Theorem''' festgelegt, welches ein Spezialfall des [[Satz von Floquet|Floquet-Theorems]] ist:


:{| border = "1" cellspacing = "0" cellpadding = "5" style = "border-collapse:collapse;"
{| border="1" cellspacing="0" cellpadding="5" style="border-collapse:collapse;"
|'''Satz:''' Es sei ein periodisches Potential <math>V(\vec r)</math> mit der Periodizität <math>\vec R</math> gegeben:
|'''Satz:''' Es sei ein periodisches Potential <math>V(\vec r)</math> mit der Periodizität <math>\vec R</math> gegeben:


::<math>V(\vec r) = V(\vec r + \vec R)</math>
: <math>V(\vec r) = V(\vec r + \vec R)</math>


Dann existiert eine Basis von Lösungen der stationären Schrödingergleichung der Form
Dann existiert eine Basis von Lösungen der stationären Schrödingergleichung der Form


:<math>\psi(\vec r) = e^{\mathrm i \vec k \cdot \vec r} \cdot u_\vec k(\vec r)</math>
: <math>\psi_\vec k(\vec r) = e^{\mathrm i \vec k \cdot \vec r} \cdot u_\vec k(\vec r)</math>


mit
mit
* der [[Eulersche Zahl|Eulerschen Zahl]] <math>e</math>
* der [[Eulersche Zahl|Eulerschen Zahl]] <math>e</math>
* der [[imaginäre Einheit|imaginären Einheit]] <math>\mathrm i</math>
* der [[Imaginäre Einheit|imaginären Einheit]] <math>\mathrm i</math>
* einem beliebigen Vektor <math>\vec k</math>
* einem beliebigen Vektor <math>\vec k</math>
* einer vom Parameter <math>\vec k</math> abhängigen [[periodische Funktion|periodischen Funktion]] <math>u_\vec k(\vec r)</math> mit [[Periode (Physik)|Periode]] <math>\vec R</math>: <math>u_\vec k(\vec r) = u_\vec k(\vec r + \vec R)</math>
* einer vom Parameter <math>\vec k</math> abhängigen [[Periodische Funktion|periodischen Funktion]] <math>u_\vec k(\vec r)</math> mit [[Periode (Physik)|Periode]] <math>\vec R</math>: <math>u_\vec k(\vec r) = u_\vec k(\vec r + \vec R)</math>
|}
|}


Die Periodizität des Potentials <math>V(\vec r)</math> überträgt sich also auf <math>u_k(\vec r)</math> und damit auf die [[Aufenthaltswahrscheinlichkeit]] <math>|\psi(\vec r)|^2=|\psi(\vec r + \vec R)|^2</math> des betrachteten [[Teilchen]]s im Potential. Für ein Elektron in so einem Energieeigenzustand hat daher die Aufenthaltswahrscheinlichkeit in jeder Elementarzelle den gleichen Verlauf. In einem kristallinen Festkörper ist die Periodizität gegeben durch das [[Kristallgitter]], <math>\vec R</math> ist ein [[Gittervektor]]. Ist das Potential zeitunabhängig, kann  <math>u_k(\vec r)</math> als reell angesetzt werden.  
Die Periodizität des Potentials <math>V(\vec r)</math> überträgt sich also auf <math>u_k(\vec r)</math> und damit auf die [[Aufenthaltswahrscheinlichkeit]] <math>|\psi(\vec r)|^2=|\psi(\vec r + \vec R)|^2</math> des betrachteten [[Teilchen]]s im Potential. Für ein Elektron in so einem Energieeigenzustand ist daher die Aufenthaltswahrscheinlichkeit in jeder Elementarzelle gleich groß und zeigt den gleichen räumlichen Verlauf. In einem kristallinen Festkörper ist die Periodizität gegeben durch das [[Kristallgitter]], <math>\vec R</math> ist ein [[Gittervektor]]. Ist das Potential zeitunabhängig, kann  <math>u_k(\vec r)</math> als reell angesetzt werden.


Nach dem Bloch-Theorem ist der [[Wellenvektor]] <math>\vec k</math> ein geeigneter Index zur Bezeichnung der Einteilchen-Energieeigenzustände. Er wird auch als [[Quasiimpuls]] oder '''Kristallimpuls''' bezeichnet und ist die Grundlage der in der Festkörperphysik verbreiteten Darstellung der [[Bandstruktur]] im [[Bändermodell]]. Allerdings ist die Zuordnung eines bestimmten Kristallimpulses <math>\vec k</math> zu einer Eigenfunktion <math>\psi(\vec r) = e^{\mathrm i \vec k \cdot \vec r} \cdot u_\vec k(\vec r)</math> nicht eindeutig: Ein Kristallvektor <math>\vec k' = \vec k + \vec {R_G}</math>, mit einem beliebigen Vektor  <math>\vec {R_G}</math> des [[reziprokes Gitter|reziproken Gitters]], bildet nämlich mit einer entsprechend modifizierten Funktion  <math>u_{\vec k'}(\vec r) = e^{-\mathrm i \vec r_{ } \cdot \vec {R_G}} u_\vec {k}(\vec r)</math> dieselbe Eigenfunktion <math>\psi(\vec r) = e^{\mathrm i \vec k \cdot \vec r} \cdot u_\vec k(\vec r)=e^{\mathrm i \vec k' \cdot \vec r} \cdot u_{\vec k '}(\vec r)</math>, denn per Definition ist <math>e^{\mathrm i \vec {R_{ }} \cdot \vec {R_G}} =1 </math> und somit die Funktion <math>u_{\vec k'}(\vec r) </math> periodisch wie <math>u_{\vec k}(\vec r) </math>. Das ermöglicht im Bändermodell den Übergang vom [[Bandstruktur#Darstellungsarten|erweiterten Zonenschema]] zum reduzierten Zonenschema.
== Aussagen ==
Nach dem Bloch-Theorem sind die Einteilchen-Energieeigenzustände <math>\psi_{\vec k}(\vec r)</math> über einen [[Wellenvektor]] <math>\vec k</math> [[Parameter (Mathematik)|parametrisiert]], wobei dessen Komponenten <math>\vec k=\left(k_x, k_y, k_z\right)</math> alle reellen Zahlen durchlaufen können. Für eine vollständige Parametrisierung genügen schon die Wellenvektoren <math>\vec k</math> der ersten [[Brillouin-Zone]] (<math>|k_x|\leq\pi/a_x</math> etc.). Denn eine Blochfunktion <math>\psi(\vec r) = e^{\mathrm i \vec k \cdot \vec r} \cdot u_\vec k(\vec r)</math> bleibt unverändert, wenn <math>\vec k</math> durch <math>\vec k' = \vec k + \vec {G_n}</math>, mit einem beliebigen Vektor  <math>\vec {G_n}=\sum_{i=1}^3 n_i \vec b_i</math> des [[Reziprokes Gitter|reziproken Gitters]], ersetzt wird und gleichzeitig die Funktion <math>u_\vec k(\vec r)</math> durch <math>u_{\vec k'}(\vec r) = e^{-\mathrm i \vec r_{ } \cdot \vec {G_n}} u_\vec {k}(\vec r)</math>. Es gilt <math>\psi(\vec r) = e^{\mathrm i \vec k \cdot \vec r} \cdot u_\vec k(\vec r) \equiv e^{\mathrm i \vec k' \cdot \vec r} \cdot u_{\vec k '}(\vec r)</math>, denn per Definition ist <math>e^{\mathrm i \vec {R_{ }} \cdot \vec {G_n}} =1 </math>, und damit ist auch die Funktion <math>u_{\vec k'}(\vec r) </math> periodisch wie <math>u_{\vec k}(\vec r) </math>. Das ermöglicht bei der Beschreibung von Wellenfunktionen und Gitter-Energien, vom [[Bandstruktur#Darstellungsarten|erweiterten Zonenschema]] zum reduzierten Zonenschema überzugehen.


Der Name Kristallimpuls für den Vektor <math>\vec k</math> ist damit begründet, dass im Falle einer konstanten Funktion <math>u_\vec k(\vec r)=const </math> der [[Impuls]] des Teilchens durch <math>\vec p = \hbar \vec k</math> gegeben ist. Wenn die Funktion <math>u_\vec k(\vec r) </math> nur schwach veränderlich ist, hat der Kristallimpuls noch näherungsweise die Eigenschaften des Impulses, z.&nbsp;B. bei der [[Impulserhaltung]] bei Stößen oder Emission und Absorption von Photonen.
Zur Beschreibung aller Einteilchen-Wellenfunktionen des Kristalls <math>\psi_{\vec k'}(\vec r)</math>, insbesondere der gitterperiodischen Funktion <math>u_{\vec k'}(\vec r)</math>, im reduzierten Zonenschema werden die Beiträge des gesamten reziproken Gitters, d.&nbsp;h., aller äquivalenten reziproken Gittervektoren <math>\vec {G_n}</math> benötigt, sodass hier ein weiterer Index ''n'' eingeführt werden muss. Dieser vermittelt gerade über den reziproken Gittervektor <math>\vec {G_n}</math> den Beitrag der n-ten Brillouin-Zone zum Energiespektrum <math>E \vec(k')</math> und zur Wellenfunktion <math>\psi_{\vec k'}(\vec r)</math>.
 
Da <math>\vec {G_n}</math> aber diskret ist, bildet sich für jedes  <math>\vec k'</math> ein diskretes Energiespektrum aus <math>E_{\vec k'}(\vec k')=E_{\vec k+\vec{G_n}}(\vec{k}+\vec{G_n})=E_{n\vec k}(\vec{k}+\vec{G_n})</math>, das sich aber als Funktion von <math>\vec k</math> innerhalb der ersten Brillouin-Zone kontinuierlich verändert. Das quasi-kontinuierliche, aber diskrete Energiespektrum kann dadurch über ''n'' diskrete Energiebänder dargestellt werden:
 
:<math>E_{\vec k'}(\vec k') \rightarrow E_{nk}(\vec k,G_n)</math>
bzw.
:<math> u_{\vec k'}(\vec r)\rightarrow u_{n\vec k}(\vec r,G_n)  \Rightarrow  u_{\vec k'}(\vec r)=\sum_n u_{n\vec k}(\vec r,G_n)</math>
bzw.
:<math> \psi_{\vec k'}(\vec r)= e^{\mathrm i \vec k \cdot \vec r} \cdot\sum_n u_{n\vec k}(\vec r,G_n)</math>
 
Das ist die Grundlage der in der Festkörperphysik verbreiteten Darstellung der [[Bandstruktur]] im [[Bändermodell]].
 
[[Wellenvektor]] <math>\vec k</math> und ''n'', genannt Bandindex, sind daher geeignete Indizes zur Bezeichnung der Einteilchen-Energieeigenzustände und Einteilchen-Wellenfunktion des Gitters. Der Wellenvektor wird auch als [[Quasiimpuls]] oder '''Kristallimpuls''' bezeichnet. Der Name ist damit begründet, dass im Falle einer schwach veränderlichen Funktion <math>u_\vec k(\vec r) \approx const </math> der [[Impuls]] des Teilchens näherungsweise durch <math>\langle \vec p \rangle\approx \hbar \vec k</math> gegeben ist, so dass der Kristallimpuls noch näherungsweise die Eigenschaften des Impulses hat, z.&nbsp;B. bei der [[Impulserhaltung]] bei Stößen oder Emission und Absorption von Photonen. Wenn <math>u_\vec k(\vec r) = const </math>, gilt das exakt.


== Vereinfachte Herleitung ==
== Vereinfachte Herleitung ==
Da das Potential <math>V(\vec{r})</math> invariant gegenüber einer [[Translation (Physik)|Translation]] um einen Vektor <math>\vec R</math> ist (in einem Kristall ist <math>\vec{R}</math> ein Gittervektor), ist es auch der [[Hamiltonoperator]] <math>\hat H = \frac{\hat p^2}{2m} + V(\vec r)</math> des Teilchens. Eine Eigenfunktion, die um die Strecke <math>\vec{R}</math> verschoben wird, ist daher sicher wieder eine Eigenfunktion zur selben Energie. Wenn keine Entartung vorliegt, beschreibt sie denselben Zustand wie vor der Translation, kann sich von der unverschobenen Funktion also nur um einen festen Phasenfaktor <math>f</math> unterscheiden.  
Da das Potential <math>V(\vec{r})</math> invariant gegenüber einer [[Translation (Physik)|Translation]] um einen Vektor <math>\vec R</math> ist (in einem Kristall ist <math>\vec{R}</math> ein Gittervektor), ist es auch der [[Hamiltonoperator]] <math>\hat H = \frac{\hat p^2}{2m} + V(\vec r)</math> des Teilchens. Eine Eigenfunktion, die um die Strecke <math>\vec{R}</math> verschoben wird, ist daher sicher wieder eine Eigenfunktion zur selben Energie. Wenn keine Entartung vorliegt, beschreibt sie denselben Zustand wie vor der Translation, kann sich von der unverschobenen Funktion also nur um einen festen Phasenfaktor <math>f</math> unterscheiden.
 
: <math>\psi(\vec{r} + \vec{R}) = f\  \psi(\vec{r})</math>
 
Bei n-fach wiederholter Ausführung der Translation multiplizieren sich die Phasenfaktoren (<math>f^n</math>), während sich die Strecken addieren (<math>n\vec R</math>).
 
Da aber die Teilchendichte erhalten bleiben soll:


:<math>\psi(\vec{r} + \vec{R}) = f\ \psi(\vec{r})</math>
: <math>\left|\psi(\vec{r} + \vec{R})\right|^2 = \left|\psi(\vec{r})\right|^2 </math>,


Bei n-fach wiederholter Ausführung der Translation multiplizieren sich die Phasenfaktoren (<math>f^n</math>), während sich die Strecken addieren (<math>n\vec R</math>). Daher muss <math>f</math> allgemein gegeben sein durch
muss <math>f</math> allgemein gegeben sein durch


:<math>f(\vec{R}) = e^{\mathrm i \vec{k} \cdot \vec{R}}</math>
: <math>f(\vec{R}) = e^{\mathrm i \vec{k} \cdot \vec{R}}</math>


mit einem geeigneten festen Vektor <math>\vec k</math>. Für eine aus <math>\psi(\vec{r})</math> gebildete Funktion <math>u(\vec{r}) = e^{-\mathrm i \vec{k} \cdot \vec{r}}\psi(\vec{r}) </math>
mit einem geeigneten festen Vektor <math>\vec k</math>. Für eine aus <math>\psi(\vec{r})</math> gebildete Funktion <math>u(\vec{r}) = e^{-\mathrm i \vec{k} \cdot \vec{r}}\psi(\vec{r}) </math>
folgt dann einfache Periodizität <math>u(\vec{r} + \vec{R}) =  u(\vec{r})</math>.
folgt dann einfache Periodizität <math>u(\vec{r} + \vec{R}) =  u(\vec{r})</math>.
Also ist <math>\psi(\vec{r}) = e^{\mathrm i \vec{k}\cdot\vec{r}}  u(\vec{r}) </math>
Also ist <math>\psi(\vec{r}) = e^{\mathrm i \vec{k}\cdot\vec{r}}  u(\vec{r}) </math>
== Siehe auch ==
* [[Modell der quasifreien Elektronen]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* Felix Bloch, ''Über die Quantenmechanik der Elektronen in Kristallgittern'', Zeitschrift für Physik A, '''52''', s. 555-600 (1929), {{DOI|10.1007/BF01339455}}.
* Felix Bloch: ''Über die Quantenmechanik der Elektronen in Kristallgittern''. In: ''Zeitschrift für Physik A''. 52, 1929, S. 555-600, [[doi:10.1007/BF01339455]].
* Hartmut Haug, Stephan Koch: ''Quantum Theory of the Optical and Electronic Properties of Semiconductors'', Fourth Edition, Singapore River Edge London: World Scientific, Seite 29ff.  
* Hartmut Haug, Stephan Koch: ''Quantum Theory of the Optical and Electronic Properties of Semiconductors''. Fourth Edition. World Scientific, Singapore / River Edge / London, S. 29 ff.
* ''Cohen-Tannoudji, Claude'' / ''Diu, Bernard'' / ''Laloë, Franck'' (1999): ''Quantenmechanik 1&2'', 2. Auflage, Berlin New York: Walter de Gruyter.
* Claude Cohen-Tannoudji, Bernard Diu, Franck Laloë: ''Quantenmechanik 1&2''. 2. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin / New York 1999.
*''Kittel, Charles'' (2006): ''Einführung in die Festkörperphysik'', 14. Auflage, München: Oldenbourg-Verlag, Seite 187f.
* Charles Kittel: ''Einführung in die Festkörperphysik''. 14. Auflage. Oldenbourg-Verlag, München 2006, S. 187 f.
* ''Ibach, Harald'' / ''Lüth, Hans'' (1999): ''Festkörperphysik'', 5. Auflage, Berlin Heidelberg: Springer-Verlag, Seite 160ff.
* Harald Ibach, Hans Lüth: ''Festkörperphysik''. 5. Auflage. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 1999, S. 160 ff.


[[Kategorie:Quantenmechanik]]
[[Kategorie:Quantenmechanik]]
[[Kategorie:Festkörperphysik]]
[[Kategorie:Festkörperphysik]]
[[Kategorie:Felix Bloch]]
[[Kategorie:Felix Bloch]]

Aktuelle Version vom 9. Juli 2021, 14:48 Uhr

Darstellung einer Isofläche des Betragsquadrates einer Blochwellenfunktion in Silizium

Die Bloch-Funktion oder Bloch-Welle (nach Felix Bloch) ist eine allgemeine Form für die Lösung der stationären Schrödingergleichung für ein Teilchen in einem periodischen Potential, z. B. die Wellenfunktion eines Elektrons in einem kristallinen Festkörper (Bloch-Elektron).

Die Form dieser Wellenfunktionen ψ wird durch das Bloch-Theorem festgelegt, welches ein Spezialfall des Floquet-Theorems ist:

Satz: Es sei ein periodisches Potential V(r) mit der Periodizität R gegeben:
V(r)=V(r+R)

Dann existiert eine Basis von Lösungen der stationären Schrödingergleichung der Form

ψk(r)=eikruk(r)

mit

  • der Eulerschen Zahl e
  • der imaginären Einheit i
  • einem beliebigen Vektor k
  • einer vom Parameter k abhängigen periodischen Funktion uk(r) mit Periode R: uk(r)=uk(r+R)

Die Periodizität des Potentials V(r) überträgt sich also auf uk(r) und damit auf die Aufenthaltswahrscheinlichkeit |ψ(r)|2=|ψ(r+R)|2 des betrachteten Teilchens im Potential. Für ein Elektron in so einem Energieeigenzustand ist daher die Aufenthaltswahrscheinlichkeit in jeder Elementarzelle gleich groß und zeigt den gleichen räumlichen Verlauf. In einem kristallinen Festkörper ist die Periodizität gegeben durch das Kristallgitter, R ist ein Gittervektor. Ist das Potential zeitunabhängig, kann uk(r) als reell angesetzt werden.

Aussagen

Nach dem Bloch-Theorem sind die Einteilchen-Energieeigenzustände ψk(r) über einen Wellenvektor k parametrisiert, wobei dessen Komponenten k=(kx,ky,kz) alle reellen Zahlen durchlaufen können. Für eine vollständige Parametrisierung genügen schon die Wellenvektoren k der ersten Brillouin-Zone (|kx|π/ax etc.). Denn eine Blochfunktion ψ(r)=eikruk(r) bleibt unverändert, wenn k durch k=k+Gn, mit einem beliebigen Vektor Gn=i=13nibi des reziproken Gitters, ersetzt wird und gleichzeitig die Funktion uk(r) durch uk(r)=eirGnuk(r). Es gilt ψ(r)=eikruk(r)eikruk(r), denn per Definition ist eiRGn=1, und damit ist auch die Funktion uk(r) periodisch wie uk(r). Das ermöglicht bei der Beschreibung von Wellenfunktionen und Gitter-Energien, vom erweiterten Zonenschema zum reduzierten Zonenschema überzugehen.

Zur Beschreibung aller Einteilchen-Wellenfunktionen des Kristalls ψk(r), insbesondere der gitterperiodischen Funktion uk(r), im reduzierten Zonenschema werden die Beiträge des gesamten reziproken Gitters, d. h., aller äquivalenten reziproken Gittervektoren Gn benötigt, sodass hier ein weiterer Index n eingeführt werden muss. Dieser vermittelt gerade über den reziproken Gittervektor Gn den Beitrag der n-ten Brillouin-Zone zum Energiespektrum E(k) und zur Wellenfunktion ψk(r).

Da Gn aber diskret ist, bildet sich für jedes k ein diskretes Energiespektrum aus Ek(k)=Ek+Gn(k+Gn)=Enk(k+Gn), das sich aber als Funktion von k innerhalb der ersten Brillouin-Zone kontinuierlich verändert. Das quasi-kontinuierliche, aber diskrete Energiespektrum kann dadurch über n diskrete Energiebänder dargestellt werden:

Ek(k)Enk(k,Gn)

bzw.

uk(r)unk(r,Gn)uk(r)=nunk(r,Gn)

bzw.

ψk(r)=eikrnunk(r,Gn)

Das ist die Grundlage der in der Festkörperphysik verbreiteten Darstellung der Bandstruktur im Bändermodell.

Wellenvektor k und n, genannt Bandindex, sind daher geeignete Indizes zur Bezeichnung der Einteilchen-Energieeigenzustände und Einteilchen-Wellenfunktion des Gitters. Der Wellenvektor wird auch als Quasiimpuls oder Kristallimpuls bezeichnet. Der Name ist damit begründet, dass im Falle einer schwach veränderlichen Funktion uk(r)const der Impuls des Teilchens näherungsweise durch pk gegeben ist, so dass der Kristallimpuls noch näherungsweise die Eigenschaften des Impulses hat, z. B. bei der Impulserhaltung bei Stößen oder Emission und Absorption von Photonen. Wenn uk(r)=const, gilt das exakt.

Vereinfachte Herleitung

Da das Potential V(r) invariant gegenüber einer Translation um einen Vektor R ist (in einem Kristall ist R ein Gittervektor), ist es auch der Hamiltonoperator H^=p^22m+V(r) des Teilchens. Eine Eigenfunktion, die um die Strecke R verschoben wird, ist daher sicher wieder eine Eigenfunktion zur selben Energie. Wenn keine Entartung vorliegt, beschreibt sie denselben Zustand wie vor der Translation, kann sich von der unverschobenen Funktion also nur um einen festen Phasenfaktor f unterscheiden.

ψ(r+R)=f ψ(r)

Bei n-fach wiederholter Ausführung der Translation multiplizieren sich die Phasenfaktoren (fn), während sich die Strecken addieren (nR).

Da aber die Teilchendichte erhalten bleiben soll:

|ψ(r+R)|2=|ψ(r)|2,

muss f allgemein gegeben sein durch

f(R)=eikR

mit einem geeigneten festen Vektor k. Für eine aus ψ(r) gebildete Funktion u(r)=eikrψ(r) folgt dann einfache Periodizität u(r+R)=u(r). Also ist ψ(r)=eikru(r)

Siehe auch

Literatur

  • Felix Bloch: Über die Quantenmechanik der Elektronen in Kristallgittern. In: Zeitschrift für Physik A. 52, 1929, S. 555-600, doi:10.1007/BF01339455.
  • Hartmut Haug, Stephan Koch: Quantum Theory of the Optical and Electronic Properties of Semiconductors. Fourth Edition. World Scientific, Singapore / River Edge / London, S. 29 ff.
  • Claude Cohen-Tannoudji, Bernard Diu, Franck Laloë: Quantenmechanik 1&2. 2. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin / New York 1999.
  • Charles Kittel: Einführung in die Festkörperphysik. 14. Auflage. Oldenbourg-Verlag, München 2006, S. 187 f.
  • Harald Ibach, Hans Lüth: Festkörperphysik. 5. Auflage. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 1999, S. 160 ff.