Die Magellanschen Wolken sind zwei irreguläre Zwerggalaxien in nächster Nachbarschaft zur Milchstraße und damit Teil der Lokalen Gruppe. Sie werden mit GMW und KMW (Große/Kleine Magellansche Wolke) bzw. englisch mit LMC und SMC (Large/Small Magellanic Cloud) abgekürzt. Die Große Magellansche Wolke in rund 170.000 Lichtjahren Entfernung enthält ungefähr 15 Milliarden Sterne, die kleine Magellansche Wolke in rund 200.000 Lichtjahren Entfernung 5 Milliarden Sterne.[1]
Den Bewohnern der Südhalbkugel waren die beiden Galaxien wohl schon seit prähistorischer Zeit durch Beobachtungen mit dem bloßen Auge bekannt, erstmalige schriftliche Erwähnung fanden sie jedoch erst durch den persischen Astronomen Al Sufi in seinem Buch der Fixsterne im Jahr 964.
Der erste Europäer, der die beiden Wolken beschrieb, war Ferdinand Magellan bei seiner Weltumsegelung 1519. Im Fernrohr zeigt sich ihr Charakter als Galaxie, die aus Sternen, Nebeln, Sternhaufen und anderen Objekten zusammengesetzt ist. Nach der Milchstraße, dem Andromedanebel und dem Dreiecksnebel ist die GMW die viertgrößte Galaxie der Lokalen Gruppe.
Name | Katalognr. | Typ | Entf. / kLj (kpc) | Durchm. / kLj (kpc) | Masse / M☉ | Rektaszension | Deklination | vis. Helligkeit | Skylinks | |
GMW | ESO 56-115 | SBm/Irr[2] | 162,98±3,62 (49,97±1,11)[3] | 25,1 (7,7) | 1010 | 5h 24m | −69° 48′ | 0,9 mag | Datenbanklinks zu GMW | |
KMW | NGC 292 | Irr | ~209 (~64) | 10,1 (3,1) | 2·109 | 0h 51m | −73° 6′ | 2,7 mag | Datenbanklinks zu KMW | |
Erläuterung: kLj = Kilolichtjahr (tausend Lichtjahre) • kpc = Kiloparsec (tausend Parsec) • M☉ = Sonnenmasse. |
Die Entfernung, insbesondere zur GMW, hat in der extragalaktischen Astronomie im letzten Jahrhundert eine Schlüsselrolle gespielt, aber zugleich immer wieder für Verwirrung gesorgt. Das große Interesse geht dabei vor allem auf die Tatsache zurück, dass die extragalaktische Entfernungsmessung auf der Perioden-Helligkeits-Beziehung der veränderlichen Cepheiden-Sterne beruht. Diese Beziehung wurde nicht nur anhand von Cepheiden in der KMW entdeckt, sondern wird bis zum heutigen Tag an den Cepheiden der GMW geeicht und überprüft. Allerdings dehnen sich dadurch alle Fehler bei der Entfernungsbestimmung der Magellanschen Wolken direkt auf die Entfernungsbestimmung anderer Galaxien aus. Insbesondere Fehlinterpretationen der Perioden-Helligkeits-Beziehung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts führten daher zu enormen Schwankungen in den ermittelten kosmischen Skalen.
Bis zum heutigen Tag finden sich in verschiedenen Quellen daher verschiedene Angaben für die Entfernung der Magellanschen Wolken, variierend zwischen 40 und 80 kpc. Die Recherche in aktuellen wissenschaftlichen Veröffentlichungen zeigt, dass auf diesem Gebiet weiterhin geforscht wird. Allerdings haben sich die Messfehler, insbesondere im Zuge der Erforschung der Supernova 1987A in der GMW, deutlich vermindert. Bis Anfang 2013 galt zuletzt eine Entfernung zwischen 44 und 51 kpc (143.000 bis 166.000 Lichtjahre) als gesichert. Nach vom Paranal-Observatorium durchgeführten neuesten Forschungen anhand von Paaren von Bedeckungsveränderlichen, von sog. kühlen Roten Riesen, gilt jetzt eine Entfernung von 163.000 Lichtjahren +/− 2 % als gesichert (publiziert im März 2013).[4] Laut ESO wird in den nächsten Jahren eine weitere Reduzierung der Unsicherheit auf dann nur noch 1 % erwartet.
Die Magellanschen Wolken sind somit nach der Canis-Major-Zwerggalaxie und der Sagittarius-Zwerggalaxie die nächsten Nachbarn der Milchstraße.
Die KMW besteht vielleicht aus zwei verschmelzenden Galaxien, die auf der gleichen Sichtlinie liegen und daher nicht ohne weiteres optisch getrennt werden können. Beide Magellansche Wolken bestehen vor allem aus Objekten der Population I, wobei die Sterne in der KMW eine gleichförmigere Verteilung aufweisen. Die GMW besitzt ein Viertel der Leuchtkraft der Milchstraße, die KMW nur 1/25 davon.
In den Magellanschen Wolken gibt es zahlreiche interessante Objekte für Amateurastronomen, wie den als Tarantelnebel bezeichneten Gasnebel 30 Doradus (NGC 2070). In dessen Zentrum befindet sich der Supersternhaufen R136, der für die Ionisation des Nebels verantwortlich ist und zahlreiche massereiche Sterne enthält, darunter mit R136a1 auch den massereichsten und hellsten bekannten Stern (265 M☉, 107 L☉).[5]
Ferner sind viele Sternhaufen in den Magellanschen Wolken schon im kleinen Teleskop sichtbar, von denen einige zur Klasse der blauen Kugelsternhaufen gehören, einer Objektklasse, die es in der Milchstraße nicht gibt.
Die Supernova 1987A in der GMW ermöglichte erstmals, eine Supernova und deren Auswirkungen mit modernen Instrumenten zu beobachten. Zwar gab es in der Vergangenheit auch Supernovae in unserer eigenen Galaxie, die uns somit wesentlich näher standen, die letzte hiervon ereignete sich jedoch im Jahr 1604, vor Erfindung des Fernrohrs.
Die beiden Magellanschen Wolken sind untereinander und mit der Milchstraße durch ein dünnes Wasserstoffband verbunden, den Magellanschen Strom. Sie bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von ca. 55 km/s aufeinander zu.
Die Wolken liegen in den Sternbildern Schwertfisch/Tafelberg (GMW) bzw. Tukan (KMW). Durch ihren geringen Abstand zur Erde und die große Ausdehnung besitzen sie für einen irdischen Beobachter einen scheinbaren Durchmesser von etwa 6° bzw. 3,5°. Deshalb und ihrer großen scheinbaren Helligkeit wegen sind sie von der Erde aus mit bloßem Auge zu sehen – allerdings nur von der Südhalbkugel aus.
In der bzw. um die Große Magellansche Wolke gibt es zahlreiche Sternhaufen und Nebel, die im NGC-Katalog verzeichnet sind. Diese Objekte können schon mit kleinen Fernrohren beobachtet werden:
Auch in der Kleinen Magellanschen Wolke gibt es zahlreiche Sternhaufen und Nebel, die im NGC-Katalog verzeichnet sind. Diese Objekte können schon mit kleinen Fernrohren beobachtet werden. Keine Mitglieder der Kleinen Magellanschen Wolke sind hingegen die Kugelsternhaufen 47 Tucanae und NGC 362.