Die Dichtefunktionaltheorie (DFT) ist ein Verfahren zur Bestimmung des quantenmechanischen Grundzustandes eines Vielelektronensystems, das auf der ortsabhängigen Elektronendichte beruht. Die Dichtefunktionaltheorie wird zur Berechnung grundlegender Eigenschaften von Molekülen und Festkörpern, wie beispielsweise von Bindungslängen und -energien, verwendet.
Die große Bedeutung dieser Theorie liegt darin, dass es mit ihr nicht notwendig ist, die vollständige Schrödingergleichung für das Vielelektronensystem zu lösen, wodurch der Aufwand an Rechenleistung stark sinkt bzw. Berechnungen von Systemen mit deutlich über zehn Elektronen überhaupt erst möglich werden.
Für die Entwicklung der Dichtefunktionaltheorie wurde 1998 der Nobelpreis für Chemie an Walter Kohn vergeben.
Grundlage der Dichtefunktionaltheorie ist das Hohenberg-Kohn-Theorem: Der Grundzustand eines Systems von $ N $ Elektronen (als Wellenfunktion also von 3N Koordinaten abhängig) ist durch die ortsabhängige Elektronendichte $ n({\vec {r}}) $ eindeutig festgelegt. In der Dichtefunktionaltheorie wird nun die Elektronendichte im Grundzustand bestimmt, daraus können im Prinzip alle weiteren Eigenschaften des Grundzustandes bestimmt werden. Diese Eigenschaften, beispielsweise die Gesamtenergie, sind also Funktionale der Dichte.
Die Rechnungen mit der Dichtefunktionaltheorie werden normalerweise in der Born-Oppenheimer-Näherung durchgeführt, es werden also nur die Elektronen quantenmechanisch behandelt.
Um die Elektronendichte zu bestimmen, werden $ N $ Einelektronen-Wellenfunktionen, die sogenannten Kohn-Sham-Funktionen $ \varphi _{j} $ angesetzt (benannt nach Kohn und Lu Jeu Sham), die $ N $ Lösungen der Schrödingergleichung in einer effektiven Potentialfunktion $ v_{\mathrm {eff} } $ sind. Diese Rechenweise ist wesentlich weniger aufwändig als die Lösung der Schrödingergleichung mit $ N $ Elektronen zugleich, weil es sich um voneinander unabhängige Lösungen einer Schrödingergleichung handelt (keine Slater-Determinante). Diese Einelektronen-Schrödingergleichungen werden auch als Kohn-Sham-Gleichungen bezeichnet:
(Anmerkung: in dieser und den folgenden Gleichungen werden der Einfachheit halber atomare Einheiten verwendet. In diesem Einheitensystem erhält man die Energie $ \epsilon $ in Hartree, das sind etwa 27,2 eV.)
Die Dichte erhält man aus der Summe der Elektronendichten der Kohn-Sham-Funktionen:
Das effektive Potential ist von der Dichte abhängig:
Hierbei ist der erste Term, $ v({\vec {r}}) $, das externe Potential, das im Wesentlichen die Anziehung der Elektronen durch die Atomkerne beschreibt, und der zweite Term beschreibt die elektrostatische Wechselwirkung der Elektronen untereinander (Hartree-Term). Der dritte Term $ v_{\mathrm {xc} }({\vec {r}}) $, das sogenannte Austausch-Korrelationspotential („x“ für englisch „{{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value), „c“ für „{{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)“), soll für die korrekte Behandlung des Vielelektronensystems sorgen.
Da das effektive Potential $ v_{\mathrm {eff} }({\vec {r}}) $ einerseits in den Kohn-Sham-Gleichungen vorkommt, andererseits von der Dichte $ n({\vec {r}}) $ und somit von den Lösungen dieser Gleichungen abhängt, müssen die Lösungen iterativ gefunden werden. Es wird also mit dem neu gefundenen Potential (oder einer Linearkombination des vorigen und des neuen Potentials) die Kohn-Sham-Gleichung wieder gelöst, daraus ein neues Potential bestimmt usw., bis eine stabile (selbstkonsistente) Lösung gefunden wird.
Streng genommen sind die Kohn-Sham-Funktionen reine Rechengrößen und haben für sich alleine keine physikalische Bedeutung. In der Praxis können sie jedoch oft als Näherung für tatsächliche Elektronenzustände herangezogen werden, und ihre Energien $ \epsilon _{j} $ werden zum Beispiel zur Berechnung der Bandstruktur herangezogen.
Mit dem Kohn-Sham-Formalismus wurde das Problem des Vielelektronensystems eigentlich nur auf den Austausch-Korrelationsterm $ v_{xc}({\vec {r}}) $ verlagert, und noch nicht gelöst. Streng genommen hängt $ v_{xc}({\vec {r}}) $ von der Elektronendichte an allen Orten und nicht nur am Punkt $ {\vec {r}} $ ab, und lässt sich nur für sehr wenige triviale Fälle genau berechnen. Es zeigt sich aber, dass es oft ausreicht, eine genäherte Lösung für diesen Term zu finden:
Die meisten Einschränkungen und Probleme bei der Verwendung der Dichtefunktionaltheorie hängen mit dem Austausch-Korrelations-Potential zusammen. So liefern beispielsweise die verschiedenen GGA-Potentiale Bindungsenergien von einfachen Molekülen, die sich voneinander und von den experimentellen Werten um mehr als 20 Prozent unterscheiden können. Van-der-Waals-Bindungen werden von den „semilokalen“ Funktionen wie GGA überhaupt nicht beschrieben, weil sie auf langreichweitigen Korrelationen der Ladungsverteilung beruhen. Ein weiteres Problem liegt darin, dass die Bandlücken und HOMO-LUMO-Energiedifferenzen, die aus den Kohn-Sham-Funktionen berechnet werden, bei LDA und GGA generell zu niedrig sind.
Berechnungen komplexer Strukturen mittels Dichtefunktionaltheorie erfordern hohe Computerleistung, daher kommt einer effizienten Durchführung der Rechnungen große Bedeutung zu. Die Rechenverfahren können nach den Basisfunktionen für die Kohn-Sham-Gleichungen eingeteilt werden:
Atomare Wellenfunktionen (engl: {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) in einer kugelförmigen Umgebung um den Atomkern (sog. Muffin-Tin-Bereich) sind gut zur Beschreibung der Elektronen in Kernnähe geeignet. Der Vorteil der atomaren Wellenfunktionen ist, dass bei für ihre Anwendung geeigneten Problemen meist sehr kleine Basissätze (eine Funktion pro Elektron und Drehimpulscharakter) zur Beschreibung genügen. Allerdings ergeben sich Probleme, die fast freien Elektronen zwischen den Atomen (z. B. Leitungselektronen in Metallen, Elektronen an Oberflächen etc.) beziehungsweise den Überlappungsbereich zwischen den Atomen konsistent zu beschreiben.
Ebene Wellen sind gut zur Beschreibung der Valenzelektronen und Leitungselektronen in Festkörpern geeignet, jedoch können die räumlich wenig ausgedehnten Wellenfunktionen nahe an den Atomkernen schlecht beschrieben werden. Ebene Wellen haben den Vorteil, dass effiziente Algorithmen zur Fouriertransformation eingesetzt werden können und dadurch die Lösung der Kohn-Sham-Gleichungen sehr rasch erfolgen kann. Zudem sind sie sehr flexibel, da zum Beispiel auch fast freie Elektronen an Oberflächen gut beschrieben werden können.
Vor allem für Berechnungen in der Festkörperphysik werden daher diese Verfahren kombiniert, indem man ebene Wellen verwendet, für den Bereich nahe den Atomkernen aber zusätzliche Maßnahmen trifft. Dieser Bereich kann entweder vollständig getrennt behandelt (engl. {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)), es können dort zusätzliche Wellenfunktionen addiert (engl. {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) oder es kann ein sogenanntes Pseudopotential, das nur im Bereich der Außenelektronen korrekte Wellenfunktionen ergibt, aber nicht in der Nähe der Atomkerne, verwendet werden.
Gauß-Funktionen und Funktionen mit tabellierter Abhängigkeit vom Radius (ausgehend vom Atomkern) werden oft für Berechnungen an Molekülen eingesetzt.
Mit leistungsfähigen Computern können heute Systeme von bis zu rund 1000 Atomen mittels DFT-Rechnungen behandelt werden. Für größere Systeme müssen andere Näherungsverfahren wie die Tight-Binding-Methode oder auf DFT-Ergebnissen basierende Näherungsverfahren verwendet werden.
DFT-Rechnungen liefern unmittelbar die Gesamtenergie der Atomkonfiguration und können daher dazu dienen, von mehreren möglichen Anordnungen die energetisch günstigste herauszufinden. Es muss dazu normalerweise die Geometrie jeder Anordnung optimiert werden, das heißt, es werden die Atome so lange verschoben, bis die Kräfte verschwinden beziehungsweise ein Minimum der Energie gefunden ist.
Mit DFT berechnete Wechselwirkungspotenziale beziehungsweise Kräfte auf die Atome können als Grundlage für Molekulardynamikrechnungen dienen. Mit Molekulardynamikrechnungen werden beispielsweise genaue Simulationen zum Verhalten von Flüssigkeiten oder die Berechnung der Atombewegungen bei chemischen Reaktionen möglich. Allerdings sind solche Rechnungen wegen des hohen Aufwands an Computerleistung auf die Simulation sehr kurzer Zeiträume (Picosekunden) beschränkt.
Aus den Kräften auf die Atome bei einer Auslenkung aus ihrer Ruhelage lassen sich die Schwingungsspektren bestimmen und mit dem Experiment vergleichen. Ebenso lassen sich, soweit die Kohn-Sham-Funktionen eine ausreichend gute Näherung für die tatsächlichen Elektronenzustände sind, Photoelektronenspektren berechnen.
Da die Wechselwirkung eines Moleküls oder Festkörpers mit elektromagnetischen Feldern im Wesentlichen durch die Elektronen bestimmt wird, können mittels DFT auch die frequenzabhängige Dielektrizitätskonstante und damit zusammenhängende Größen berechnet werden.
Es gibt zahlreiche Erweiterungen der Theorie, z. B. Spindichte- oder Stromdichtefunktionaltheorien, oder etwa sog. dynamische Dichtefunktionaltheorien, die zwar alle erwähnenswert sind, aber hier im Einzelnen nicht besprochen werden können, zumal das Gebiet nach wie vor sehr im Fluss ist.