Galileo ist ein im Aufbau befindliches europäisches globales Satellitennavigations- und Zeitgebungssystem unter ziviler Kontrolle (europäisches GNSS).[1]
Es soll weltweit Daten zur genauen Positionsbestimmung liefern und ähnelt im Aufbau dem US-amerikanischen NAVSTAR-GPS, dem russischen GLONASS-System und dem chinesischen Beidou-System. Die Systeme unterscheiden sich durch Frequenznutzungs-/Modulationskonzepte und die Satellitenkonstellation.
Als Sitz der Agentur für das Europäische GNSS (Galileo-Agentur, GSA) wurde die tschechische Hauptstadt Prag gewählt.[2] Bis 2014 fand der Umzug von Bediensteten und Ausstattung für die Agentur aus Brüssel nach Prag statt.
Mit Stand Ende 2016 sind 18 der vorgesehenen 30 Satelliten in ihrem Orbit. Die letzten Satelliten sollen 2018[veraltet] in ihre Umlaufbahn geschossen werden. Das Satellitennavigationssystem ist für die Allgemeinheit seit dem 15. Dezember 2016 zugänglich.[3][4]
Galileo ist das erste von der Europäischen Union (EU) und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) gemeinsam durchgeführte Projekt und Teil des TEN-Verkehrsprojektes. Die Finanzierung der Entwicklungsphase wird von beiden Organisationen zu gleichen Teilen übernommen. Am 27. Mai 2003 einigten sich die Mitgliedsstaaten der ESA nach langen Differenzen über die Finanzierung. Im Mai 2007 wurde bekannt, dass die EU-Kommission den privaten Betreibergesellschaften den Auftrag entziehen und das Projekt neu ausschreiben will.[5]
Folgende Staaten außerhalb der Europäischen Union beteiligen sich ebenfalls:
Folgende Staaten verhandeln über eine Teilnahme:
Die Vereinigten Staaten standen Galileo zunächst skeptisch gegenüber, vor allem im Hinblick auf die Gefahren einer unkontrollierten militärischen Nutzung. Bedenken bezüglich einer technischen Beeinflussung des NAVSTAR-GPS-Systems konnten inzwischen ausgeräumt werden.
Galileo basiert auf einer Grundkonstellation von 30 Satelliten (27 plus drei laufend betriebsbereite Zusatzsatelliten, zuzüglich des fortlaufenden Ersatzes von Satelliten), die die Erde in einer Höhe von etwa 23.260 km mit 3,6 km/s umkreisen, und einem Netz von Bodenstationen, die die Satelliten kontrollieren. Empfänger in der Größe mobiler Handgeräte wie Smartphones oder Navigationssysteme können aus den Funksignalen der Satelliten die eigene Position mit einer Genauigkeit von ungefähr vier Metern bestimmen. Bei Verwendung von Zusatzinformationen oder -diensten lässt sich ähnlich wie bei anderen satellitengestützten Navigationssystemen (GNSS) die Positionsgenauigkeit in den Zentimeterbereich steigern (DGPS).
Galileo wurde ursprünglich nur für zivile Zwecke konzipiert, wird aber, durch die vom Europäischen Parlament im Juli 2008 verabschiedete Entschließung zu den Themen Weltraum und Sicherheit, auch für Operationen im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) „zur Verfügung stehen“.[18] Da auf eine störresistente Bandbreitenspreizung verzichtet wurde, kann das Signal im Konfliktfall jedoch gestört werden.
Es sind 30 Satelliten geplant. Sie sollen die Erde auf drei Bahnebenen mit einer Inklination von 56° in einer Walker-Konstellation (56°:27/3/1) umkreisen. Pro Bahnebene sind neun Satelliten vorgesehen plus zusätzlich ein Reservesatellit. Sie haben einen Abstand von 40° mit einer Abweichung von maximal 2°, entsprechend 1000 km. Bei einer Höhe von 23.222 km über der Erdoberfläche benötigen die Satelliten etwa 14 Stunden für einen Umlauf.[19] Nach 17 Umläufen oder 10 Tagen wiederholt sich das Muster der Bodenspur.
Die Finanzierung von Galileo wurde am 24. November 2007 geklärt. Das Geld soll hauptsächlich aus den Einsparungen im EU-Agrarsektor kommen.[20]
Bis 2007 wurden 1,5 Mrd. Euro in die Entwicklung investiert. Für den Endausbau bis 2013 waren ursprünglich 3,4 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt geplant.[21]
Laut der Halbzeitüberprüfung der EU-Kommission im Januar 2011 werden die Kosten mit vermutlich 5,3 Milliarden Euro bis 2020 deutlich höher sein.[22]
Die erste Projektphase zur Definition der Aufgaben finanziert die ESA mit ca. 100 Mio. Euro. Die Planungs- und Definitionsphase schloss mit dem Start und der Inbetriebnahme zweier Testsatelliten und der zugehörigen Bodenstationen im Januar 2006 ab. Der Test der Sendefrequenzen musste vor dem 10. Juni 2006 erfolgen, weil sonst die Reservierung für die Galileo-Frequenzbänder bei der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) verfallen wäre. Mit der Entwicklung, Start und Test von vier Galileo-Satelliten (In Orbit Validation, IOV) endet die zweite Phase 2011. Anfang 2003 vereinbarten die Raumfahrtagenturen Europas und Russlands, die GLONASS-Satelliten zum Test ausgewählter Teile des Galileo-Systems zu nutzen. Hierbei soll auch die Kompatibilität beider Systeme geprüft werden.
Die Kosten der zweiten Phase (Entwicklungsphase) von voraussichtlich 1,5 Mrd. Euro tragen die Europäische Union und ESA gemeinsam.
Innerhalb der ESA übernehmen Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien jeweils 17,5 %. Spanien trägt 10 % der Kosten. Belgien zahlt 26,5 Mio. Euro, der Rest wird unter den übrigen 15 ESA-Mitgliedsstaaten aufgeteilt. Die übrigen 750 Mio. Euro kommen aus dem Haushalt für transeuropäische Netze der Europäischen Union (TEN). An TEN ist Deutschland über seine EU-Beitragszahlungen mit zirka 25 % beteiligt und ist damit der größte Geldgeber für das Projekt. Die Phase C/D umfasst den Betrieb von drei bis vier funktionstüchtigen Satelliten, dem Raumsegment, und der Boden-Betriebseinrichtungen, dem Bodensegment. Das Bodensegment besteht aus untereinander vernetzten Empfangs- und Sendestationen (siehe dritte Phase).
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Standort in Neustrelitz und seinen Einrichtungen des Fernerkundungsdatenzentrums sowie des Instituts für Kommunikation und Navigation ist maßgeblich an der Entwicklung und dem Betrieb des Galileo-Systems beteiligt.[23]
Der erste Testsatellit GIOVE-A1 (Galileo In-Orbit Validation Element) wurde am 28. Dezember 2005 um 05:19 UTC vom Raumfahrtzentrum in Baikonur (Kasachstan) gestartet und hat in 23.222 km Höhe seinen planmäßigen Betrieb aufgenommen. Das erste Navigationssignal übertrug GIOVE-A zu Testzwecken am 2. Mai 2007.[24]
GIOVE-B, der zweite Testsatellit, wurde am 26. April 2008 um 22:16 UTC ebenfalls vom Kosmodrom Baikonur gestartet. Als neue Nutzlast verfügt er über Laser-Retroreflektoren für die exakte Bahnvermessung und eine hochgenaue passive Wasserstoff-Maser-Atomuhr.[25] Anfängliche Probleme von GIOVE-B bei der Ausrichtung auf die Sonne wegen eines Softwareproblems konnten schnell behoben werden.[26] Am 7. Mai 2008 sendete er die ersten hochgenauen Navigationssignale.[27]
Am 4. Februar 2011 begann die erste große Testphase. Der deutsche Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nahm in Berchtesgaden die erste europäische Testregion in Betrieb. Das Projekt GATE ermöglicht den Test von Galileo-Empfängern. Es betreibt im Raum Berchtesgaden terrestrische Funkanlagen, die Signale aussenden, wie sie später von Galileo erwartet werden. Entwickler führten ab da Praxistests unter realen Einsatz- und Umgebungsbedingungen durch.
GIOVE-A1 – erster Testsatellit
Bezeichnung: | GIOVE-A (italienisch für Jupiter bzw. Galileo In-Orbit Validation Element); Bezeichnung vor dem Start: GSTB-v2 A (Galileo System Test Bed) |
Nutzlast: | Signalgenerator, Rubidium-Atomuhr, Strahlungsmonitor, Navigationsempfänger |
Hersteller: | Surrey Satellite Technology |
Startmasse: | 600 kg |
Leistung: | 700 W |
Größe: | 1,3 m × 1,8 m × 1,65 m |
Start: | 28. Dezember 2005, 5:19 UTC |
Außerbetriebnahme: | 3. Juli 2012 (s. aber unten) |
ID: | COSPAR/WWAS Int Id: 2005-051A |
ID: | USStratCom Cat #: 28922 |
Träger: | Sojus-FG/Fregat |
Betriebsdauer: | 87 Monate (geplant 27 Monate) |
GIOVE-B – zweiter Testsatellit[28]
Bezeichnung: | GIOVE-B; bisherige Bezeichnung: GSTB-v2 B |
Nutzlast: | Signalgenerator, Rubidium-Atomuhr, Strahlungsmonitor, zwei passive Wasserstoff-Maser-Atomuhren, Laser-Retroreflektor |
Hersteller: | Galileo Industries Konsortium |
Startmasse: | 523 kg |
Leistung: | 943 W |
Größe: | 0,955 m × 0,955 m × 2,4 m |
Start: | 26. April 2008, 22:16 UTC |
Außerbetriebnahme: | 23. Juli 2012[29] |
ID: | COSPAR/WWAS Int Id: 2008-020A |
ID: | USStratCom Cat #: 32781 |
Träger: | Sojus-Fregat |
Lebensdauer: | 5 Jahre |
GIOVE-A2 – dritter Testsatellit[30]
Hersteller: | Surrey Satellite Technology |
Betriebsdauer: | 27 Monate |
Wert: | 25–30 Mio. Euro |
GIOVE-A1 diente nach seiner Außerbetriebnahme noch zur Demonstration der Navigation in hohen Umlaufbahnen. Dabei wurde der experimentelle GPS-Empfänger an Bord erstmals in Betrieb genommen und eine Positionsbestimmung in 23300 km Höhe vorgenommen.[32]
Bezeichnung: | GSTB-V1 – Sensor Stations Network |
Anzahl: 30 |
In der dritten Phase, der Errichtungsphase, wird das System fertiggestellt. Die ersten zwei Satelliten (In Orbit Validation IOV) wurden am 21. Oktober 2011 mit dem ersten Start einer Sojus-ST-Rakete vom europäischen Weltraumzentrum in Französisch-Guayana unter der COSPAR-Bezeichnung 2011-060A und B ins All gebracht.[33] Dies war gleichzeitig der erste Start einer russischen Trägerrakete von einem Weltraumbahnhof der ESA. Zwei weitere Satelliten sind am 12. Oktober 2012 – wiederum mit einer Sojus-Rakete – von Kourou aus gestartet.[34]
Im Dezember 2013 meldete die ESA, dass mit diesen vier Satelliten erstmals die Position eines Flugzeugs unabhängig und allein mit dem europäischen System festgestellt werden konnte.[35] Am 3. Juli 2014 wurde bekannt, dass bei IOV FM4 die Navigationssignale am 27. Mai 2014 ausgefallen sind.[36] Stand Mai 2012 hat Arianespace Aufträge, mit sechs Sojus-Raketen und drei Ariane 5 ES Galileo bis 2015 24 weitere Satelliten für das Galileo-System zu starten.[37]
Auf der Pariser Luftfahrtschau 2011 wurden seitens der EU-Kommission die Verträge für die Fertigstellung der Arbeitspakete 2 (Ground Mission Segment) und 3 (Ground Control Segment) abgeschlossen.[38]
Erste Dienste basieren auf einer Konstellation von 18 Satelliten. Diese sollten ab 2014 angeboten werden. Mit der vollständigen Konstellation mit 30 Satelliten mit allen Diensten wurde nicht vor 2020 gerechnet. Nach Problemen bei Tests zur Temperatur- und Vakuumverträglichkeit kam es jedoch erneut zu Verzögerungen.[39]
Es waren folgende Starts der nächsten vier Satelliten mit einer Sojus-Rakete in Französisch-Guayana geplant: 22. August[40] und Ende 2014.[41] Damit sollte das System Ende 2014/Anfang 2015 in Betrieb gehen.[42]
Die vierte Phase umfasst den Betrieb und die Wartung des Systems. Die Dienste Offener Dienst, Öffentlich-staatlicher Dienst (PRS) und Such- und Rettungsdienst sind mit einer Konstellation von 18 Satelliten am 15. Dezember 2016 in Betrieb gegangen. Im Januar 2011 wurde für Galileo und EGNOS zusammen mit jährlichen Betriebskosten von 800 Mio. Euro gerechnet.[22]
Am 20. November 2013 hat das Europäische Parlament die weitere Finanzierung von Galileo und EGNOS in Höhe von sieben Milliarden Euro für den Zeitraum 2014 bis 2020 genehmigt.[43]
Die EU-Kommission bestellte am 7. Januar 2010 beim deutschen Raumfahrtkonzern OHB Technology, Bremen, die nächsten 14 Satelliten für das Galileo-System für zusammen rund 566 Mio. Euro.[44]
Hersteller: | EADS Astrium |
Startmasse: | 640 kg |
Leistung: | ca. 1,4 kW |
Größe: | 3,02 m × 1,58 m × 1,59 m |
Starttermin: | 21. Oktober 2011 (IOV 1,2), 12. Oktober 2012 (IOV 3,4) |
Träger: | Sojus-Fregat |
Lebensdauer: | mehr als 12 Jahre |
Spannweite Solarpanels: | 14,5 m |
Hersteller: | OHB System AG, Nutzlast: Surrey Satellite Technology[66] |
Startmasse: | 680 kg |
Leistung: | 1,5 kW (nach 12 Jahren) |
Größe: | 2,7 m × 1,2 m × 1,1 m |
Starttermin: | 2014–? |
Träger: | Sojus-Fregat, Ariane 5 |
Lebensdauer: | mehr als 12 Jahre |
Spannweite Solarpanels: | 14,8 m |
Jeder Satellit wird nach einem Kind benannt, das den Galileo Malwettbewerb der Europäischen Kommission gewann, wobei aus jedem Mitgliedsland ein Gewinner ermittelt wurde.[67]
Für die aktuelle Position siehe: Liste der Galileo-Satelliten
Am 25. Mai 2003 gründeten die EU und ESA das gemeinsame Unternehmen Galileo Joint Undertaking (GJU). Es koordinierte die Entwicklung des Galileo-Systems. Dazu gehören die ersten beiden Testsatelliten GSTB-V2 (GIOVE-A und B), die Inbetriebnahme der ersten vier Satelliten der Konstellation in der IOV-Phase (In Orbit Validation) und die Integration von EGNOS in Galileo.
Das GJU sollte den Konzessionär für die Aufbau- und Betriebsphase von Galileo in einem offenen, mehrstufigen Ausschreibungsverfahren für die Dauer von 20 Jahren auswählen. Als Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens schlug es die Zusammenarbeit der konkurrierenden Konsortien Eurely und iNavSat vor. Das Konzessionskonsortium Anfang 2007 umfasste folgende Unternehmen:
Zum Ende des Jahres 2006 wurde die Liquidation der GJU eingeleitet. Ihr Ziel, einen Konzessionär für Galileo auszuwählen, hat sie nicht erreicht. Die Agentur für das Europäische GNSS (GSA) der Europäischen Kommission übernahm zum 1. Januar 2007 die Aufgaben des GJU. An ihr ist die ESA unmittelbar nicht mehr beteiligt. Nach der Einigung im Rat für Wirtschaft und Finanzen der EU über die Finanzierung von Galileo ist die Rolle der GSA ungewiss.
Der Sitz der am 26. März 2007 gegründete Betreibergesellschaft GOC (Galileo Operating Company) wurde nach langem Ringen auf Frankreich (Toulouse) und Großbritannien (London) aufgeteilt. Das Zentrum in Toulouse ist für die Verwaltung und Geschäftsentwicklung zuständig, während in London die Betriebsverantwortung wahrgenommen wird. Während der Entwicklungsphase ist das Unternehmen European Satellite Navigation Industries Hauptauftragnehmer der ESA, die die System-Anforderungen und -Spezifikationen erstellt hat. Es baut unter anderem den Testsatelliten GIOVE-B.
Folgende Dienste sind geplant:
Name | Abk. | Deutsche Übersetzung | Beschreibung | 1164–1214 MHz | 1260–1300 MHz | 1563–1591 MHz |
---|---|---|---|---|---|---|
Open Service | OS | Offener Dienst | steht in direkter Konkurrenz oder als Ergänzung zu anderen Systemen wie GPS oder GLONASS. Er soll ebenfalls frei und kostenlos empfangbar sein. Allerdings müssen Hersteller entsprechender Empfänger Lizenzgebühren entrichten. Der Offene Dienst ermöglicht die Ermittlung der eigenen Position auf wenige Meter genau. Zudem liefert er die Uhrzeit entsprechend einer Atomuhr (besser als 10−13). Auch kann dadurch die Geschwindigkeit, mit der sich der Empfänger (z. B. in einem Kfz) fortbewegt, errechnet werden.
Er soll zwei Sendefrequenzen zur Verfügung stellen. Damit wird es mit Zweifrequenzempfängern möglich sein, die Abhängigkeit der Signallaufzeiten von Inhomogenitäten der Ionosphäre zu berücksichtigen und die Position auf ca. 4 Meter genau zu bestimmen. GPS benutzt aus dem gleichen Grund ebenfalls zwei Sendefrequenzen (1227,60 MHz und 1575,42 MHz). Die höhere Anzahl der Satelliten, 27 gegenüber 24 bei GPS, soll die Empfangsabdeckung in Städten von 50 % auf 95 % steigern. Durch die Kombination mehrerer Satellitensysteme (GPS, GLONASS) dürfte jedoch noch eine deutlich bessere Abdeckung von jederzeit 15 Satelliten erreicht werden können. Es soll keine Garantien für die ständige Verfügbarkeit dieses Dienstes geben. |
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Commercial Service | CS | Kommerzieller Dienst | kostenpflichtig und soll verschlüsselt zusätzliche Sendefrequenzen und damit höhere Übertragungsraten von ca. 500 bit/s zur Verfügung stellen. So sind dann beispielsweise Korrekturdaten zur Steigerung der Positionsgenauigkeit um ein bis zwei Größenordnungen empfangbar. Er ist unter anderem auch für sicherheitskritische Anwendungen ausgelegt (z. B. Flugsicherung). Auch sind Garantien zur ständigen Verfügbarkeit dieses Dienstes geplant. Optimierung der Anwendung in Industrien wie dem Bergbau, dem Vermessungswesen und der Kartografie. | |||
Safety-of-Life | SoL | Sicherheitskritischer Dienst | steht sicherheitskritischen Bereichen zur Verfügung, z. B. der Luft- und Seeschifffahrt und dem Schienenverkehr. Er ist das Korrektiv zu den Risiken, die sich aus den kommerziellen Anwendungen (oben) ergeben können. Er bietet eine Warnung (wenige Sekunden im Voraus), bevor das System, z. B. wegen ausgefallener Satelliten oder bei Positionierungsfehlern nicht mehr genutzt werden sollte. Auch für diesen Dienst sind Garantien für die ständige Verfügbarkeit geplant. | |||
Public Regulated Service | PRS | Öffentlich regulierter Dienst oder Staatlicher Dienst |
steht ausschließlich hoheitlichen Diensten zur Verfügung, also z.B. Polizei, Küstenwache oder Geheimdienst. Als Dual-Use-System wird es auch für militärische Anwendungen zur Verfügung stehen. Das ebenfalls verschlüsselte Signal ist weitgehend gegen Störungen und Verfälschungen gesichert und soll eine hohe Genauigkeit und Zuverlässigkeit bieten. | |||
Search And Rescue | SAR | Such- und Rettungsdienst | arbeitet mit COSPAS-SARSAT und MEOSAR zusammen und erlaubt eine schnelle und weltweite Ortung von Notsendern von Schiffen oder Flugzeugen. Erstmals soll eine Rückantwort von der Rettungsstelle an den Notrufsender möglich sein. | MEOSAR-Uplink: 406,0–406,1 MHz |
Galileo benutzt gemeinsam mit GPS das Frequenzband L1 bei 1575,42 MHz und L5 bei 1176,45 MHz. Das Band L2 bei 1227,6 MHz steht GPS allein zur Verfügung, für Galileo ist es das Band E6 bei 1278,75 MHz. Das Spektrum zeigt das erste Testsignal von GIOVE-A, das eine Hochgewinn-Antenne im Januar 2006 empfangen hat.
Galileo-Satelliten werden mit 50 Watt senden. Die Sendeleistung der Satelliten ist so gering, dass ein Navigationsempfänger in 20.000 km Entfernung, ausgestattet mit einer einfachen Stabantenne, fast nur Rauschen sieht. Er empfängt nicht nur das Signal eines Satelliten, sondern von mindestens vier, deren Signale dopplerverschoben sind. Hinzu kommen die Ausstrahlungen von GPS-Satelliten auf den gleichen Frequenzen.
Die Rückgewinnung der Navigationsdaten gelingt dadurch, dass jeder Satellit z. B. auf der L1-Frequenz ein charakteristisches Pseudorauschsignal, den Spreizcode, mit einer Bandbreite von 1 MHz sendet, das mit einer Bitrate von 50 bit/s moduliert ist. Durch Korrelation mit dem charakteristischen Pseudorauschsignal werden im Empfänger die Signale der einzelnen Satelliten wieder herausgefiltert.
Die Tabelle listet die Frequenzbänder, Frequenzen und Modulationsverfahren auf, die Galileo zur Verfügung stehen. Die beiden Spitzen des L1-Signals sind im Spektrum beschriftet, genauso die Seitenmaxima der Frequenzen E1 und E2. Die blauen Pfeile markieren die Lage der GPS-Signale im L1-Band. Dank der unterschiedlichen Modulation (BOC, BPSK) ist das Übersprechen der Signale gering.
Band | Frequenzname | Modulation | Mittenfrequenz/Maxima (1) [MHz] | Frequenzbreite | Einsatz |
---|---|---|---|---|---|
L1 | 1575,42 | ||||
L1B, L1C | BOC(1,1) | ±1,023 | 1 | OS, CS, SOL | |
E1, E2 | BOC(15,2.5) | ±15,345 | 2,5 | PRS | |
L5 | 1191,795 | ||||
E5a, E5b | altBOC(15,10) | ±15,345 | 10 | OS, CS, SOL(E5b) | |
E6 | 1278,75 | ||||
E6b | BPSK(5) | 0 | 5 | CS | |
E6a | BOC(10,5) | 10,23 | 5 | PRS |
(1) Mittenfrequenz des Frequenzbandes, Lage der Maxima bezogen auf Mittenfrequenz (in MHz)
Band | Frequenzname | Modulation | Mittenfrequenz/Maxima (1) [MHz] | Frequenzbreite | Einsatz |
---|---|---|---|---|---|
L1 | C/A | BPSK(1) | 1575,42 | civil | |
P(y) | BPSK(10) | military (encrypted) | |||
M-Code | BOC(10,5) | new military | |||
L2 | C/A | BPSK(1) | 1227,60 | new civil | |
P(y) | BPSK(10) | military (encrypted) | |||
M-Code | BOC(10,5) | new military | |||
L5 | new Civil | BPSK(10) | 1176,45 | very new civil |
(1) Mittenfrequenz des Frequenzbandes, Lage der Maxima bezogen auf Mittenfrequenz (in MHz)
Ein Großteil der aktuellen GNSS-Empfänger ist in der Lage, neben GPS und GLONASS auch Galileo zu empfangen.
Das Open Source-Projekt GNSS-SDR stellt eine Software zur Verfügung, mit der Galileo-Signale dekodiert werden können, die zuvor mit einem Software Defined Radio aufgezeichnet wurden. Im November 2013 konnte damit aus vier Satellitensignalen eine Position mit einem Streukreisradius von 1,9 Metern errechnet werden.[68]
Die Snapdragon SOCs ab 820, 652, 650, 625, 617 und 435[69] unterstützen Galileo. Unter anderem können das BQ Aquaris X5 Plus, das Mate 9 und Mate 9 Pro sowie das (nicht mehr erhältliche) Samsung Galaxy Note 7 und das Samsung Galaxy S8 Galileo zur Positionsbestimmung nutzen.
Nach jahrelangen Verhandlungen unterzeichneten am 26. Juni 2004 während des USA-EU-Gipfels in Newmarket-on-Fergus (Irland) der damalige US-Außenminister Colin Powell und der damalige Vorsitzende der EU-Außenminister Brian Cowen einen Vertrag über die Gleichberechtigung der Satellitennavigationssysteme GPS, GLONASS und Galileo. Darin wird vereinbart, dass Galileo zu GPS III kompatibel sein wird.[70] Dies hat den Vorteil, dass durch die Kombination der GPS- und Galileo-Signale eine deutlich verbesserte Abdeckung, mit einer Verfügbarkeit von jederzeit 15 Satelliten, erreicht werden sollte. Nach Abschluss des Aufbaus von Galileo werden durch die Kombinationsmöglichkeit beider Systeme insgesamt etwa 60 Navigationssatelliten zur Verfügung stehen. Bereits heute gibt es GPS-Empfänger (mit U-blox5- oder AsteRx-Chipsatz), die nach einer Aktualisierung der Firmware auch für Galileo genutzt werden können.
Voraussetzung für den Abschluss des Vertrages war, dass die EU auf die mit einer stärkeren Bandspreizung ausgestattete Kanalkodierung BOC(1, 5) (Binary Offset Carrier) verzichtet und stattdessen auch die für die zukünftigen GPS-Satelliten vorgesehene BOC(1, 1) verwendet. Durch BOC(1, 1) und die deutlich geringere Frequenzspreizung im Gegensatz zu BOC(1, 5) wird sichergestellt, dass es bei einer breitbandigen Störung des Galileo-Signals im Ausmaß der zivilen Bandbreite nicht gleichzeitig zu einer Störung des um rund Faktor 10 stärker bandgespreizten militärischen Signals von GPS kommt. Denn es werden für die zivile als auch militärische Nutzung vorgesehenen Codefolgen (Unterscheidung mittels Codemultiplex) die gleichen HF-Mittenträgerfrequenzen verwendet – die Unterscheidung erfolgt nur durch unterschiedliche Codierungsverfahren. Die dadurch bedingte spektrale Überdeckung zwischen BOC(1, 1) und dem militärischen GPS P/Y-Code bzw. M-Code beträgt nur rund 8 %, während BOC(1, 5) zu einer über 50 % spektralen Überdeckung geführt hätte. Rund 50 % Decoderverlust sind allerdings für den sicheren Empfang des militärisch genutzten breitbandigen GPS-Codes mit zu vielen Empfangsfehlern verbunden, während bei Störungen des schmalbandigen zivilen Navigationssignals ein Ausfall von nur rund 10 % im militärischen Code unter anderem durch Fehlerkorrekturverfahren kompensiert werden kann.
Diese Anpassung in der Kanalcodierung von Galileo ermöglicht es, neben dem C/A-Code des GPS auch das zivile Galileo-Navigationssignal bei Bedarf in lokal begrenzten Gebieten durch spezielle GPS-Jammer zu stören, ohne dass dabei gleichzeitig das militärisch genutzte breitbandige GPS-Signal wesentlich beeinträchtigt wird. Allerdings widerspricht das der ursprünglichen Idee von Galileo, anders als das GPS für sicherheitskritische Anwendungen ein jam-sicheres Signal zur Verfügung zu stellen. Kritiker monieren, die USA hätten aus militärischen, aber auch wirtschaftlichen Gründen Druck ausgeübt, um das Galileosignal störbar zu machen.
Auf die erzielbare Positionsgenauigkeit hat die Verwendung von BOC(1, 1) bei Galileo keinen Einfluss.
Wie schon das NAVSTAR-GPS-System wird auch Galileo nicht völlig frei nutzbar sein. Bei NAVSTAR-GPS wurde das frei empfangbare Signal bis zum 2. Mai 2000 absichtlich verschlechtert (Selective Availability), während zeitgenaue Signale dem amerikanischen Militär vorbehalten waren, bei Galileo soll gegen Bezahlung ein qualitativ besserer Dienst zur Positionsbestimmung bereitgestellt werden, der eine Genauigkeit von unterhalb einem Meter bieten soll. Der Empfang des Offenen Dienstes, der eine Ungenauigkeit von weniger als vier Metern horizontal und weniger als acht Metern vertikal bieten soll, wird kostenfrei möglich sein. Das bestehende GPS bietet eine Genauigkeit von zehn Metern horizontal und 35 Metern vertikal.
Russland startete die kommerzielle Nutzung des GLONASS-Satellitensystems im Jahr 2010. Volle globale Abdeckung erlangte das System im Oktober 2011.[71][72][73] Entsprechend konstruierte Empfangsgeräte können Daten sowohl von den GPS- und GLONASS-Satelliten als auch künftig von den Galileo-Satelliten empfangen und durch Kombination aller drei Signale eine hohe Genauigkeit erzielen.
Seit 2007 bringt China Satelliten für das Navigationssystem Beidou ins All. Beidou steht wegen der Nutzung der gleichen Frequenzen in direkter Konkurrenz zu Galileo.[74] Strittig sind die Frequenzen, die ausschließlich staatlichen Sicherheits- und Rettungsdiensten zur Verfügung stehen. Zwar wurde in einem Test gezeigt, dass diese sich nicht stören, aber es besteht die Möglichkeit, das andere System absichtlich zu stören.[75]
GPS-Jammer (engl. jammer: Störsender) werden, ähnlich wie beim GPS, wohl auch zum Stören der Galileo-Signale eingesetzt werden können. Diese überlagern auf gleicher Frequenz die Signale der Satelliten. Idealerweise werden dabei die gleichen Codefolgen, die für das Codemultiplexverfahren verwendet werden, mit einem ungültigen Nutzdatenstrom übermittelt. Damit kann der Empfänger die eigentlichen Navigationsdaten vom Satelliten nicht mehr empfangen. Durch die Störung des Codemultiplexverfahrens durch nachgebildete Codefolgen kann mit wesentlich geringerer Sendeleistung seitens des Störsenders in den betreffenden Frequenzbereichen ein Ausfall der Übertragung erreicht werden als mit zu der Codefolge unkorreliertem Rauschen oder anderen unkorrelierten Störsignalen.
Auch können Varianten von Störsendern falsche Satellitenpositiondaten zur Verfälschung des empfangenen Satellitensignals aussenden. Diese werden in Anlehnung an GPS auch als GPS-Spoofer bezeichnet. Gültige und plausible, aber falsche Satellitenpositiondaten zu erzeugen ist allerdings wesentlich aufwendiger als das einfache Stören mittels GPS-Jammer, denn dies erfordert unter anderem eine genaue Zeitbasis am Störsender – im Regelfall ist dafür eine eigene Atomuhr nötig.
Galileo soll, zumindest in den kommerziellen Bereichen, eine Authentifizierung zur Erkennung gefälschter Satellitenpositiondaten anbieten.
Am Projekt Galileo sind Dutzende verschiedene Institutionen beteiligt. Dementsprechend gibt es viele Bezeichnungen für die Teilprojekte, Projektphasen, Geschäftsfelder und Infrastrukturen. Die wichtigsten Abkürzungen sind:
Weitere Abkürzungen: