Lorentzoszillator

Lorentzoszillator

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Das klassische Modell des Lorentzoszillators (nach Hendrik Antoon Lorentz) beschreibt ein an den Atomrumpf gebundenes Elektron, welches durch ein elektrisches Feld zu harmonischen Oszillationen angeregt wird. Es ist eine Erweiterung des Drudemodells.

Das Modell wird verwendet, um die frequenzabhängige elektrische Polarisation eines Festkörpers und damit seine dielektrische Funktion mathematisch zu beschreiben. Letztere beschreibt die Frequenzabhängigkeit (Dispersion)

$ \varepsilon =f(\omega ) $

der Permittivität $ \textstyle \varepsilon $ und die damit zusammenhängenden Resonanzen, sie ist von großer Bedeutung für die optischen Eigenschaften eines Stoffes.

Mathematische Modellierung

Grundlagen

Elektronen sind analog zu verschieden starken Federn (Anisotropie) an den Atomkern gebunden

Die Dynamik von Elektronen, Ionen oder permanenten Dipolen in einem Festkörper kann vereinfacht durch einen gedämpften harmonischen Oszillator beschrieben werden. Die folgende Bewegungsgleichung sei ohne Beschränkung der Allgemeinheit für Elektronen aufgestellt. Für Ionen und permanente Dipole lassen sich analoge Gleichungen aufstellen. Modellhaft kann man sich vorstellen, die Elektronen in der Atomhülle seien im Lorentzmodell mit Federn am Atomkern befestigt. Haben die Federn aller Elektronen die gleiche Federkonstante entspräche das einem isotropen Medium. Als periodische Antriebskraft geht die Wechselwirkung mit einem monochromatischen elektromagnetischen Wechselfeld, z. B. Licht, Radio- oder Mikrowellen, ein:

$ m{\frac {\mathrm {d} ^{2}x}{\mathrm {d} t^{2}}}+m\beta {\frac {\mathrm {d} x}{\mathrm {d} t}}+m\omega _{0}^{2}x\;=\;-\mathrm {e} E_{\mathrm {lokal} }^{0}e^{-\mathrm {i} \omega t} $

wobei

  • $ m $: Masse des Elektrons
  • $ x $: Auslenkung des Elektrons
  • $ t $: Zeit
  • $ \beta $: Dämpfung
  • $ \omega $: Kreisfrequenz des treibenden Feldes
  • $ \omega _{0} $: Eigenfrequenz des ungedämpften harmonischen Oszillators
  • $ \mathrm {e} $: Elementarladung
  • $ E_{\mathrm {lokal} }^{0} $: lokale Amplitude des treibenden elektrischen Wechselfeldes

Die stationäre Lösung dieser Bewegungsgleichung lautet:

$ x(t)\;=\;-{\frac {\mathrm {e} }{m}}{\frac {1}{\omega _{0}^{2}-\omega ^{2}-\mathrm {i} \beta \omega }}E_{\mathrm {lokal} }^{0}e^{-\mathrm {i} \omega t}. $

Dielektrische Funktion

Real- und Imaginärteil der dielektrischen Funktion in Abhängigkeit von der Kreisfrequenz des treibenden Feldes
Real- und Imaginärteil der dielektrischen Funktion im visuellen Bereich für einen Halbleiter (Silicium) mit Bandübergängen in diesem Bereich; im Gegensatz zum oberen Bild ist hier als horiz. Achse die Wellenlänge $ \lambda =2\pi {\frac {c}{\omega }} $ aufgetragen

Mittels des Zusammenhangs zwischen dielektrischer Funktion $ \varepsilon (\omega ) $ und der Polarisierbarkeit $ \alpha (\omega ) $:

$ {\begin{aligned}\varepsilon &=1+{\frac {N_{v}}{\varepsilon _{0}/\alpha (\omega )-N_{v}/3}}\\&=1+{\frac {N_{v}}{{\frac {\varepsilon _{0}E_{\mathrm {lokal} }^{0}\cdot e^{-\mathrm {i} \omega t}}{\mathrm {e} x(t)}}-N_{v}/3}}\end{aligned}} $

erhält man:

$ \varepsilon (\omega )=1+{\frac {N_{v}\mathrm {e} ^{2}}{\varepsilon _{0}m}}\cdot {\frac {1}{\omega _{1}^{2}-\omega ^{2}-\mathrm {i} \beta \omega }} $

mit

  • $ N_{v} $: Gitteratome pro Volumeneinheit (Teilchendichte)
  • $ i $: imaginäre Einheit
  • $ \omega _{1}^{2}\;=\;\omega _{0}^{2}-{\frac {1}{3}}N_{v}{\frac {\mathrm {e} ^{2}}{\varepsilon _{0}m}} $: verschobene Resonanzfrequenz.

Die dielektrische Funktion lässt sich wie folgt in Realteil $ \varepsilon ' $ und Imaginärteil $ \varepsilon '' $ trennen:

$ \varepsilon (\omega )\equiv \varepsilon '(\omega )+\mathrm {i} \varepsilon ''(\omega ) $

mit $ \varepsilon '(\omega )\;=\;1+{\frac {N_{v}\mathrm {e} ^{2}}{\varepsilon _{0}m}}{\frac {\omega _{1}^{2}-\omega ^{2}}{(\omega _{1}^{2}-\omega ^{2})^{2}+\beta ^{2}\omega ^{2}}} $

$ \varepsilon ''(\omega )\;=\;{\frac {N_{v}\mathrm {e} ^{2}}{\varepsilon _{0}m}}{\frac {\beta \omega }{(\omega _{1}^{2}-\omega ^{2})^{2}+\beta ^{2}\omega ^{2}}} $

Bemerkungen

  • Die Frequenzabhängigkeit der dielektrischen Funktion, des Brechungsindex sowie des Absorptionskoeffizienten werden im Wesentlichen korrekt wiedergegeben.
  • Reale Materialien weisen stets mehr als nur eine Resonanzfrequenz auf, da mehrere elektronische Übergänge existieren; jeder von ihnen liefert gemäß seiner Oszillatorstärke einen Beitrag zur elektronischen Polarisierbarkeit
  • Bei Festkörpern spielt die Aufspaltung in Energiebänder (Bandstruktur) eine wichtige Rolle bezüglich der möglichen Übergänge.

Siehe auch

Literatur

  • K. Kopitzki: Einführung in die Festkörperphysik, Teubner Studienbücher 1993, ISBN 3-519-23083-6