Teilchen auf dem Ring

Teilchen auf dem Ring

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Entlang des Umfangs können kreisförmige, stehende Wellen mit ganzzahligem Verhältnis Umfang/Wellenlänge auftreten. Es kann mehrere Eigenfrequenzen geben.

Das Teilchen auf dem Ring ist eines der verschiedenen Modellsysteme aus der Quantenmechanik, welches zur Quantisierung der Energie führt. Es ist dem Teilchen im Kasten sehr ähnlich und wird daher auch als „Teilchen im kreisförmigen Potentialkasten“ bezeichnet.

Im Unterschied zum Teilchen im Kasten bewegt sich das Teilchen auf dem Ring jedoch nicht linear, sondern kreisförmig potentialfrei um einen bestimmten Punkt. Deshalb ist es günstiger mit Polar- als mit Kartesischen Koordinaten zu rechnen: die Wellenfunktion des Teilchens hängt nicht vom allgemeinen Abstand r zum Mittelpunkt ab (weil es sich auf einem konstanten Radius ρ bewegt), sondern nur vom Polarwinkel ϕ.

Mathematische Betrachtung

Um die Wellenfunktionen und die Energien der Zustände des Teilchens auf dem Ring zu finden, ist es nötig die stationäre Schrödingergleichung im gegebenen Potential zu lösen. Dieses ist gegeben durch

V(ϕ)={V0,wenn r=ρ,sonst

Der Hamilton-Operator lässt sich in Polarkoordinaten für den relevanten Bereich schreiben als

H^=22mρ2d2dϕ2+V0

wodurch sich die zu lösende Schrödingergleichung ergibt:

ψ(ϕ)=2mρ22(EV0)ψ(ϕ)

Es handelt sich also um eine gewöhnliche, lineare, homogene Differentialgleichung 2. Ordnung, für die der Lösungsansatz lautet:

ψM(ϕ)=αeiMϕ

Durch Einsetzen in die Schrödingergleichung erhält man

M=2m(EV0)ρ

Durch Umformen erhält man die Energien des Teilchens auf dem Ring:

EM=M222mρ2+V0MZ

Dass M ganzzahlig sein muss, ergibt sich aus der Randbedingung, dass die Wellenfunktion nach einer Umdrehung auf dem Ring wieder dieselbe sein muss:

ψ(ϕ)=ψ(ϕ+2π)

was zu folgender Bedingung führt:

αeiMϕ=αeiM(ϕ+2π)eiMϕ=eiMϕe2πiMe2πiM=1.

Dies ist nur erfüllt für M als ganze Zahl.

Um die Differentialgleichung eindeutig zu lösen (α=?), muss die Wellenfunktion noch normiert werden. Dies geschieht, indem man über ihr Betragsquadrat integriert, und zwar unter Verwendung der o.g. Randbedingung von 0 bis 2π:

02π|ψ(ϕ)|2dϕ=1
02π|αeiMϕ|2dϕ=1

Dazu schreibt man die Wellenfunktion mithilfe der Euler'schen Identität um in

αeiMϕ=α(isin(Mϕ)+cos(Mϕ))

Da der Betrag einer komplexen Zahl z als |z|=Im(z)2+Re(z)2 definiert ist, erhält man

α202πsin2(Mϕ)+cos2(Mϕ)=1dϕ=1
α=12π

Somit lautet die Wellenfunktion für eine Teilchen auf dem Ring:

ψM(ϕ)={12πeiMϕMZ,wenn r=ρ0,sonst.

Da Linearkombinationen von Eigenfunktionen zu selbem M wieder Eigenfunktionen zu diesem M sind, folgt (mit der Euler'schen Identität), dass man alternativ

ψM(1)(ϕ):=1πcos(Mϕ)
ψM(2)(ϕ):=1πsin(Mϕ)

als entartete Eigenfunktionen zum Eigenwert EM,MN0, wählen kann. Der geänderte Faktor (1πstatt12π) resultiert aus der Normierung der Wellenfunktionen.

Entartung

Neben der Quantisierung führt dieses relativ einfach zu rechnende Beispiel zum ersten Mal auf das Konzept der Entartung. Da Zustände, bei denen sich M nur im Vorzeichen unterscheidet, zwar verschiedene Zustände, aber wegen (+M)2=(M)2 dieselben Energien darstellen, existieren hier jeweils zwei Zustände mit derselben Energie: die Zustände sind also 2-fach entartet.

Siehe auch

Literatur

  • Lutz Zülicke: Molekulare Theoretische Chemie. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-00488-0, Kapitel 2: Grundbegriffe der Quantenmechanik, doi:10.1007/978-3-658-00489-7_2.