Das Teilchen im Kasten ist ein Modell in der Quantenmechanik, bei dem sich ein freies Teilchen in einem Kastenpotential befindet. Es handelt sich um einen Spezialfall des Potentialtopfes, bei dem das Potential in einem bestimmten Bereich gleich null und außerhalb davon unendlich ist. Das Modellsystem macht die Quantisierung der Energie verständlich. Als eindimensionales Modell lässt es sich vergleichsweise einfach berechnen.
Das eindimensionale Modellsystem besteht aus einem freien Teilchen, beispielsweise einem Gasmolekül, das sich in dem potentialfreien Raum zwischen zwei unendlich großen Potentialen befindet. Die als „Wände“ bezeichneten Grenzen (eine bei
Innerhalb des Potentialkastens der Länge
Beschreibt man das Teilchen, wie in der Quantenphysik üblich, mit Hilfe einer einfachen Wellenfunktion, ergibt sich, dass im Inneren des Potentialkastens nur solche Energie-Eigenfunktionen zulässig sind, für die
Eine weitere quantenmechanische Besonderheit in dem Modell ist die Antreffwahrscheinlichkeit, also die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen an einem bestimmten Ort anzutreffen. Die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen irgendwo im Potentialkasten zu finden, beträgt
Eine andere Besonderheit der Quantenmechanik, der Tunneleffekt, tritt nicht bei dem hier beschriebenen Potential, sondern nur bei einem endlich hohen Potentialtopf auf.
Weil für ein Teilchen innerhalb eines Potentialkastens nur bestimmte einzelne Eigenzustände
Wird ein Teilchen angeregt, also etwa einem Atom durch Bestrahlung Energie zugeführt, wechselt es ohne „fließenden“ Übergang direkt auf ein höheres Energieniveau („Quantensprung“). Wechselt ein Teilchen auf ein niedrigeres Energieniveau, so gibt es die freiwerdende Energie ab, beispielsweise in Form eines Photons.
Aus der oben angeführten Gleichung lassen sich drei einfache Schlussfolgerungen ziehen, die das Teilchen im Potentialkasten qualitativ beschreiben:
Diese Aussagen gelten sinngemäß auch für andere Potentialtöpfe.
Der Hamiltonoperator des eindimensionalen Problems lautet in Ortsdarstellung
geht mit dem Ansatz
in die zeitunabhängige (stationäre) Schrödingergleichung über.
Im Folgenden wird die zeitunabhängige Schrödingergleichung zu lösen sein (Eigenwertproblem des Hamiltonoperators)
Die stationäre Schrödingergleichung entspricht innerhalb des Kastens der eines freien Teilchens (gewöhnliche Differentialgleichung 2. Ordnung)
Für die Wellenfunktion
Äquivalent wäre der Ansatz mit komplexen Exponentialfunktionen
Diesen Ansatz setzt man in die Schrödingergleichung ein, wobei die zweite Ableitung nach dem Ort
Somit erhält man die Energie
Außerhalb des Kastens muss die Wellenfunktion aufgrund des unendlich hohen Potentials identisch null sein.
Da die Wellenfunktion jedoch überall stetig sein muss, werden somit Randbedingungen an die Wellenfunktion im Kasten gestellt, nämlich dass die Wellenfunktion
Aus der ersten Randbedingung folgt für die Wellenfunktion innerhalb des Kastens
Damit diese Gleichung erfüllt wird, muss
Mithilfe der zweiten Randbedingung folgt dann für die Wellenfunktion innerhalb des Kastens
Damit diese Gleichung erfüllt wird, muss
Somit darf die Wellenzahl
Eigentlich folgt aus der zweiten Randbedingung nur, dass
Wie oben berechnet, hängt die Energie
Da
Die Amplitude
Da
Wellenfunktionen, die sich nur um einen konstanten Phasenfaktor unterscheiden, beschreiben denselben Zustand. Deshalb kann man
Die Eigenwerte (= mögliche Energiewerte) und Eigenfunktionen (= Wellenfunktionen) des Hamiltonoperators für ein Teilchen im Kasten mit unendlich hohen Potentialwänden sind also:
Die Grundzustandsenergie (niedrigste mögliche Energie) ist nicht null (
Dies erhält man auch aus der Betrachtung der Heisenbergschen Unschärferelation
Die zeitliche Entwicklung der Wellenfunktion ist gegeben durch
wobei die Koeffizienten
Durch eine Variablentransformation
Das führt zur Gesamtwellenfunktion
Die Gesamtwellenfunktion ist zeitlich periodisch mit Periodendauer
die revival time genannt wird. Das heißt, es gilt
Auch für rationale Vielfache von
Für
und die Wellenfunktion wird um die Mitte des Kastens herum gespiegelt. Das heißt, ein Wellenpaket, das anfangs in der linken Kastenhälfte lokalisiert war, erscheint nach der halben Revival-Zeit auf der rechten Seite. Man nennt dies ein mirror revival. Für die Wahrscheinlichkeitsdichte gilt trivialerweise:
Für
In diesem Fall wird das Wellenpaket quasi in zwei Teile mit jeweils halber Wahrscheinlichkeitsdichte auf beiden Seiten aufgetrennt. Dieser Fall heißt fractional revival.
Auch für die andere Zeiten
Im dreidimensionalen Kasten (Quader) sieht der Hamiltonoperator wie folgt aus:
Dabei ist das Potential
Den vollständigen Hamiltonoperator kann man mittels
als Summe dreier eindimensionaler Hamiltonoperatoren schreiben:
Die stationäre Schrödingergleichung (dreidimensional)
lässt sich mit folgendem Produktansatz
in drei eindimensionale Probleme separieren.
Setze dazu den Produktansatz in die stationäre Schrödingergleichung ein und nutze aus, dass
Teilen durch
Dabei wurden die drei Separationskonstanten
Nun muss für jede Raumrichtung separat das eindimensionale Problem, wie oben bereits geschehen, gelöst werden:
Deren Lösung ist:
Die Lösung des dreidimensionalen Kastens ist für die Gesamtwellenfunktion das Produkt der eindimensionalen Wellenfunktionen
und für die Gesamtenergie die Summe der eindimensionalen Energieeigenwerte:
Die Energieeigenwerte können entartet sein, d. h. unterschiedliche Wellenfunktionen besitzen dieselbe Energie. Das bedeutet für den dreidimensionalen Kasten, dass unterschiedliche Quantenzahlen
Zum Beispiel treten für den Spezialfall des Würfels, also
Für Entartung müssen unterschiedliche Quantenzahlen
Der niedrigste Energiewert ist nicht entartet (= einfach entartet)
Der nächsthöhere Energiewert ist bereits dreifach entartet:
Es können auch höhere Entartungen als dreifach auftreten, z. B. 4-fach
Für den dreidimensionalen kugelförmigen Kasten mit Radius
Dabei ist das Potential
Ebenso wie beim Wasserstoffatom kann man die Schrödinger-Gleichung in zwei unabhängige Gleichungen separieren, wobei die Wellenfunktion sich aus Produkt einer radiusabhängigen Funktion
Dabei ist auch hier
Für die radiusabhängige Funktion bleibt noch folgende radiale Schrödingergleichung (wobei V = 0 innerhalb des Kastens berücksichtigt wurde):
A ergibt sich durch Lösung der winkelabhängigen Schrödingergleichung zu:
Zunächst sei nur der einfache Fall
Zusätzlich sei
Damit vereinfacht sich die radiale Schrödingergleichung zu:
Wie direkt ersichtlich ist, ist der Lösungsansatz für
Da das Potential im Ursprung stetig ist, darf die Wellenfunktion dort nicht singulär werden, sodass der
Einsetzen von
woraus sich die Energieeigenwerte
Zusammengefasst: Für
Für
wobei die
Das Teilchen im Kasten kann als einfaches Modell für ein konjugiertes Molekül, z. B. Hexatrien, verwendet werden, um dessen Energie abzuschätzen. Man nimmt an, dass sich die Elektronen in einem konjugierten Molekül in diesem frei bewegen können, aber es nicht verlassen können. Man addiert formal ein halbes Atom an jedem Ende des Moleküls. Die Länge dieses Teilchens entspricht dann dem Kasten, in dem sich das Elektron befindet.
Ein Beispiel aus der Kristallographie ist das Farbzentrum, bei denen ein Elektron in einer Anionen-Leerstelle eingesperrt ist und das sich in guter Näherung als ein Teilchen im Kasten beschreiben lässt. Auch die Farbigkeit von Farbstoffen mit linearen konjugierten Pi-Systemen lässt sich erfassen, indem man das Pi-System als eindimensionales Teilchen im Kastenproblem betrachtet.