Die Wellenfunktion
Eine Wellenfunktion ist die Funktion, die die Schrödingergleichung (im Ortsraum) löst. Lösungen dieser Wellengleichungen können sowohl gebundene Teilchen (wie Elektronen in den Schalen eines Atoms) oder freie Teilchen (z. B. ein α- oder β-Teilchen als Wellenpaket) beschreiben. Die Wellenfunktion ist in der Regel eine komplexe Funktion.
Bei Teilchensystemen (z. B. mit mehreren gleichen Teilchen) bezeichnet man eine solche Lösung als Vielteilchen-Wellenfunktion. Wegen der Wechselwirkung der Teilchen untereinander lassen sich diese Lösungen jedoch meist nicht mehr ohne die modernere Methodik der Quantenfeldtheorie berechnen.
In der schrödingerschen Quantenmechanik ergeben sich Wellenfunktionen als Lösung der Schrödingergleichung.
Da die Schrödingergleichung im komplexen Raum definiert ist, benötigt sie zur allgemeinen Lösung in der Regel eine Funktion, deren Funktionswerte ebenfalls im komplexen Raum liegen. Daher ist die Wellenfunktion nicht reell, sondern komplexwertig. Dies spiegelt sich u. a. darin wider, dass
Zum Vergleich: Auch die elektrische Feldstärke
Teilchen mit inneren Eigenschaften (wie zum Beispiel dem Spin eines gebundenen Elektrons oder dem Drehimpuls eines Photons) werden durch Wellenfunktionen mit mehreren Komponenten beschrieben. Je nach dem Transformationsverhalten der Wellenfunktionen bei Lorentztransformationen unterscheidet man in der relativistischen Quantenfeldtheorie skalare, tensorielle und spinorielle Wellenfunktionen bzw. Felder.
Im Unterschied zur klassischen Physik ist eine exakte Aussage über den Aufenthaltsort
Die Wahrscheinlichkeitsdichte wird für eine normierte Wellenfunktion durch das Betragsquadrat der Wellenfunktion angegeben:
mit der komplex konjugierten Funktion
Wenn ein Teilchen existiert, muss es sich zu jeder Zeit irgendwo im Raum aufhalten. D.h. die differentielle Wahrscheinlichkeit
Damit muss die Wellenfunktion die räumliche Normierungsbedingung erfüllen:
Die Wellenfunktion
mit
Die Wellenfunktion multipliziert mit ihrer komplexen Konjugation
Diese Funktion gibt annähernd (nicht genau, da
Um die Wellenfunktion zu normieren, teilt man sie durch die Wurzel des Integrals über
Das Integral über eine ebene Welle ist jedoch nicht definiert. Aus diesem Grund multipliziert man die Wellenfunktion
Eine Wellenfunktion bezieht sich auf jeden Vektor oder jede Funktion, die den Zustand eines physikalischen Systems beschreibt, indem sie es als Entwicklung nach anderen Zuständen desselben Systems darstellt.
Typische Wellenfunktionen sind entweder:
In allen Fällen liefert die Wellenfunktion eine vollständige Beschreibung des betreffenden physikalischen Systems. Es ist allerdings wichtig anzumerken, dass eine einem bestimmten System zugeordnete Wellenfunktion das System nicht eindeutig bestimmt; vielmehr können viele verschiedene Wellenfunktionen das gleiche physikalische System beschreiben.
Die physikalische Interpretation einer Wellenfunktion ist kontextabhängig. Mehrere Beispiele werden unten angeführt, gefolgt von einer Interpretation der oben beschriebenen drei Fälle.
Die Wellenfunktion eines Teilchens im eindimensionalen Raum ist eine komplexe Funktion
Die Wahrscheinlichkeit, bei einer Messung das Teilchen im Intervall
Dies führt zu der Normierungsbedingung
da eine Messung der Teilchenposition eine reelle Zahl ergeben muss. Das heißt: Die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen an irgendeinem Ort zu finden, ist gleich 1.
Der dreidimensionale Fall ist analog zum Eindimensionalen; Die Wellenfunktion ist eine komplexe Funktion
Die Normierungsbedingung ist analog zum eindimensionalen Fall
wobei das Integral sich über den gesamten Raum erstreckt.
In diesem Fall ist die Wellenfunktion eine komplexe Funktion von sechs Raumvariablen,
und
wobei
wobei das vorgestellte Integral über den gesamten Bereich aller sechs Variablen reicht.
Dabei ist von entscheidender Bedeutung, dass im Fall von Zwei-Teilchen-Systemen nur das System, das aus beiden Teilchen besteht, eine wohldefinierte Wellenfunktion haben muss. Daraus ergibt sich, dass es unmöglich sein kann, eine Wahrscheinlichkeitsdichte für Teilchen EINS zu definieren, welche nicht ausdrücklich von der Position von Teilchen ZWEI abhängt. Die Moderne Physik nennt dieses Phänomen Quantenverschränkung bzw. Quanten-Nichtlokalität.
Die Wellenfunktion eines eindimensionalen Teilchens im Impulsraum ist eine komplexe Funktion
Dies führt zur Normierungsbedingung
weil eine Messung des Teilchenimpulses immer eine reelle Zahl ergibt.
Die Wellenfunktion eines Teilchens mit Spin 1/2 (ohne Berücksichtigung seiner räumlichen Freiheitsgrade) ist ein Spalten-Vektor
Die Bedeutung der Komponenten des Vektors hängt von der verwendeten Basis ab, typischerweise entsprechen
Die Werte
Dies führt zur Normierungsbedingung
Wellenfunktionen lassen sich als Elemente eines Vektorraums auffassen (Hilbertraum).
Eine Wellenfunktion, die den Zustand eines physikalischen Systems beschreibt, kann durch Linearkombination von anderen Zuständen desselben Systems beschrieben werden. Wir bezeichnen den Zustand des betrachteten Systems als
Eine vektorielle Wellenfunktion
welche eine Relation zwischen Spaltenvektoren ist, gleichwertig mit der Basiszerlegung
welche eine Relation zwischen den Zuständen eines physikalischen Systems ist. Zu beachten ist, dass man beim Wechsel zwischen diesen Ausdrücken die verwendete Basis kennen muss, und folglich zwei Spaltenvektoren mit den gleichen Komponenten zwei verschiedene Systemzustände repräsentieren, wenn die zugrundegelegten Basiszustände verschieden sind. Ein Beispiel einer endlichen, vektoriellen Wellenfunktion ist gegeben durch den Spinzustand eines Teilchens mit Spin 1/2, wie oben beschrieben.
Die physikalische Bedeutung der Komponenten von
(Impuls- und Ortsvariable haben dagegen ein kontinuierliches Spektrum. Bei ihnen ist die Basiszerlegung durch ein Integral gegeben, das heißt, die obige Summendarstellung für
Der Fall unendlicher Vektoren mit diskretem Index wird genauso behandelt wie ein endlicher Vektor, mit der Ausnahme dass die Summe über alle (unendlich viele) Basiselemente ausgedehnt wird. Folglich ist
äquivalent zu
wobei in der obenstehenden Summe alle Komponenten von
Falls der Index nicht diskret, sondern stetig ist, wird die Summe durch ein Integral ersetzt; ein Beispiel dafür ist die örtliche Darstellung der Wellenfunktion eines Teilchens in einer Dimension, welche den (abstrakten) Zustand des Teilchens
Dabei ist der Zustandsvektor
formuliert werden. Damit kann eine zu
Bei einem gegebenen isolierten physikalischen System sind die erlaubten Zustände (also die Zustände, die das System einnehmen kann, ohne die Gesetze der Physik zu verletzen) eine Teilmenge eines Vektorraums H, des Hilbert-Raums. Konkret ist diese Teilmenge die Menge aller Vektoren mit der Länge 1, also die Einheitskugel um den Ursprung. Dies folgt aus der Tatsache, dass alle physikalisch erlaubten Zustände normiert sind. Daraus folgt:
In diesem Zusammenhang kann die Wellenfunktion eines bestimmten Zustands als Entwicklung des Zustandes auf einer Basis des Vektorraums
eine Basis des Raums, der ein Teilchen mit Spin 1/2 beschreibt, und daraus folgt, dass der Spinzustand eines solchen Teilchens durch
Es ist üblich,
Wenn das geschehen ist, ist das innere Produkt von
Der Koeffizient
Wenn die Eigenwerte ein Kontinuum bilden, was zum Beispiel bei der Orts- oder Koordinatenbasis der Fall ist, lässt sich aus den entsprechenden Eigenzuständen kein Hilbertraum aufbauen, da diese Eigenzustände nicht quadratintegrabel sind.
Durch Verwendung der Dirac'schen Delta-Distribution lässt sich jedoch für diese Basiszustände eine verallgemeinerte Orthonormalisierungsbedingung formulieren. Derartige Basen werden auch als uneigentliche Basen bezeichnet.
Ein Beispiel dafür ist die oben erwähnte Entwicklung der räumlichen Wellenfunktion eines Teilchens in Zustände
so dass die analoge Identität
erfüllt ist.