Die Navier-Stokes-Gleichungen [navˈjeː stəʊks] (nach Claude Louis Marie Henri Navier und George Gabriel Stokes) sind ein mathematisches Modell der Strömung von linear-viskosen newtonschen Flüssigkeiten und Gasen (Fluiden). Die Gleichungen sind eine Erweiterung der Euler-Gleichungen der Strömungsmechanik um Viskosität beschreibende Terme.
Im engeren Sinne, insbesondere in der Physik, ist mit Navier-Stokes-Gleichungen die Impulsgleichung[1] für Strömungen gemeint. Im weiteren Sinne,[2] insbesondere in der numerischen Strömungsmechanik, wird diese Impulsgleichung um die Kontinuitätsgleichung und die Energiegleichung erweitert und bildet dann ein System von nichtlinearen partiellen Differentialgleichungen zweiter Ordnung. Dieses ist das grundlegende mathematische Modell der Strömungsmechanik. Insbesondere bilden die Gleichungen Turbulenz und Grenzschichten ab. Eine Entdimensionalisierung der Navier-Stokes-Gleichungen liefert diverse dimensionslose Kennzahlen wie die Reynolds-Zahl oder die Prandtl-Zahl.
Die Navier-Stokes-Gleichungen bilden das Verhalten von Wasser, Luft und Ölen ab und werden daher in diskretisierter Form bei der Entwicklung von Fahrzeugen wie Autos und Flugzeugen angewendet. Dies geschieht in Näherungsform, da keine exakten analytischen Lösungen für diese komplizierten Anwendungsfälle bekannt sind. Die Existenz und Eindeutigkeit einer Lösung der Gleichungen ist außerdem im allgemeinen Fall noch nicht erwiesen, was zu den wichtigsten ungelösten mathematischen Problemen, den Millennium-Problemen, gehört.
Isaac Newton veröffentlichte 1686 seine dreibändige Principia mit den Bewegungsgesetzen und definierte zudem im zweiten Buch die Viskosität einer linear viskosen (heute: newtonschen) Flüssigkeit. 1755 leitete Leonhard Euler aus den Bewegungsgesetzen die Euler-Gleichungen her, mit denen sich das Verhalten viskositätsfreier Fluide (Flüssigkeiten und Gase) berechnen lässt. Voraussetzung dafür war seine bis heute gültige Definition des Drucks in einem Fluid.[3] Jean-Baptiste le Rond d’Alembert (1717–1783) führte die eulersche Betrachtungsweise ein, leitete die lokale Massenbilanz her und formulierte das d’Alembertsche Paradoxon, gemäß dem von der Strömung viskositätsfreier Flüssigkeiten auf einen Körper keine Kraft in Richtung der Strömung ausgeübt wird (was Euler schon vorher bewiesen hatte). Wegen dieser und anderer Paradoxien viskositätsfreier Strömungen war klar, dass die Euler’schen Bewegungsgleichungen zu ergänzen sind.
Claude Louis Marie Henri Navier, Siméon Denis Poisson, Barré de Saint-Venant und George Gabriel Stokes formulierten unabhängig voneinander in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Impulssatz für newtonsche Fluide in differentieller Form. Navier (1827) und Poisson (1831) stellten die Impulsgleichungen nach Betrachtungen über die Wirkung von intermolekularen Kräften auf. 1843 veröffentlichte Barré de Saint-Venant eine Herleitung der Impulsgleichungen aus Newtons linearem Viskositätsansatz, zwei Jahre bevor Stokes dies (1845)[4] tat.[5] Es setzte sich allerdings der Name Navier-Stokes-Gleichungen für die Impulsgleichungen durch.
Einen wesentlichen Fortschritt im theoretischen und praktischen Verständnis viskoser Fluide lieferte Ludwig Prandtl 1904 mit seiner Grenzschichttheorie. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die numerische Strömungsmechanik so weit, dass mit ihrer Hilfe für praktische Probleme Lösungen der Navier-Stokes-Gleichungen gefunden werden können, die – wie sich zeigt – gut mit den realen Strömungsvorgängen übereinstimmen.[6]
Die Navier-Stokes-Gleichung im engeren Sinne ist der Impulssatz als Anwendung der newtonschen Axiome auf ein Kontinuum. Eine verwendete Form für kompressible Fluide ist:[7]
Hier ist
Eine andere Schreibweise für die in der Literatur verwendete Form ist:[8]
Darin ist
Das Rechenzeichen
Die Vektorform der Gleichungen gelten in jedem Koordinatensystem. Hier sollen die Komponentengleichungen der Impulsgleichung speziell für kartesische Koordinaten angegeben werden.[9]
Darin sind
Die Navier-Stokes-Gleichungen können mit charakteristischen Maßen des gesamten Strömungsgebiets für die Länge
die zu der dimensionslosen Impulsgleichung führen:
Darin charakterisiert die dimensionslose Reynolds-Zahl
die Strömung hinsichtlich des Verhältnisses von Trägheits- zu Scherkräften.[10]
Bei Strömungen mit freier Oberfläche enthält die dimensionslose Kraftdichte
Die Chapman-Enskog-Entwicklung der Boltzmann-Gleichungen der kinetischen Gastheorie führt auf die Navier-Stokes-Gleichungen mit verschwindender Volumenviskosität, also für
Im phänomenologischen kontinuumsmechanischen Ansatz ergeben sich die Navier-Stokes-Gleichungen mit Volumenviskosität wie folgt aus der Newton’schen Annahme der linearen Viskosität. Die Viskosität begründet sich aus dem Experiment, nach dem zur Aufrechterhaltung einer Scherströmung eine Kraft erforderlich ist, die, bezogen auf ihre Wirkfläche, einer Schubspannung entspricht. Im Fluid wirkt daneben auch noch der Druck, der eine gleichförmige Normalspannung in allen Raumrichtungen darstellt. Der Cauchy’sche Spannungstensor
den Kraftfluss im Fluid. Die Kraft
der Fluidelemente bei. Neben der Divergenz des Spannungstensors kann noch eine volumenverteilte Kraft
Ein newtonsches Fluid vermag Kräfte über den Druck im Fluid und über Spannungen zu übertragen, die von der räumlichen Änderung der Strömungsgeschwindigkeit abhängen und sich makroskopisch als Viskosität bemerkbar machen. Die räumliche Änderung der Strömungsgeschwindigkeit ist im Geschwindigkeitsgradient
zur Viskosität bei. In einem bezugssysteminvarianten Materialmodell der linearen Viskosität kann der Spannungstensor nur von
Darin bezeichnet
Einsetzen der Divergenz des Spannungstensors in das erste Cauchy-Euler’sche Bewegungsgesetz liefert die Navier-Stokes-Gleichungen.
Beweis |
Für das Cauchy-Euler’sche Bewegungsgesetz wird die Divergenz des Spannungstensors unter Ausnutzung von
und den Ableitungsregeln siehe Formelsammlung Tensoranalysis, bereitgestellt: Darin ist wobei die untere Gleichung Inkompressibilität (mit Die unterstrichenen Terme entfallen wegen der Kontinuitätsgleichung |
Der Druck, die Dichte und der Verzerrungsgeschwindigkeitstensor
Falls sich die Dichte entlang von Teilchenbahnen nicht ändert, heißt die Strömung inkompressibel. Dies ist beispielsweise eine sinnvolle Annahme für Wasser oder Gase weit unterhalb der Schallgeschwindigkeit (Mach-Zahl < 0,3). Die Kontinuitätsgleichung vereinfacht sich zur Divergenzfreiheit des Geschwindigkeitsfeldes:
Die Impulsgleichung vereinfacht sich zu:
Hierbei steht
In vielen praktischen Problemen ist die Strömung nicht nur inkompressibel, sondern hat sogar konstante Dichte. Hier kann man durch die Dichte dividieren und sie in die Differentialoperatoren einbeziehen:
In dieser Gleichung steht
Die zuletzt genannten Gleichungen werden in der Literatur auch als inkompressible Navier-Stokes-Gleichungen oder einfach nur als die Navier-Stokes-Gleichungen bezeichnet, weil sie die am besten untersuchten und in der Praxis am häufigsten benutzten sind. Zudem sind sie einfacher zu lösen als die Gleichungen für kompressible Fluide. Anwendbar sind die Gleichungen bei vielen wichtigen Strömungsproblemen, beispielsweise bei Luftströmungen weit unterhalb der Schallgeschwindigkeit (Mach-Zahl < 0,3), für Wasserströmungen sowie für flüssige Metalle. Sobald sich die Dichten der betrachteten Fluide jedoch stark ändern, wie zum Beispiel bei Überschallströmungen oder in der Meteorologie, stellen die Navier-Stokes-Gleichungen für inkompressible Fluide kein geeignetes Modell der Wirklichkeit mehr dar und müssen durch die vollständigen Navier-Stokes-Gleichungen für kompressible Fluide ersetzt werden.
Die Vektorform der Gleichungen gelten in jedem Koordinatensystem. Hier sollen die Komponentengleichungen der Impulsgleichung bei Inkompressibilität in kartesischen, zylindrischen und sphärischen Koordinaten angegeben werden.[14]
In einem kartesischen
Der Operator
In Zylinderkoordinaten (
In Kugelkoordinaten (
Für kompressible Gase werden die obigen Impulsgleichungen um die Energiebilanz und die Zustandsgleichung eines idealen Gases erweitert. Der komplette Satz an Gleichungen besteht also aus der Kontinuitätsgleichung (Massenerhaltung), Impulsbilanz (Impulserhaltung), Energiebilanz (Energieerhaltung) und einer Zustandsgleichung. Die in Klammern angegebenen Gesetze gelten in abgeschlossenen Systemen, aber an einem Fluidteilchen sind die ein- und ausgehenden Flüsse zu bilanzieren, was auf Bilanzgleichungen führt, die unter Strömungsmechanik nachzuschlagen sind. Unter der Annahme, dass die Dichte entlang der Teilchenbahnen konstant ist, entstehen wieder die Gleichungen für inkompressible Fluide.
Im Folgenden bedeutet
Die Kontinuitätsgleichung entspricht der Massenerhaltung und wird hier mit der Impulsdichte
Die Impulsbilanz entspricht der Impulserhaltung und lautet in Indexschreibweise
wobei
der Reibtensor oder viskose Spannungstensor sind. Der Materialparameter
wobei
der viskose Spannungstensor,
Die Energiebilanz am Fluidteilchen im Schwerefeld der Erde lautet
wobei
die Enthalpie pro Einheitsmasse ist. Das negative Vorzeichen vor der Schwerebeschleunigung resultiert aus dem abwärts gerichteten Vektor
geschrieben werden. Mit dem Quellterm
Nun liegen also vier Gleichungen für fünf Variablen vor und das System wird durch die folgende Zustandsgleichung abgeschlossen:
Die thermodynamischen Größen Dichte, Druck und Temperatur sind durch das ideale Gasgesetz verbunden:
Oft geht man zusätzlich von einem perfekten Gas mit konstanter spezifischer Wärmekapazität
In beiden Fällen hängen der Isentropenexponent
Ein wesentlicher Punkt bei den Navier-Stokes-Gleichungen ist die experimentell sehr gut nachgewiesene Haftbedingung (No-Slip-Bedingung), bei der an einer Wand sowohl in Normalenrichtung als auch insbesondere in tangentialer Richtung als Relativgeschwindigkeit Null vorgeschrieben werden. Die Fluidteilchen kleben also an der Wand. Dies führt zur Bildung einer Grenzschicht, die für wesentliche, nur durch die Navier-Stokes-Gleichungen modellierte Phänomene verantwortlich ist. Nur wenn die freie Weglänge bewegter Moleküle groß ist zur charakteristischen Länge der Geometrie (z. B. für Gase mit extrem niedrigen Dichten oder Strömungen in extrem engen Spalten) ist diese Bedingung nicht mehr sinnvoll.
Durch dynamische (also Kraft-) Randbedingungen auf einer Fläche wird die Fläche im Allgemeinen deformiert und die Strömung folgt ihr. Zum Problem gehört dann die Bestimmung der Fläche dazu. Sie ergibt sich aus der Vorgabe des Flächenkraft- oder Spannungsvektors
Bei entsprechend kleinskaligen Strömungen ist die Oberflächenspannung zu berücksichtigen, die nach der Young-Laplace-Gleichung von der Krümmung der Oberfläche abhängt. Bei schwacher Krümmung entsteht für den Druck an der Oberfläche die Gleichung
Hier ist
Zusätzlich muss gegebenenfalls am Rand noch entweder eine Temperatur oder ein Wärmefluss vorgeschrieben werden.
Es ist bis heute nicht gelungen, die Existenz globaler Lösungen nachzuweisen. Mathematiker wie P.-L. Lions (siehe Literaturliste) betrachten im Wesentlichen den wichtigen Spezialfall der inkompressiblen Navier-Stokes-Gleichungen. Während hier für den zweidimensionalen Fall unter anderem von Olga Alexandrowna Ladyschenskaja, Roger Temam und Ciprian Foias bereits weitreichende Existenz-, Eindeutigkeits- und Regularitätsaussagen bewiesen werden konnten, gibt es bislang keine Resultate für den allgemeinen dreidimensionalen Fall, da hier einige fundamentale Einbettungssätze für sogenannte Sobolevräume nicht mehr eingesetzt werden können. Allerdings gibt es für endliche Zeiten oder spezielle, insbesondere kleine, Anfangsdaten auch im dreidimensionalen Fall – vor allem für schwache Lösungen – Existenz- und Eindeutigkeitsaussagen. Den Fall schwacher Lösungen der Navier-Stokes-Gleichungen auch in drei Dimensionen behandelte Jean Leray 1934. Er zeigte, dass die von ihm eingeführten schwachen Lösungen kein pathologisches Verhalten in zwei Dimensionen zeigen (keine Divergenz (blow up) in endlicher Zeit) und somit global in der Zeit existieren. Allerdings zeigten Untersuchungen von Tristan Buckmaster und Vlad Vicol, dass bei einer anderen Art schwacher Lösungen (schwächer als die Definition von Leray) die Navier-Stokes-Gleichungen in drei Dimensionen pathologisches Verhalten (Mehrdeutigkeit) zeigen.[18]
Das Problem des allgemeinen, inkompressiblen Existenzbeweises in drei Dimensionen gehört laut dem Clay Mathematics Institute zu den wichtigsten ungelösten mathematischen Problemen zur Zeit der Jahrtausendwende.
In der Praxis gewinnt man analytische Lösungen, indem man die physikalischen Modelle/Randbedingungen vereinfacht (Spezialfälle). Besondere Schwierigkeit bereitet hier die Nichtlinearität der konvektiven Beschleunigung
Geschlossene analytische Lösungen existieren fast nur für Fälle, in denen der zweite Term verschwindet. Dies ist bei der Annahme, dass bei 3-dimensionalen Strömungen die Wirbel sich immer entlang der Stromlinie ausbilden (nach dem Helmholtz-Wirbelsatz), also für
Die Navier-Stokes-Gleichungen sind ein wichtiges Anwendungsfeld der numerischen Mathematik (die Theorie beschäftigt sich mit Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen; in aller Regel gibt es jedoch keine geschlossenen Lösungsformeln). Der Teilbereich, der sich mit der Konstruktion numerischer Näherungsverfahren für die Navier-Stokes-Gleichungen beschäftigt, ist die numerische Strömungsmechanik oder Computational Fluid Dynamics (CFD).
Bei der numerischen Lösung der Navier-Stokes-Gleichungen kommen Verfahren der numerischen Strömungsmechanik zum Einsatz. Als Diskretisierungen werden Finite-Differenzen-, Finite-Elemente- und Finite-Volumen-Verfahren sowie für spezielle Aufgabenstellungen auch Spektralmethoden und weitere Techniken verwendet. Die Gitter müssen, um die Grenzschicht korrekt auflösen zu können, in Normalenrichtung nahe der Wand extrem fein aufgelöst sein. In Tangentialrichtung wird darauf verzichtet, sodass die Zellen an der Wand extrem große Seitenverhältnisse haben.
Die feine Auflösung erzwingt wegen der Einhaltung der CFL-Bedingung bei expliziter Zeitintegration extrem kleine Zeitschritte. Deswegen werden in der Regel implizite Verfahren eingesetzt. Wegen der Nichtlinearität des Gleichungssystems muss das System iterativ (z. B. mit Mehrgitter- oder Newton-Verfahren) gelöst werden. Die Kombination aus Impuls- und Kontinuitätsgleichung bei den inkompressiblen Gleichungen weist eine Sattelpunktstruktur auf, die hierbei ausgenutzt werden kann.
Ein einfaches Modell zur Simulation von Flüssigkeiten, das im hydrodynamischen Limit die Navier-Stokes-Gleichung erfüllt, ist das FHP-Modell. Dessen Weiterentwicklung führt auf die Lattice-Boltzmann-Methoden, die besonders im Kontext der Parallelisierung zur Ausführung auf Supercomputern attraktiv sind.
Im Bereich der Computergrafik wurden mehrere numerische Lösungsverfahren verwendet, bei denen durch bestimmte Annahmen eine Echtzeit-Darstellung erreicht werden kann, wobei jedoch teilweise die physikalische Korrektheit nicht immer gewahrt ist. Ein Beispiel hierfür ist das von Jos Stam entwickelte „Stable-Fluids“-Verfahren. Hierbei wurde die Chorin’sche Projektionsmethode für den Bereich der Computergrafik verwendet.
Um turbulente Strömungen zu berechnen, können die Navier-Stokes-Gleichungen direkt numerisch berechnet werden. Jedoch erzwingt die Auflösung der einzelnen Turbulenzen ein sehr feines Gitter, sodass dies nur in der Forschung unter Zuhilfenahme von Supercomputern und bei kleinen Reynolds-Zahlen wirtschaftlich ist.
In der Praxis hat sich die Lösung der Reynolds-Gleichungen durchgesetzt. Hier ist jedoch ein Turbulenzmodell nötig, um das Gleichungssystem zu schließen.
Als Mittelweg gilt die Large Eddy Simulation, die zumindest die großen Wirbel direkt numerisch berechnet und erst die kleinen Skalen über ein Turbulenzmodell simuliert.
Eine viel untersuchte Konvektion, die sich mit der Navier-Stokes-Gleichung beschreiben lässt, ist die Rayleigh-Bénard-Konvektion. Sie ist ein wichtiges Beispiel für selbstorganisierende Strukturen und die Chaostheorie.
Auf Grund der schwierigen Lösbarkeitseigenschaften der Navier-Stokes-Gleichungen wird man in den Anwendungen (soweit dies physikalisch sinnvoll ist) versuchen, vereinfachte Versionen der Navier-Stokes-Gleichungen zu betrachten.
Wird die Viskosität vernachlässigt (
Die Euler-Gleichungen für kompressible Fluide spielen insbesondere in der Aerodynamik eine Rolle als Approximation der vollen Navier-Stokes-Gleichungen.
Eine andere Art von Vereinfachungen ist zum Beispiel in der Geodynamik üblich, wo der Mantel der Erde (oder anderer terrestrischer Planeten) als eine extrem zähe Flüssigkeit behandelt wird (schleichende Strömung). In dieser Näherung ist die Diffusivität des Impulses, d. h. die kinematische Viskosität, viele Größenordnungen höher als die thermische Diffusivität, und der Trägheitsterm kann vernachlässigt werden. Führt man diese Vereinfachung in die stationäre Navier-Stokes-Impulsgleichung ein, erhält man die Stokes-Gleichung:
Wendet man die Helmholtz-Projektion
mit
Andererseits haben Geomaterialien eine komplizierte Rheologie, die dazu führt, dass die Viskosität nicht als konstant angesehen wird. Für den inkompressiblen Fall ergibt dies:
Für gravitationsabhängige Strömungen mit kleinen Dichtevariationen und nicht zu großen Temperaturschwankungen wird häufig die Boussinesq-Approximation verwendet.
Da es bis heute keinen Existenzbeweis für Lösungen der allgemeinen Navier-Stokes-Gleichungen gibt, ist auch nicht gesichert, dass sie Turbulenz von Fluiden wiedergeben und wenn ja, wie realistisch. Des Weiteren können zufällige äußere Störungen die Strömung beeinflussen (Schmetterlingseffekt) und es ist bekannt, dass Fluidelemente eine zufällige brownsche Bewegung ausführen. Solche zufälligen Fluktuationen können mit einem stochastischen Ansatz erfasst werden. Es wird eine stochastische Differentialgleichung in differentieller Schreibweise
betrachtet. Der Term in der eckigen Klammer repräsentiert die Navier-Stokes-Gleichungen bei Inkompressibilität und der folgende Term einen stochastischen Einfluss wie die brownsche Bewegung. Dieser Ansatz ist zur Jahrtausendwende Gegenstand reger Forschungsaktivität.[19]