Die Klein-Gordon-Gleichung (auch Klein-Fock-Gordon-Gleichung oder Klein-Gordon-Schrödinger-Gleichung[1]) ist die relativistische Feldgleichung, welche die Kinematik freier skalarer Felder bzw. Teilchen (d. h. Spin 0) bestimmt. Es handelt sich dabei um eine homogene partielle Differentialgleichung zweiter Ordnung, die relativistisch kovariant ist, d. h. forminvariant unter Lorentz-Transformation.
Nach Schrödingers Publikation im Jahre 1926 versuchten viele Physiker, darunter Oskar Klein und Walter Gordon, das relativistische Analogon zur Schrödingergleichung zu finden, um Wellenfunktionen zu charakterisieren, die in der Quantenmechanik den Zuständen eines freien Teilchens entsprechen.
Zwar ergibt sich aus der Klein-Gordon-Gleichung die richtige Beziehung zwischen Energie und Impuls, nicht aber der Spin der untersuchten Teilchen. Deswegen stimmen bei geladenen Spin-1/2-Teilchen wie dem Elektron und dem Proton im Wasserstoffatom die aus der Klein-Gordon-Gleichung hergeleiteten Bindungsenergien nicht mit den beobachteten Energien überein; die richtige Bewegungsgleichung für diese Teilchen ist die Dirac-Gleichung. Stattdessen beschreibt die Klein-Gordon-Gleichung als skalare Differentialgleichung spinlose Teilchen korrekt, z. B. Pionen.
Bei der Herleitung geht man von der Energie-Impuls-Beziehung
zwischen der Energie $ E $ und dem Impuls $ \mathbf {p} $ eines Teilchens der Masse $ m $ in der speziellen Relativitätstheorie aus. Die erste Quantisierung deutet diese Relation als Gleichung für Operatoren, die auf Wellenfunktionen $ \phi (t,\mathbf {x} ) $ wirken. Dabei sind $ E $ und $ \mathbf {\widehat {p}} $ die Operatoren
Damit ergibt sich die Klein-Gordon-Gleichung
An Stelle der SI-Einheiten verwendet man in der relativistischen Quantentheorie natürliche Einheiten, in denen $ \hbar $ und $ c $ den Wert 1 haben.
In diesen Einheiten, mit dem D’Alembert-Operator
und mit der abkürzenden Bezeichnung $ x=(t,\mathbf {x} ) $ für die Raumzeitkoordinaten lautet die Klein-Gordon-Gleichung:
Da der Wellenoperator $ \Box :=\partial ^{\mu }\partial _{\mu } $ und die Compton-Wellenlänge $ \lambda _{C}={\frac {h}{m\cdot c}} $ sich in der Minkowski-Raumzeit wie skalare Größen transformieren, ist in dieser Darstellung die relativistische Invarianz der skalaren Gleichung offensichtlich.
Häufig wird die Klein-Gordon-Gleichung auch mit der reduzierten Comptonwellenlänge $ {\lambda \!\!\!^{-}}_{\text{C}}={\frac {\hbar }{m\,c}} $ geschrieben:
Die ebene Welle
ist eine Lösung der Klein-Gordon-Gleichung, wenn die Kreisfrequenz $ \omega $ gemäß
oder in den Planck-Einheiten
mit dem Wellenvektor $ \mathbf {k} $ zusammenhängt. Ebenso löst die konjugiert-komplexe Welle
die Klein-Gordon-Gleichung, da diese reell ist.
Da die Klein-Gordon-Gleichung linear und homogen ist, sind Summen und komplexe Vielfache von Lösungen ebenso Lösungen. Daher löst
mit beliebigen fouriertransformierbaren Amplituden $ a(\mathbf {k} ) $ und $ b^{\dagger }(\mathbf {k} ) $ die Klein-Gordon-Gleichung. Umgekehrt ist jede fouriertransformierbare Lösung von dieser Form. Der Frequenzterm im Nenner sorgt in der Quantenfeldtheorie für eine kovariante Normierung.
In dieser Darstellung der Lösung ist allerdings nicht ersichtlich, dass sie im Punkt $ x $ nur von ihren Anfangswerten auf und im Inneren des Lichtkegels von $ x $ abhängt.
In der Quantenfeldtheorie ist $ \phi $ ein Operator. Der Operator $ a(\mathbf {k} ) $ vernichtet in Teilchenzuständen mit Spin $ s=0 $, beispielsweise negative Pionen, $ b^{\dagger }(\mathbf {k} ) $ erzeugt die entgegengesetzt geladenen Antiteilchen, positive Pionen. Der adjungierte Operator $ \phi ^{\dagger } $ vernichtet dann positive Pionen und erzeugt negative Pionen.
Für ein reelles Feld $ \varphi $ gilt $ b^{\dagger }(\mathbf {k} )=(a(\mathbf {k} ))^{\dagger }. $ Es ist invariant unter Phasentransformationen und trägt nicht zum elektromagnetischen Strom bei. Die Teilchen, die das reelle Feld vernichtet und erzeugt, sind ungeladen und stimmen mit ihren Antiteilchen, beispielsweise neutralen Pionen, überein.
Eine Lagrangedichte für ein reelles Feld $ \varphi $, die auf die Klein-Gordon-Gleichung führt, lautet
und für ein komplexes Feld $ \phi $
Mit der hier gewählten Normierung der Lagrangedichten ergeben sich in der Quantenfeldtheorie für das komplexe Feld dieselben Propagatoren wie für das reelle.
Die Lagrangedichte für das komplexe Feld ist invariant unter der kontinuierlichen Schar von Transformationen
die das Feld mit einer komplexen Phase $ \mathrm {e} ^{\mathrm {i} \alpha }\,,0\leq \alpha <2\pi $ multiplizieren.
Nach dem Noether-Theorem gehört zu dieser kontinuierlichen Symmetrie ein erhaltener Strom mit Komponenten
Die 0-Komponente ist die Dichte der erhaltenen Ladung:
Diese Dichte ist nicht positiv definit und kann nicht als Wahrscheinlichkeitsdichte gedeutet werden. Vielmehr wird
als die elektrische Ladung und $ j_{\mu } $ als die elektromagnetische Viererstromdichte gedeutet, an die das skalare Potential und das Vektorpotential der Elektrodynamik koppeln.