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Die '''Wellenfunktion''' <math>\psi\,\ | {{QS-Physik|Wellenfunktion#Definition|Unerledigt=2018}} | ||
Die '''Wellenfunktion''' <math>\psi(\vec x,t)</math> beziehungsweise <math>\tilde \psi(\vec p,t)</math> beschreibt den [[Quantenmechanischer Zustand|quantenmechanischen Zustand]] eines [[Elementarteilchen]]s oder eines [[System]]s von Elementarteilchen im [[Ortsraum|Orts-]] oder im [[Impulsraum]]. Grundlage der Beschreibung ist hierbei die [[Wellenmechanik]] von [[Erwin Schrödinger]]. Ihr [[Betragsquadrat]] bestimmt die Wahrscheinlichkeitsdichte für den Ort beziehungsweise den Impuls des Teilchens. Nach der [[Kopenhagener Deutung]] der Quantenmechanik enthält die Wellenfunktion eine Beschreibung aller [[Information]]en einer [[Entität (Philosophie)|Entität]] oder eines ganzen Systems. | |||
Eine Wellenfunktion ist die [[Funktion (Mathematik)|Funktion]], die die [[ | Eine Wellenfunktion ist die [[Funktion (Mathematik)|Funktion]], die die quantenmechanische [[Bewegungsgleichung]], also die [[Schrödinger-Gleichung|Schrödinger-]], [[Klein-Gordon-Gleichung|Klein-Gordon-]] oder [[Dirac-Gleichung]], im Ortsraum oder im Impulsraum löst. Lösungen dieser Wellengleichungen können sowohl [[Gebundener Zustand|gebundene]] [[Teilchen (Physik)|Teilchen]] (wie [[Elektron]]en in den [[Atomorbital|Schalen eines Atoms]]) oder [[freies Teilchen|freie Teilchen]] (z. B. ein [[Alphastrahlung|α-]] oder [[Betastrahlung|β-Teilchen]] als [[Wellenpaket]]) beschreiben. Die Wellenfunktion ist in der Regel eine [[Komplexe Zahl|komplexe]] Funktion. | ||
Die Wellenfunktion ist in der Regel eine [[Komplexe Zahl|komplexe]] Funktion. | |||
Bei Teilchen''systemen'' (z. B. mit mehreren [[Ununterscheidbare Teilchen| | Wird ein System mit inneren Freiheitsgraden, zum Beispiel dem [[Spin]], durch eine Wellenfunktion beschrieben, ist die Wellenfunktion vektorwertig. Die nichtrelativistische Wellenfunktion zur Beschreibung eines Elektrons hat daher zwei Komponenten; eine für die Konfiguration „Spin up“ und eine für „Spin down“. | ||
Bei Teilchen''systemen'' (z. B. mit mehreren [[Ununterscheidbare Teilchen|ununterscheidbaren Teilchen]]) bezeichnet man eine solche Lösung als [[Zweite Quantisierung|Vielteilchen-Wellenfunktion]]. Wegen der Wechselwirkung der Teilchen untereinander lassen sich diese Lösungen jedoch meist nicht mehr ohne die modernere Methodik der [[Quantenfeldtheorie]] berechnen. | |||
== Quantenteilchen als Welle == | == Quantenteilchen als Welle == | ||
Da die Bewegungsgleichungen im [[komplexe Zahl|komplexen Raum]] definiert sind, benötigen sie zur allgemeinen Lösung eine Funktion, deren [[Funktionswert]]e ebenfalls im komplexen Raum liegen. Daher ist die Wellenfunktion nicht reell, sondern komplexwertig. Dies spiegelt sich u. a. darin wider, dass <math>\psi(\vec r,t)</math> nicht unbedingt eine reale physikalische Bedeutung zukommt. Sie ist in der Regel nicht [[Messung|messbar]], sondern dient nur der mathematischen Beschreibung des quantenmechanischen Zustands eines physikalischen Systems. Aus ihr lässt sich jedoch das zu erwartende Ergebnis einer Messung durch [[Komplexe Zahlen#Komplexe Konjugation|komplexe Konjugation]] berechnen. | |||
Zum Vergleich: Auch die [[elektrische Feldstärke]] <math>\vec E(\vec r,t)</math> einer [[Radiowelle]] ist die Lösung einer (klassischen) [[Elektrodynamik#Potentiale und Wellengleichung|elektrodynamischen]] [[Wellengleichung]]. Die elektrische Feldstärke ist jedoch z. B. durch eine Antenne und einen Radioempfänger messbar. | |||
Teilchen mit inneren Eigenschaften (wie zum Beispiel dem [[Elektronenspin|Spin]] eines gebundenen Elektrons oder dem [[Helizität|Drehimpuls eines Photons]]) werden durch Wellenfunktionen mit mehreren Komponenten beschrieben. Je nach dem Transformationsverhalten der Wellenfunktionen bei [[Lorentztransformation]]en unterscheidet man in der relativistischen Quantenfeldtheorie [[Skalar (Physik)|skalare]], [[tensor]]ielle und [[spinor]]ielle Wellenfunktionen bzw. Felder. | |||
Teilchen mit inneren Eigenschaften (wie zum Beispiel dem [[Elektronenspin|Spin]] eines gebundenen Elektrons oder dem [[Helizität|Drehimpuls eines Photons]]) werden durch Wellenfunktionen mit mehreren Komponenten beschrieben. Je nach dem Transformationsverhalten der Wellenfunktionen bei [[Lorentztransformation | |||
=== | == Definition == | ||
=== Entwicklungskoeffizienten des Zustandsvektors === | |||
Formal betrachtet sind die Wellenfunktionen die Entwicklungskoeffizienten des quantenmechanischen [[Zustandsvektor]]s im Orts- beziehungsweise Impulsraum. Es ist in [[Dirac-Notation]] | |||
:<math>\begin{align} | |||
\psi(\vec x, t) &= \langle x | \psi (t) \rangle \ | |||
\tilde \psi(\vec p,t) &= \langle p |\psi(t)\rangle | |||
\ | |||
\end{align}</math> | \end{align}</math> | ||
mit | |||
* dem Zustandsvektor <math>|\psi \rangle</math> | |||
* den Ortseigenkozuständen <math>\langle x|</math> | |||
* den Impulseigenkozuständen <math>\langle p|</math> | |||
sodass gilt: | |||
:<math>|\psi \rangle = \int \mathrm d^3 \vec x\, |x\rangle \langle x | \psi \rangle = \int \mathrm d^3 \vec x\, |x \rangle \psi(\vec x)</math> | |||
:<math>|\psi \rangle = \int \mathrm d^3 \vec p\, |p\rangle \langle p | \psi \rangle = \int \mathrm d^3 \vec p\, |p \rangle \tilde \psi(\vec p)</math> | |||
Die Orts- und Impulseigenzustände sind die Eigenzustände des Ortsoperators <math>\hat x</math> beziehungsweise Impulsoperators <math>\hat p</math>, für die <math>\hat x |x \rangle = x |x \rangle</math> und <math>\hat p |p \rangle = p |p \rangle</math> gilt. Aus der Definition wird offensichtlich, dass die Wellenfunktion im Orts- sowie im Impulsraum einer Normierungsbedingung folgen, da der Zustandsvektor bereits normiert ist: | |||
:<math>1 = \langle \psi | \psi \rangle = \int \mathrm d^3 \vec x\, \psi^\dagger(\vec x) \psi(\vec x) = \int \mathrm d^3 \vec p\, \tilde \psi^\dagger(\vec p) \tilde \psi(\vec p)</math> | |||
=== Lösung der Bewegungsgleichung === | |||
Von praktischerer Bedeutung sind die Wellenfunktionen als Lösung der Bewegungsgleichungen im Orts- oder Impulsraum. Dabei macht man sich zunutze, dass der Ortsoperator in der Ortsbasis ein Multiplikationsoperator und der Impulsoperator in der Ortsbasis ein Differentialoperator ist. In der Impulsbasis sind die Rollen vertauscht, dort ist der Ortsoperator ein Differentialoperator und der Impulsoperator ein Multiplikationsoperator. | |||
Alle Bewegungsgleichungen der Quantenmechanik sind Wellengleichungen. Die Schrödinger-Gleichung lautet in der basisunabhängigen Dirac-Notation | |||
:<math>\mathrm i \hbar \partial_t |\psi\rangle = \frac{\hat p^2}{2m} |\psi\rangle + V(\hat x) |\psi\rangle</math> | |||
und im Ortsraum | |||
:<math>\mathrm i \hbar \partial_t \psi(\vec x,t) = \frac{- \hbar^2}{2m} \Delta \psi(\vec x,t) + V(\vec x) \psi(\vec x,t)</math> | |||
mit | |||
* dem [[Reduziertes Plancksches Wirkungsquantum|reduzierten Planckschen Wirkungsquantum]] <math>\hbar</math>, | |||
* dem [[Laplace-Operator]] <math>\Delta</math>, | |||
* der [[Masse (Physik)|Masse]] des Teilchens <math>m</math> und | |||
* einem ortsabhängigen [[Potential (Physik)|Potential]] <math>V(x)</math>; | |||
alle (im Rahmen dieses Artikels behandelten) Eigenschaften der Wellenfunktion, die die nichtrelativistische Schrödinger-Gleichung löst, lassen sich auf den relativistischen Fall der Klein-Gordon- oder der Dirac-Gleichung verallgemeinern. | |||
:<math>\ | Obgleich die Schrödinger-Gleichung im Gegensatz zu ihren relativistischen Äquivalenten keine [[Wellengleichung]] im mathematisch strengen Sinn darstellt, ist eine Lösung der Schrödinger-Gleichung im Ortsraum bei verschwindendem Potential eine [[ebene Welle]], dargestellt durch die Funktion | ||
:<math>\psi(\vec x,t) = \exp(\mathrm i (\omega t - \vec k \cdot \vec x))</math>. | |||
Ihre [[Dispersionsrelation]] lautet: | |||
\ | :<math>\omega(\vec k) = \frac{\hbar \vec k^2}{2m}</math> | ||
mit | |||
* der [[Kreisfrequenz]] <math>\omega</math> und | |||
* dem [[Wellenvektor]] <math>\vec k</math> | |||
gegeben ist. | |||
Da die Bewegungsgleichungen linear sind, ist jede [[Superposition (Mathematik)|Superposition]] von Lösungen wieder eine Lösung. | |||
=== Wellenfunktion im Impulsraum === | |||
Die Wellenfunktion im Impulsraum <math>\tilde \psi(\vec p)</math> ist mit der Wellenfunktion im Ortsraum <math>\psi(\vec x)</math> über eine [[Fourier-Transformation]] verknüpft. Es gilt | |||
:<math>\tilde \psi(\vec p,t) = \int \mathrm d^3 \vec x\, \psi(\vec x,t) e^{-\mathrm i \vec p \cdot \vec x}</math> | |||
nebst der Ersetzung <math>\vec p = \hbar \vec k</math>. Aufgrund des [[Satz von Plancherel|Satzes von Plancherel]] ist die Fouriertransformation mit der Normierung verträglich, sodass die Wellenfunktion im Impulsraum ebenso normiert ist wie die Wellenfunktion im Ortsraum. | |||
== | == Beispiel: Freies Teilchen == | ||
Die Wellenfunktion <math>\psi(\vec x,t)</math> eines freien Teilchens kann als Fourierreihe über ebene Wellen dargestellt werden: | |||
Die Wellenfunktion <math>\psi(\ | |||
:<math> | :<math>\psi(\vec x,t) = \int \frac{\mathrm d^3 \vec k}{(2\pi)^3} A(\vec k) e^{\mathrm i(\omega t - \vec k \cdot \vec x)} </math> | ||
\psi(\ | |||
mit | mit | ||
* <math>\ | * dem Ortsvektor <math>\vec x</math> | ||
* dem [[Wellenvektor]] <math>\vec {k}</math>, der Richtung und [[Wellenlänge]] der Welle festlegt | |||
* | * den vom Wellenvektor abhängigen komplexwertigen [[Amplitude]]n <math>A(\vec k)</math> | ||
* der [[Kreisfrequenz]] <math>\omega(\vec k)</math>, die die [[Periode (Physik)|Schwingungsperiode]] der Welle beschreibt und mit dem Wellenvektor über eine [[Dispersionsrelation]] verknüpft ist. | |||
Die Amplituden müssen so gewählt werden, dass die Normierung der Wellenfunktion gewährleistet ist. Das Betragsquadrat der Wellenfunktion ist durch | |||
:<math>\begin{align} | :<math>\begin{align} | ||
|\psi(\ | |\psi(\vec x,t)|^2 & = \psi^\dagger(\vec x,t) \, \psi(\vec x,t)\ | ||
& = | & = \int \frac{\mathrm d^3 \vec k}{(2 \pi)^3} \int \frac{\mathrm d^3 \vec k'}{(2\pi)^3} A^\dagger(\vec k) A(\vec k') e^{\mathrm i (\vec k - \vec k') \cdot \vec x} e^{-\mathrm i (\omega - \omega') t} | ||
\end{align}</math> | \end{align}</math> | ||
gegeben. Eine Integration über das gesamte Volumen ergibt mit der Darstellung der [[Dirac-Distribution]] <math>\textstyle \int \mathrm d^3 x \, e^{i \vec k \cdot \vec x} = \delta^{(3)}(\vec k)</math>: | |||
:<math>\int \mathrm d^3\vec x \, |\psi(\vec x,t)|^2 = \int \frac{\mathrm d^3 \vec k}{(2\pi)^3} A^\dagger(\vec k) A(\vec k) = 1</math>. | |||
:<math> | Praktisch kann dies beispielsweise durch eine [[Normalverteilung|gaußförmige]] Einhüllende | ||
:<math>A(\vec k) = \left[\frac{1}{\sqrt{2 \pi \sigma^2}} e^{-\frac{\vec k^2}{2\sigma^2}}\right]^{1/2}</math> | |||
realisiert werden. Durch die Wahl dieser Einhüllenden wird ein Teilchen mit minimaler [[Heisenbergsche Unschärferelation|Orts-Impuls-Unschärfe]] und einem Erwartungswert des Impulses bei <math>\vec p_0 = 0</math> beschrieben. <math>\sigma</math> ist dabei die Breite des Wellenpakets, die gewissermaßen angibt, wie sich die Unschärfe auf den Orts- und Impulserwartungswert verteilt. | |||
== | == Messungen in der Wellenmechanik == | ||
Eine Aussage im [[quantenmechanische Messung|quantenmechanischen Messprozess]] lautet, bei einer Messung [[Kollaps der Wellenfunktion|kollabiert]] die Wellenfunktion instantan auf einen Eigenwert des zur Messung zugehörigen Operators. Dieser Eigenwert ist das Ergebnis der Messung. Die Wahrscheinlichkeit, auf einen dieser Eigenwerte zu kollabieren, ist in der Matrizenmechanik durch | |||
:<math>P = \|\langle \phi | \psi \rangle\|^2 </math> | |||
gegeben, wobei <math>|\phi\rangle</math> der zum Eigenwert <math>\phi</math> gehörige Eigenzustand eines Operators <math>\Phi</math> sei. In der Wellenmechanik entspricht dies der Formulierung | |||
:<math> | |||
P = \left\| \int \mathrm d^3 \vec x\, \langle \phi | x \rangle \langle x | \psi \rangle \right\|^2 = \left\| \int \mathrm d^3 \vec x\, \phi^\dagger (x) \psi(x)\right\|^2 | |||
</math>. | |||
Das Skalarprodukt des Hilbertraums entspricht also einer Integration über den gesamten Raumbereich im Ortsraum. Zwei Wellenfunktionen heißen orthogonal, wenn das Integral über den gesamten Ortsraum ihres Produkts verschwindet. Die Wahrscheinlichkeit, den Messwert <math>\phi</math> zu erhalten, wenn das System durch die Wellenfunktion <math>\psi(x)</math> beschrieben wird und <math>\phi (x)</math> und <math>\psi(x)</math> orthogonal sind, ist dementsprechend Null. | |||
:<math>\ | Der [[Erwartungswert]] einer Messung im Zustand <math>|\psi\rangle</math> wird in der Matrizenmechanik durch | ||
:<math>\langle \Phi \rangle = \langle \psi | \Phi |\psi\rangle</math> | |||
beschrieben. Dies übersetzt sich in der Wellenmechanik zu: | |||
:<math>\langle \Phi \rangle = \int \mathrm d^3 \vec x \int \mathrm d^3 \vec x'\, \langle \psi | x \rangle \langle x | \Phi | x' \rangle \langle x' |\psi \rangle = \int \mathrm d^3 \vec x \int \mathrm d^3 \vec x'\, \psi^\dagger(\vec x) \Phi(x,x') \psi(\vec x')</math> | |||
Dabei ist <math>\Phi(x,x')</math> der Operator in Ortsdarstellung. Für [[Lokaler Operator|lokale Operatoren]] gilt <math>\Phi(\vec x,\vec x') = \Phi(\vec x) \delta^{(3)}(\vec x-\vec x')</math> und die doppelte Integration reduziert sich auf eine einfache: | |||
:<math>\langle \Phi \rangle = \int \mathrm d^3 \vec x \, \psi^\dagger(\vec x) \Phi(\vec x) \psi(\vec x)</math> | |||
:<math>\ | |||
== Teilcheninterpretation == | == Teilcheninterpretation == | ||
Die physikalische Interpretation einer Wellenfunktion ist kontextabhängig. Mehrere Beispiele werden unten angeführt, gefolgt von einer Interpretation der oben beschriebenen drei Fälle. | Die physikalische Interpretation einer Wellenfunktion ist kontextabhängig. Mehrere Beispiele werden unten angeführt, gefolgt von einer Interpretation der oben beschriebenen drei Fälle. | ||
=== Ein Teilchen in einer Raumdimension === | === Ein Teilchen in einer Raumdimension === | ||
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Die Wellenfunktion eines Teilchens im eindimensionalen Raum ist eine [[Komplexe Zahl|komplexe]] [[Funktion (Mathematik)|Funktion]] <math>\psi(x)\,</math> über der Menge der [[Reelle Zahl|reellen Zahlen]]. Das Betragsquadrat der Wellenfunktion, <math>|\psi|^2\,</math>, wird als [[Wahrscheinlichkeitsdichte]] der Teilchenposition interpretiert. | Die Wellenfunktion eines Teilchens im eindimensionalen Raum ist eine [[Komplexe Zahl|komplexe]] [[Funktion (Mathematik)|Funktion]] <math>\psi(x)\,</math> über der Menge der [[Reelle Zahl|reellen Zahlen]]. Das Betragsquadrat der Wellenfunktion, <math>|\psi|^2\,</math>, wird als [[Wahrscheinlichkeitsdichte]] der Teilchenposition interpretiert. | ||
Die Wahrscheinlichkeit, bei einer Messung das Teilchen im Intervall <math>[a, b]</math> zu finden, ist folglich | Die Wahrscheinlichkeit, bei einer Messung das Teilchen im Intervall <math>[a, b]</math> zu finden, ist folglich | ||
:<math>\int_{a}^{b} |\psi(x)|^2\, \mathrm dx \quad </math>. | :<math>\int_{a}^{b} |\psi(x)|^2\, \mathrm dx \quad </math>. | ||
Dies führt zu der [[Normierter Raum|Normierungsbedingung]] | Dies führt zu der [[Normierter Raum|Normierungsbedingung]] | ||
:<math> \int_{-\infty}^{\infty} |\psi(x)|^2\, \mathrm dx \,\stackrel{!}{=}\, 1 \quad </math> | :<math> \int_{-\infty}^{\infty} |\psi(x)|^2\, \mathrm dx \,\stackrel{!}{=}\, 1 \quad </math> | ||
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:<math>\psi(x_1, y_1, z_1, x_2, y_2, z_2)\,</math>, | :<math>\psi(x_1, y_1, z_1, x_2, y_2, z_2)\,</math>, | ||
und <math>|\psi|^2\,</math> ist die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion der Positionen beider Teilchen. Die Wahrscheinlichkeit einer Positionsmessung beider Teilchen in den beiden jeweiligen Regionen R und S ist dann | und <math>|\psi|^2\,</math> ist die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion der Positionen beider Teilchen. Die Wahrscheinlichkeit einer Positionsmessung beider Teilchen in den beiden jeweiligen Regionen R und S ist dann | ||
:<math>\int_R \int_S |\psi|^2 \, \mathrm dV_2\,\mathrm dV_1 </math> | :<math>\int_R \int_S |\psi|^2 \, \mathrm dV_2\,\mathrm dV_1 </math> | ||
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und <math>c_2</math> den Koeffizienten für eine Ausrichtung des Spins in <math>z</math>-Richtung (''spin up'') und entgegen der <math>z</math>-Richtung (''spin down''). In der [[Bra-Ket|Dirac-Notation]] ist dies: | und <math>c_2</math> den Koeffizienten für eine Ausrichtung des Spins in <math>z</math>-Richtung (''spin up'') und entgegen der <math>z</math>-Richtung (''spin down''). In der [[Bra-Ket|Dirac-Notation]] ist dies: | ||
:<math>| \psi \rangle = c_1 | \uparrow_z \rangle + c_2 | \downarrow_z \rangle</math> | :<math>| \psi \rangle = c_1 | \mathord\uparrow_z \rangle + c_2 | \mathord\downarrow_z \rangle</math> | ||
Die Werte <math>|c_1|^2 \,</math> und <math>|c_2|^2 \,</math> werden dann als die Wahrscheinlichkeiten interpretiert, dass der Spin bei einer Messung in <math>z</math>-Richtung oder entgegen der <math>z</math>-Richtung orientiert ist. | Die Werte <math>|c_1|^2 \,</math> und <math>|c_2|^2 \,</math> werden dann als die Wahrscheinlichkeiten interpretiert, dass der Spin bei einer Messung in <math>z</math>-Richtung oder entgegen der <math>z</math>-Richtung orientiert ist. | ||
Dies führt zur Normierungsbedingung | Dies führt zur Normierungsbedingung | ||
:<math>|c_1|^2 + |c_2|^2 = 1\,</math>. | :<math>|c_1|^2 + |c_2|^2 = 1\,</math>. | ||
== Siehe auch == | == Siehe auch == | ||
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* [[Boson]] – Teilchen mit [[Symmetrie (Physik)|symmetrischer]] Wellenfunktion unter [[Permutation]]. | * [[Boson]] – Teilchen mit [[Symmetrie (Physik)|symmetrischer]] Wellenfunktion unter [[Permutation]]. | ||
* [[Fermion]] – Teilchen mit antisymmetrischer Wellenfunktion unter Permutation. | * [[Fermion]] – Teilchen mit antisymmetrischer Wellenfunktion unter Permutation. | ||
* [[Austauschwechselwirkung]] | * [[Austauschwechselwirkung]] | ||
[[Kategorie:Quantenmechanik]] | [[Kategorie:Quantenmechanik]] |
Die Wellenfunktion
Eine Wellenfunktion ist die Funktion, die die quantenmechanische Bewegungsgleichung, also die Schrödinger-, Klein-Gordon- oder Dirac-Gleichung, im Ortsraum oder im Impulsraum löst. Lösungen dieser Wellengleichungen können sowohl gebundene Teilchen (wie Elektronen in den Schalen eines Atoms) oder freie Teilchen (z. B. ein α- oder β-Teilchen als Wellenpaket) beschreiben. Die Wellenfunktion ist in der Regel eine komplexe Funktion.
Wird ein System mit inneren Freiheitsgraden, zum Beispiel dem Spin, durch eine Wellenfunktion beschrieben, ist die Wellenfunktion vektorwertig. Die nichtrelativistische Wellenfunktion zur Beschreibung eines Elektrons hat daher zwei Komponenten; eine für die Konfiguration „Spin up“ und eine für „Spin down“.
Bei Teilchensystemen (z. B. mit mehreren ununterscheidbaren Teilchen) bezeichnet man eine solche Lösung als Vielteilchen-Wellenfunktion. Wegen der Wechselwirkung der Teilchen untereinander lassen sich diese Lösungen jedoch meist nicht mehr ohne die modernere Methodik der Quantenfeldtheorie berechnen.
Da die Bewegungsgleichungen im komplexen Raum definiert sind, benötigen sie zur allgemeinen Lösung eine Funktion, deren Funktionswerte ebenfalls im komplexen Raum liegen. Daher ist die Wellenfunktion nicht reell, sondern komplexwertig. Dies spiegelt sich u. a. darin wider, dass
Zum Vergleich: Auch die elektrische Feldstärke
Teilchen mit inneren Eigenschaften (wie zum Beispiel dem Spin eines gebundenen Elektrons oder dem Drehimpuls eines Photons) werden durch Wellenfunktionen mit mehreren Komponenten beschrieben. Je nach dem Transformationsverhalten der Wellenfunktionen bei Lorentztransformationen unterscheidet man in der relativistischen Quantenfeldtheorie skalare, tensorielle und spinorielle Wellenfunktionen bzw. Felder.
Formal betrachtet sind die Wellenfunktionen die Entwicklungskoeffizienten des quantenmechanischen Zustandsvektors im Orts- beziehungsweise Impulsraum. Es ist in Dirac-Notation
mit
sodass gilt:
Die Orts- und Impulseigenzustände sind die Eigenzustände des Ortsoperators
Von praktischerer Bedeutung sind die Wellenfunktionen als Lösung der Bewegungsgleichungen im Orts- oder Impulsraum. Dabei macht man sich zunutze, dass der Ortsoperator in der Ortsbasis ein Multiplikationsoperator und der Impulsoperator in der Ortsbasis ein Differentialoperator ist. In der Impulsbasis sind die Rollen vertauscht, dort ist der Ortsoperator ein Differentialoperator und der Impulsoperator ein Multiplikationsoperator.
Alle Bewegungsgleichungen der Quantenmechanik sind Wellengleichungen. Die Schrödinger-Gleichung lautet in der basisunabhängigen Dirac-Notation
und im Ortsraum
mit
alle (im Rahmen dieses Artikels behandelten) Eigenschaften der Wellenfunktion, die die nichtrelativistische Schrödinger-Gleichung löst, lassen sich auf den relativistischen Fall der Klein-Gordon- oder der Dirac-Gleichung verallgemeinern.
Obgleich die Schrödinger-Gleichung im Gegensatz zu ihren relativistischen Äquivalenten keine Wellengleichung im mathematisch strengen Sinn darstellt, ist eine Lösung der Schrödinger-Gleichung im Ortsraum bei verschwindendem Potential eine ebene Welle, dargestellt durch die Funktion
Ihre Dispersionsrelation lautet:
mit
gegeben ist.
Da die Bewegungsgleichungen linear sind, ist jede Superposition von Lösungen wieder eine Lösung.
Die Wellenfunktion im Impulsraum
nebst der Ersetzung
Die Wellenfunktion
mit
Die Amplituden müssen so gewählt werden, dass die Normierung der Wellenfunktion gewährleistet ist. Das Betragsquadrat der Wellenfunktion ist durch
gegeben. Eine Integration über das gesamte Volumen ergibt mit der Darstellung der Dirac-Distribution
Praktisch kann dies beispielsweise durch eine gaußförmige Einhüllende
realisiert werden. Durch die Wahl dieser Einhüllenden wird ein Teilchen mit minimaler Orts-Impuls-Unschärfe und einem Erwartungswert des Impulses bei
Eine Aussage im quantenmechanischen Messprozess lautet, bei einer Messung kollabiert die Wellenfunktion instantan auf einen Eigenwert des zur Messung zugehörigen Operators. Dieser Eigenwert ist das Ergebnis der Messung. Die Wahrscheinlichkeit, auf einen dieser Eigenwerte zu kollabieren, ist in der Matrizenmechanik durch
gegeben, wobei
Das Skalarprodukt des Hilbertraums entspricht also einer Integration über den gesamten Raumbereich im Ortsraum. Zwei Wellenfunktionen heißen orthogonal, wenn das Integral über den gesamten Ortsraum ihres Produkts verschwindet. Die Wahrscheinlichkeit, den Messwert
Der Erwartungswert einer Messung im Zustand
beschrieben. Dies übersetzt sich in der Wellenmechanik zu:
Dabei ist
Die physikalische Interpretation einer Wellenfunktion ist kontextabhängig. Mehrere Beispiele werden unten angeführt, gefolgt von einer Interpretation der oben beschriebenen drei Fälle.
Die Wellenfunktion eines Teilchens im eindimensionalen Raum ist eine komplexe Funktion
Die Wahrscheinlichkeit, bei einer Messung das Teilchen im Intervall
Dies führt zu der Normierungsbedingung
da eine Messung der Teilchenposition eine reelle Zahl ergeben muss. Das heißt: Die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen an irgendeinem Ort zu finden, ist gleich 1.
Der dreidimensionale Fall ist analog zum Eindimensionalen; Die Wellenfunktion ist eine komplexe Funktion
Die Normierungsbedingung ist analog zum eindimensionalen Fall
wobei das Integral sich über den gesamten Raum erstreckt.
In diesem Fall ist die Wellenfunktion eine komplexe Funktion von sechs Raumvariablen,
und
wobei
wobei das vorgestellte Integral über den gesamten Bereich aller sechs Variablen reicht.
Dabei ist von entscheidender Bedeutung, dass im Fall von Zwei-Teilchen-Systemen nur das System, das aus beiden Teilchen besteht, eine wohldefinierte Wellenfunktion haben muss. Daraus ergibt sich, dass es unmöglich sein kann, eine Wahrscheinlichkeitsdichte für Teilchen EINS zu definieren, welche nicht ausdrücklich von der Position von Teilchen ZWEI abhängt. Die Moderne Physik nennt dieses Phänomen Quantenverschränkung bzw. Quanten-Nichtlokalität.
Die Wellenfunktion eines eindimensionalen Teilchens im Impulsraum ist eine komplexe Funktion
Dies führt zur Normierungsbedingung
weil eine Messung des Teilchenimpulses immer eine reelle Zahl ergibt.
Die Wellenfunktion eines Teilchens mit Spin 1/2 (ohne Berücksichtigung seiner räumlichen Freiheitsgrade) ist ein Spalten-Vektor
Die Bedeutung der Komponenten des Vektors hängt von der verwendeten Basis ab, typischerweise entsprechen
Die Werte
Dies führt zur Normierungsbedingung